Ironman erreicht Häftlinge und Politiker

Mit Geschichten aus seinem Leben berührte Hochleistungssportler und Ex-Junkie Andreas Niedrig die Zuhörer bei seinem Besuch im Wittlicher Gefängnis. Es ging um die unausgesprochenen Themen Drogenprävention und Motivation.

Wittlich. Mucksmäuschenstill ist es im Mehrzweckraum des Wittlicher Gefängnisses, während der einstige Weltklasse-Triathlet Andreas Niedrig seinen Vortrag hält. 60 Gefangene lauschen ihm. Hinzu kommen 20 weitere Zuhörer wie der stellvertretende Anstaltsleiter Otmar Fillmann, Personalleiter und Häftlingstrainer Rainer Schuler, der Niedrig eingeladen hat (siehe unten), Landrätin Beate Läsch-Weber, Wittlichs Bürgermeister Joachim Rodenkirch sowie Vertreter des Justizministeriums, des Landgerichts, der Staatsanwaltschaft und der Caritas-Drogenberatung.

Aus der Misere zum Marathon



Niedrig geht es um Drogenprävention und Motivation. Doch diese Themen spricht er nicht explizit an. Er erzählt locker und amüsant aus seinem Leben, gewürzt mit Anekdoten. Als junger Mensch ist er ziellos. In der Schule baut er nur Mist. Mit 13 Jahren fängt er an, Marihuana zu rauchen. Die Drogen werden härter, bis er bei Heroin landet und seinen Konsum nur noch mit Diebstahl finanzieren kann. Kriminalität, Obdachlosigkeit - Niedrig hat Glück. Er bekommt "Therapie statt Strafe". In der Therapie lernt er viel über das, was in seiner Kindheit schiefgelaufen ist, aber nichts darüber, wie er nach der Therapie klarkommt.

Er wird als nicht therapierbar entlassen. Doch eines hat er verstanden: In der Regel sind nicht die anderen Schuld an der eigenen Misere, er ist es selbst.

"Draußen" muss er gegen Vorurteile kämpfen. "Ich musste vom ersten Tag an die Menschen überzeugen, dass ich nicht rückfällig werde." Ein Schicksal, das auch den Gefangenen "draußen" blüht. Niedrig ermuntert sie, an sich zu glauben, sich Ziele zu setzen und diese anzugehen. So wie er.

Er will seine Familie ernähren. Doch erst nach vielfachem Vorstellen bei einigen Firmen bekommt der Ex-Junkie ohne Ausbildung einen Hilfsarbeiterjob: Steine sortieren. "Mein Traumjob", sagt Niedrig grinsend. Erst drei Jahre und viele Jobs später erhält er eine Umschulung. Inzwischen hat er gelernt, Ziele zu erreichen. Die kann er nun auch im Sport, seiner großen Leidenschaft, verfolgen. Aus dem Läufer wird ein Triathlet, der es bis in die Weltspitze schafft. Doch auch im Sport geht es auf und ab. Der Ironman lässt sich durch Unfälle und Verletzungen nicht unterkriegen.

Nebenher lässt Niedrig im Vortrag immer wieder seine Botschaften einfließen. Ziele zu erreichen, macht glücklich. An sich zu glauben, ist die Grundlage dafür. Die Erde ist rund und alles kommt zu einem zurück, deshalb sollte man den Mitmenschen mit Achtung begegnen. Freunde sind das Wichtigste, und Gefühle zu zeigen, kann nur weiterbringen.

Niedrigs Weisheiten mögen zusammengefasst platt klingen, eingebettet in sein Leben erhalten sie eine tiefere Dimension. Sie haben aus dem Junkie einen Ironman gemacht, so wie es der Hochleistungssportler in seinem Buch "Vom Junkie zum Ironman" beschrieben hat.

Die Botschaften erreichen offensichtlich die Zuhörer im Saal. Ob Landrätin, Bürgermeister oder Häftling - sie äußern sich angetan. Durchweg alle Gefangenen stellen sich denn auch in der Schlange an, um ein Autogramm und Niedrigs kleinen Zielplanhelfer zu ergattern. Auf dem Plänchen steht: "Es ist dein Leben. Lebe es!"

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort