Integrationshilfe auf Augenhöhe

Wittlich-Wengerohr · Einen Treffpunkt für Flüchtlinge und Einheimische, Jung und Alt: Das bietet das Café Welcome im Rahmen des Projekts "Zukunft Wengerohr 2030". Seit September gibt es dort Integrationsarbeit zum Mitmachen - für alle.

 Initiatorin Claudia Cartellieri (vorne links), und Ortsvorsteher Joachim Platz, (hinten Mitte) mit einigen der Teilnehmer des fünften Café Welcome in Wengerohr. TV-Foto: Andreas Sall

Initiatorin Claudia Cartellieri (vorne links), und Ortsvorsteher Joachim Platz, (hinten Mitte) mit einigen der Teilnehmer des fünften Café Welcome in Wengerohr. TV-Foto: Andreas Sall

Foto: (m_wil )

Wittlich-Wengerohr. Kaum betritt man die Räume des Jugend- und Bürgerhauses, steigt einem der Duft von kräftigem Tee und selbst gebackenen internationalen Leckereien in die Nase. Zu sehen gibt's Kuchenteller und Brettspiele, daneben bunte Zeichnungen und Vokabellisten auf einem Tisch in der Mitte des Raumes. Ringsum unterhalten sich junge und alte Menschen angeregt.
Getreu dem Motto "Das Café für alle" sind sie da: Helfer und Flüchtlinge, interessierte Bürger, Gesichter unterschiedlichster Kulturen. Gerade wird über den vergangenen Charity-Lauf geplaudert (der TV berichtete am 14. Oktober).
Ein paar Schritte weiter entdecken Flüchtlinge die Gemeinsamkeiten von Farsi, der iranischen Nationalsprache und Urdu, der Amtssprache Pakistans.
Claudia Cartellieri, ehrenamtliche Helferin und Mitorganisatorin der ersten Stunde, hat Block und Stift gezückt. Der 25-jährige Flüchtling Mohammed Zaboli bringt ihr die Zahlen von eins bis zehn bei - auf Farsi. Seit einem Jahr und drei Tagen ist der gebürtige Iraner in Deutschland. Zum multikulturellen Café ist er heute aus Neumagen-Dhron gekommen. Den bunten Austausch im Café schätze er sehr, weil hier jeder seine Weisheit teilen könne.
"Es gibt immer Neues zu lernen", findet auch die 22-jährige Mari Bahadori. "Ich komme auf jeden Fall öfter", fügt sie hinzu. Die Treffen im vorherigen Café Welcome im Bistro Bahnhof Express in Wittlich hätten sie sogar dazu inspiriert, sich beruflich in Richtung Integrationsarbeit zu entwickeln, so die ausgebildete Physiotherapeutin. Mehr als 100 Besucher hatte das Café Welcome in der Innenstadt an besonders vollen Tagen. Damals gab es noch die Aufnahmestelle für Asylbegehrende (Afa) in Wittlich.
Der fünfte Termin am neuen Standort lockt 18 Menschen. Claudia Cartellieri freut sich über die vom Ortsbeirat Wengerohr ermöglichte Initiative. "Es geht darum, Raum für Begegnungen zu schaffen", sagt die Initiatorin des Projekts.
Klaus-Werner Hermes tut das mit bunten Stiften auf Papier. Der ehemalige Lehrer zeichnet mit Flüchtlingskindern: Bauchtänzer, Lieblingstiere und Raketen - und hilft den Erwachsenen beim Deutschlernen.
Seit der Gründung 2015 ist er dabei und gibt im Café Welcome jetzt auch in Wengerohr gerne seinen Rat. Neue Gesichter und tatkräftige Hilfe beim Aufbau, Abbau und Backen erhält das auf reiner Spendenbasis beruhende Projekt durch die Zusammenarbeit mit Mitgliedern der muslimischen Gemeinde Ahmadiyya Jamaat.
Süße Bomben


"Wir freuen uns sehr über die Unterstützung der Gemeinde hier in Wengerohr", sagt Cartellieri. Die hausgemachten Pakora - in Kichererbsenteig frittiertes Gemüse - der Gemeindemitglieder seien bei den Gästen schon jetzt ein Renner. Auch Wengerohrs Ortsvorsteher Joachim Platz fühlt sich willkommen im Café Welcome. Das Projekt verkörpere genau das, was er unter dem Motto "Wengerohr 2030 - die sorgende Gemeinde" verstehe und sei eine Einrichtung für die Zukunft.
"In Wengerohr leben so viele Menschen verschiedener Nationen. Mit dem Café Welcome haben sie jetzt einen Raum, sich kennenzulernen", sagt er. Darum, Menschen die Kontaktangst zu nehmen und auch älteren Bürgern mehr Möglichkeiten der sozialen Interaktion zu bieten, gehe es, so Platz. Ob das wöchentliche Café wieder so groß werden könne, wie zuvor in Wittlich-Stadt? Cartellieri zeigt sich offen: "Ich fände es toll, wenn wir bald kleine Veranstaltungen austragen könnten. Je mehr kommen, desto besser." Der große Saal des Jugend- und Bürgerhauses stehe bei Bedarf zur Verfügung.
Im sozialen Netzwerk Facebook erhielt die Seite des Cafés neben viel Zuspruch kürzlich auch ihren ersten negativen Kommentar: Ob sie wohl Bomben bauten bei ihren multikulturellen Treffen? Und, in der Tat, Bomben, die gibt es - süße und herzhafte Kalorienbomben aus unterschiedlichen Ländern - jeden Montag von 16 bis 20 Uhr bei Gesprächen über Kultur, Sprache und Lebensgeschichten. Integrationsarbeit auf Augenhöhe, von der alle profitieren.
Extra

Im Landkreis Bernkastel-Wittlich gibt es mehr als 20 Projekte der Integrations- und Begegnungsarbeit - viele davon Festinstitutionen. Unter ihnen sind der "Garten der Integration" in Traben-Trarbach, das "Café International" in Bernkastel-Kues und die Initiative "Miteinander in Morbach". sll

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