Intimes aus dem Altenheim

BERNKASTEL-KUES. Prinzessinnen, Langfinger und Luftschlangen-Recycling: "Die Weberinnen" betrachteten im Kurgastzentrum Bernkastel-Kues die "fünfte Jahreszeit" satirisch.

 Telefonieren zum Seniorentarif: Gabi Weber-Körner strapaziert als Rentnerin "Gerda" die Lachmuskeln des Publikums.Foto: Manuel W. Schmitt

Telefonieren zum Seniorentarif: Gabi Weber-Körner strapaziert als Rentnerin "Gerda" die Lachmuskeln des Publikums.Foto: Manuel W. Schmitt

"EinmalPrinzessin sein in Bonn am Rhein", davon träumt diekarnevalsbesessene Elsbeth Kokoschinsky (Gabi Weber-Körner). Wennes ihr Frau Schräuble (Sibylle Wiemer-Clement), ihre Kollegin ausder Putzkolonne, nur nicht so schwer machen würde: Die Schwäbinwickelt vorzugsweise die Luftschlangen vom vergangenen Jahr auf -zum wieder Verwenden. Und die Kamellen will Schräuble an Gummibändern befestigen, um sie mehrmals zu werfen. Bei diesen Sparmaßnahmen sieht die zukünftige Karnevals-Prinzessin rot: "Sie kommen nicht mit auf den Prinzenwagen", lässt sie Frau Schräuble wissen, "Sie fahren den Trecker!" Dabei müsste Kokoschinsky selbst sparen - denn vom Kostüm bis zu den Kamellen trägt sie alle Unkosten für ihr närrisches Amt. Ehemann Willi taugt mit seinem Männergesangverein "Vögel der Nacht" nicht als Sponsor.

Zwei Zahnprothesen in einem Glas

Da hat Frau Kokoschinsky die Begegnung mit einer Taschendiebin (Sibylle Wiemer-Clement) gerade noch gefehlt. Während sie im Supermarkt vor der Frage steht: "Kommt in diesen italienischen Pudding jetzt Terrakotta... oder Mascarpone?", ist - schwups - ihre Geldbörse weg.

Mit Szenen wie dieser begeisterten die "Die Weberinnen" ihr Publikum im Bernkastel-Kueser Kurgastzentrum. Das dreiköpfige Frauenkabarett aus Bonn will mit seinem neuen Programm den Karneval aufs Korn nehmen. Hinter den Erlebnissen von Protagonistin Elsbeth Kokoschinsky und den übrigen Figuren stecken wahre Begebenheiten: "Ich wollte wirklich einmal Karnevals-Prinzessin werden", berichtet Gabi Weber-Körner, die Gründerin der "Weberinnen".

Wenn Weber-Körner auf der Bühne als Rentnerin "Gerda" telefoniert, schütteln sich die 80 Zuschauer vor Lachen. "Karl-Heinz und ich hatten unsere Zahnprothesen in selbem Glas - in unserem Alter is\\\' dat doch intim genug", fasst die Seniorin ihr letztes erotisches Erlebnis zusammen. Auf dem Friedhof war ihr der Pensionär aus Düsseldorf über den Weg gelaufen. "Wo willste denn sonst noch Männer kennen lernen", sagt sie: "Ohne sein Glasauge, dat Toupet un\\\' die Stützstrümpfe sah der auch noch ganz gut aus!"

Auch Oma Willwerscheid will es noch einmal wissen: Sie setzt ihre Altenpflegerin (Melanie Weber) mit Beruhigungstropfen schachmatt, um sich im Seniorenstift mit den "Jungs aus Haus B" zu vergnügen. "Der eine is\\\' 85, der andere 90", verrät sie: "Die können aber noch freihändig laufen!"

Kassandra als quengelnde Schülerin

Einen Volkshochschulkurs für Nicht-Rheinländer gibt es mit "Aurora Kannengießer" und ihrer Assistentin Misses Rutherford aus Plymouth. Hinreißend übersetzt hier Sibylle Wiemer-Clement als Dolmetscherin die kölschen Phrasen für die tollen Tage ins Englische. In der Rolle von "Schwester Innozentia" befasst sie sich musikalisch mit Homo-Ehe und Verhütung. "Gott gönnt euch zwar eine Brille, Prothesen, Tabletten - doch nie die Pille", lautet ihr Fazit. Dem Publikum gönnten "Die Weberinnen" indes noch eine Zugabe: In der Rolle der pubertierenden "Kassandra" ging Melanie Weber nicht nur ihrer Mutter auf die Nerven - auch Deutschlehrerin Müller-Oberhausen hatte es schwer mit der quengelnden Schülerin.

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