In Wallersheim wachsen die Bärte wieder

Wallersheim · Vor 30 Jahren ging es los, nun bereitet man im Eifelort Wallersheim die siebte Auflage der Passionsspiele vor. Der Altarraum in der Kirche ist umgebaut, die Römerrüstungen sind poliert.

 Noch wird in Straßenkleidung geprobt, demnächst werden aber wieder authentische Kleidungsstücke auch während der Proben angezogen. TV-Foto: Frank Auffenberg

Noch wird in Straßenkleidung geprobt, demnächst werden aber wieder authentische Kleidungsstücke auch während der Proben angezogen. TV-Foto: Frank Auffenberg

Foto: Frank Auffenberg (aff), Frank Auffenberg ("TV-Upload Auffenberg"

Der Kirchenraum liegt im Zwielicht, nur der Chor ist erleuchtet. Dort, wo eigentlich der Altar stehen sollte, sitzen 13 Personen an einem Tisch. Der Mann in der Mitte steht auf. Ein kurzes Rumoren geht durch die Runde. Der Mann geht nach vorne. "Gut, gut", unterbricht Joachim Nitsch das Geschehen aus dem Kirchenschiff. "Wenn Jesus ankündigt, die Füße der Apostel waschen zu wollen, ist das eine Ungeheuerlichkeit. Da kann schon mal ein bisschen mehr Erstaunen unter den Jüngern aufkommen - noch mal also. Danke."

Zurück also auf null, die Probe zur siebten Auflage der Wallersheimer Passionsspiele (Eifelkreis Bitburg-Prüm) geht weiter.
"Im September ging es wieder los. Noch müssen sich einige in ihre Rollen einfinden, aber langsam läuft es runder", sagt Passionsspiel-Organisator Hans Fomin. Bereits zum siebten Mal hält er so viele Fäden wie möglich in der Hand. "Es ist ein Wahnsinnsaufwand, den wir alle fünf Jahre betreiben - aber er lohnt sich immer aufs Neue", sagt Fomin. Zum silbernen Priesterjubiläum des damaligen Pfarrers Paul Kirsch wurden 1987 erstmals die letzten Tage Christi szenisch in St. Nikolaus aufgeführt. "Ich erinnere mich gut daran, als er die Idee zum ersten Mal äußerte. Zuerst waren wir alle skeptisch und sagten, das schaffen wir nicht." Kirsch habe aber nicht locker gelassen - bekanntermaßen mit Erfolg. "Nun stehen wir also zum siebten Mal hier und proben. 30 Jahre ist das alles her - dabei hat sich mit der Zeit schon einiges verändert. Wir sind insgesamt professioneller geworden", sagt Fomin. Zur Premiere sei man ja noch von einer einmaligen Aktion ausgegangen. Nicht verändert hätten sich aber der Geist und die Vorlage. "Als Text wird immer noch die Fassung von Pastor Kirsch genutzt", sagt Fomin. "Sie ist sehr nah am Matthäus- und am Lukasevangelium und damit den Zuschauern vertraut", erklärt Klaus-Peter Pauls. Gemeinsam mit Joachim Nitsch und Willi Schneider teilt er sich die Regie.

"Alle drei waren selber schon einmal Jesus-Darsteller, insofern bringen sie einiges an Erfahrung mit", sagt Fomin und betont, dass die Passionsspiele nicht als Theateraufführung aufgefasst werden sollten. "Sie ist mehr eine Auseinandersetzung mit der Passion und dem Glauben."

Übrigens werde das auch bei den zwölf Vorstellungen zu merken sein. So seien nicht nur wie üblich Fotografieren und Filmen untersagt, auch auf Szenenapplaus soll verzichtet werden. "Die Darsteller bauen eine innere Haltung auf, fühlen sich in die Rollen und ihre Zeit ein. Das ist viel Konzentrationsarbeit und im Falle der Jesusdarsteller auch eine große Auseinandersetzung mit sich selber - gerade in der Ölbergszene merkt man das. Applaus würde da nur stören", sagt Fomin.

Je authentischer, desto besser - das ist auch im Ortsbild zu erkennen. "Man merkt, überall wachsen die Bärte. Künstliche sind nämlich tabu", sagt Fomin.

Die meisten der 70 Darsteller standen bereits mehrfach auf der Bühne, nur 18 von ihnen sind neu dabei. "Ich spielte schon zweimal einen Jünger. Diesmal bin ich als Jesus mit dabei", sagt Andreas Horper. Er teilt sich die "Hauptrolle" mit Günter Kreten. Viel mehr Vorarbeit habe die Jesusrolle direkt nicht mitgebracht, was aber auffalle, sei ein deutlich größerer Druck: "Der Aufwand selber ist nicht unbedingt deutlich größer, aber man hat schon das Gefühl, mehr Verantwortung zu tragen."

Deutlich mehr Text hat aber mit Sicherheit der aktuell jüngste Jünger zu lernen. Lucas Eichten (18) spielte 2013 noch einen Boten: "Damals hatte ich nur zwei Sätze. Als Johannes habe ich da deutlich mehr zu tun - wobei das Textlernen recht gut funktioniert", sagt der Nachwuchsjünger.

Alles geht also seinen gewohnten Gang, alles läuft rund, und trotzdem fällt Fomin eine Kleinigkeit auf: "Unser Handwerkerteam war schon immer super - ich merke nur, dass ich in diesem Jahr unglaublich viele Ideen aus dieser Runde bekomme. Sie bringt sich unfassbar gut ein, so was habe ich bisher noch nicht erlebt. Das muss man ja auch mal erwähnen."

Von Samstag, 24. Februar, bis Karfreitag, 30. März, wird in der Pfarrkirche St. Nikolaus in Wallersheim gespielt - abgesehen vom Donnerstag vor Karfreitag (19.30 Uhr) jeweils samstags um 19.30 Uhr sowie sonntags um 18 Uhr. Karten (15 Euro für Erwachsene/zehn Euro für Kinder bis 15 Jahre) gibt es im Internet auf: www.passionsspiele-wallersheim.de oder unter Telefon 06558/9002888 (dienstags und freitags, 17 bis 19 Uhr, sonst Anrufbeantworter).
Lange Spieltradition seit dem Mittelalter

Das Leiden und Sterben Jesu von Nazareth wird seit dem Mittelalter bei sogenannten Passionsspielen szenisch aufgeführt. Meist sind es vielstündige oder auch mehrtägige Aufführungen unter Mitwirkung von Laienschauspielern aus den aufführenden Gemeinden. Noch heute werden Passionsspiele vor allem in den katholisch geprägten Regionen Bayerns und Österreichs aufgeführt - neben Wallersheim wird die Tradition in der Region auch im Moselort Wintrich gepflegt. Die bekanntesten Passionsspiele finden seit dem 17. Jahrhundert in ununterbrochener Tradition in Oberammergau statt.

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