Menschen Ein Traum wird Wirklichkeit: Eine Brasilianerin im Hunsrück

Trier · Isabel Pitz aus Brasilien betreibt Ahnenforschung. Ihre Vorfahren kamen mit einer Einwandererwelle vor knapp 200 Jahren aus dem Hunsrück. Nun besucht sie erstmals die Region, wo sie ihre große Liebe gefunden hat. Manches ist ihr sehr vertraut.

 Für Isabel Pitz gehören Brasilien und Deutschland zusammen. Foto: Hans-Peter Linz

Für Isabel Pitz gehören Brasilien und Deutschland zusammen. Foto: Hans-Peter Linz

Foto: tv/hans-peter linz

Vor einem Jahr berichtete der Volksfreund über die Ahnenforscherin Isabel Pitz aus Santa Catarina in Brasilien, die sich mit der Auswanderungswelle aus dem Hunsrück nach Brasilien befasst. Nun ist sie zum ersten Mal in Deutschland - und hat hier ihre große Liebe gefunden. Ihr größter Wunsch war es damals, endlich einmal die Heimat ihrer Vorfahren zu besuchen. Jetzt hat sie sich ihren Traum erfüllt und besucht die Region.  Der TV traf sie in Trier auf eine  Tasse Kaffee.

„Es ist kalt hier und ich vermisse die Sonne. Aber sonst bin ich sehr glücklich,“ sagt Isabel in perfektem Hochdeutsch, das sie im Selbststudium gelernt hat.  Sie kommt mit ihrem Lebensgefährten Werner Lichter zum Treffen. Den Trierer hatte sie über die gemeinsame Leidenschaft der Ahnenforschung über das Internet kennengelernt. Vor rund 200 Jahren sind viele Familien mit Segelschiffen in den Süden Brasiliens  gefahren, um dort eine neue Existenz aufzubauen und den wirtschaftlich schlechten Verhältnissen im Hunsrück zu entkommen. Darunter auch ihre eigene, die Familie Pütz, aus der später der Name Pitz geworden ist.„Ich bin zum ersten Mal in Deutschland. Damit ist ein langjähriger Traum von mir in Erfüllung gegangen und ich fühle mich auch schon zu Hause hier“, sagt Pitz. Sie hat herausgefunden, dass sie Vorfahren aus insgesamt 13 Gemeinden in der Region hat, elf in Deutschland und zwei in Luxemburg, darunter Osburg, Herl, Oberemmel, Wintrich, Konz, Holsthum, Farschweiler, Bekond, Lutzerath, Piesport, Niederemmel, Bonerath, Müden und Monreal. Zudem stammen zwei Familien ihrer Vorfahren aus dem luxemburgischen Marnach und Garnich. Während ihres Deutschland-Urlaubs will sie auch gemeinsam mit Werner Lichter die Ahnenforschung, die sogenannte Geneaologie, weiter betreiben. „Hier kann ich in vielen Kirchenbüchern forschen,“ sagt sie. So ist sie auf der Suche nach Informationen über einen Nikolaus Schaan, der 1885 in Schweich-Issel geboren wurde und   Pfarrer der brasilianischen Stadt Sao  Pedro de Alcantara, war. Diese Stadt war die erste deutsche Kolonie im Bundesstaat Santa Catarina. „Dieser Mann hat in Brasilien viel für seine Gemeinde getan. Er hat Lieder komponiert und einen Chor geleitet. Ich würde gerne einmal ein Buch über ihn schreiben.“

Wie fühlt sie sich in Deutschland? „Es ist hier anders, aber trotzdem vertraut. Ich vermisse den Lärm von spielenden Kindern, wenn ich das Fenster aufmache. Es ist so ruhig hier. Und natürlich im Winter sehr kalt. Bei mir zuhause sind es jetzt 35 Grad und ich habe nur einen Kilometer bis zum Strand,“ sagt sie.

Beim Essen hat sie viele Ähnlichkeiten, aber auch Unterschiede herausgefunden: „Bei uns gibt es auch Kartoffelsalat, den machen wir aber mit Zuckerrohressig an, nicht mit Mayonnaise wie hier in Deutschland. Was in Deutschland als Käsebrot bezeichnet wird, heißt bei uns ,Milchschmier’. Wir kochen auch mit Maniok oder Aipimmehl, was es in Deutschland selten gibt.“ So ein gewisses Gefühl der Verbundenheit, eine „Essenz“, wie Isabel Pitz sagt, bleibe jedoch - auch über viele Generationen. „Unsere Vorfahren mussten auswandern, um zu überleben, aber die Gewohnheiten, die Lieder, die Sprache und das Kochen - das bleibt irgendwie“, findet sie.  Zu Beginn des 19. Jahrhunderts seien 143 Familien aus dem Hunsrück ausgewandert und sie mussten sich in dem neuen, ungewohnten Land anpassen, die Sprache lernen und überleben.

 Laut Pitz haben fünf Millionen Brasilianer deutsche Wurzeln, großenteils aus dem Hunsrück. Drei Millionen können noch Hunsrücker Platt, das allerdings in Brasilien eine Mischform aus Deutsch, Hunsrückerisch und Portugiesisch sei. Sie habe 29 Cousins, ihre Familie zähle rund 200 Köpfe.  Was ihr besonders gefällt, ist der luxemburgische Spruch „Wir wollen  bleiben, was wir sind“.  Das hängt damit zusammen, dass auch viele Deutschbrasilianer Vorfahren in Luxemburg haben und auch die luxemburgische Staatsbürgerschaft beantragen können. In den nächsten Wochen hat sie noch vieles vor. Sie will das Café Heimat in Morbach besuchen, denn sie ist ein Fan der Filme „Heimat“ des Hunsrücker Regisseurs Edgar Reitz. Ein Plakat mit dem Darsteller Jan-Dieter Schneider hat sie als Geschenk der Familie Schubert aus Mengerschied (Rhein-Hunsrück-Kreis) erhalten. Diese Familie befasst sich ebenfalls mit Ahnenforschung und gut mit Deutschbrasilianern vernetzt.

 Außerdem will sie sich für eine Gemeindepartnerschaft zwischen Sao Pedro de Alcantara, einer Siedlung, die die Deutschen im brasiliansichen Bundesstaat Santa Catarina gegründet haben und einer deutschen Gemeinde einsetzen. Dabei hat sie Schweich im Blick, denn jener  in Brasilien bekannte Pastor stammt aus dem Schweicher Ortsteil Issel.

Wo sie ihre Zukunft sieht? Da ist sich Isabel Pitz noch nicht sicher. Sie könnte sich eine Zukunft in beiden Ländern vorstellen.

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