Jugendkulturzentrum: Standort und Konzept auf der Kippe

Bernkastel-Kues · Die Euphorie ist erst einmal weg, die Hoffnung, im Postgebäude in Kues ein Jugendkulturzentrum einzurichten, schwindet. Bürgermeister Ulf Hangert glaubt aber, dass in einem Monat über Alternativen geredet werden kann.

Derzeit läuft in der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues eine Fragebogenaktion. 3300 junge Leute zwischen zwölf und 23 Jahren können ankreuzen, welche Wünsche sie an ein Jugendkulturzentrum haben und ob sie es nutzen würden (der TV berichtete). Der Fragebogen wurde verschickt, weil im Postgebäude in Bernkastel-Kues leerstehende Räume für ein solches Zentrum gemietet werden können (siehe Extra). Knapp 300 Rückmeldungen waren bis gestern eingegangen.

Der Stadtrat hat bereits grundsätzlich Zustimmung signalisiert. Bedingung: Die VG beteiligt sich an den Kosten. Doch danach sieht es derzeit nicht aus. Ulf Hangert, Bürgermeister der VG Bernkastel-Kues, hat Sven Eisenkrämer, den Vorsitzenden des Jugendparlaments der VG, darüber informiert, dass es vonseiten der Ortsgemeinden eine "kritische Haltung wegen der Kosten" gebe.

Deshalb solle die Suche nach einer anderen Immobilie noch einmal aufgenommen und auch das Konzept hinterfragt werden. Auch die VG befürworte ein Jugendkulturzentrum. "Aber wir prüfen, ob es mit etwas weniger Risiken und Kosten umsetzbar ist", sagte Hangert auf TV-Anfrage. Das Risiko werde in erster Linie darin gesehen, dass man sich bei der Postimmobilie auf fünf Jahre binden müsse.

Sven Eisenkrämer teilte den neuen Sachverhalt in der Sitzung des Jugendparlaments mit. Zu den Zuhörern gehörte auch Karin Fass, die den Arbeitskreis leitet, der das Konzept erarbeitet hat und die Raumsuche vorantrieb. Sie wusste von der Problematik, zeigte sich aber von der Tragweite überrascht. "Ich hätte mir gewünscht, dass der Arbeitskreis vollständig informiert worden wäre", sagte sie dem TV.

Die Diskussion, so Fass, stehe erst am Anfang. Es gebe noch viel Informationsbedarf. Vielen sei immer noch nicht der Unterschied zwischen Jugendräumen, die nur der Freizeitgestaltung dienten, und einem Jugendkulturzentrum mit pädagogischen Angeboten deutlich.

Jungparlamentarier sieht keine Alternative



Nora Wippermann (CDU), mit 25 Jahren jüngstes Mitglied des VG-Rats und Zuhörerin der Sitzung, bestätigte dies. Ihr Wissen über das Projekt sei noch nicht groß, merkte sie anfangs an. "Jetzt weiß ich mehr", sagte sie, als sich die Diskussion zum Ende neigte.

Sven Eisenkrämer kritisiert ebenfalls die Informationspolitik. "Wäre ich nicht zu Bürgermeister Hangert gegangen, wüssten wir heute nicht Bescheid", sagte er. Das Konzept stehe und falle mit den Räumen in der Post, hieß es aus Reihen der Nachwuchs-Politiker. "Es wird keine Alternative geben", sagte Michael Kiesch.

"Wir haben nach Jugendräumen geschrien", sagte Zuhörerin Lisa Coen (15). Gleichzeitig sei aber offengeblieben, an wen man sich wenden kann. "Ihr müsst mehr an die Jugendlichen rangehen", fügte Nina Pastor (15) an. Sie schlug vor, die Thematik in die anstehenden Projekttage des Gymnasiums einzubinden.

Wie geht es nun weiter? Bürgermeister Hangert ist zuversichtlich, dass am 7. Juni über räumliche Alternativen gesprochen werden kann. An diesem Tag sollen die Haupt- und Finanzausschüsse von Stadt und VG sowie der Ausschuss für Jugend und Soziales über das Thema beraten. Hangert schwebt eine Lösung vor, bei der über ein, zwei Jahre getestet werden kann, ob das Angebot angenommen wird. Wo dies umgesetzt werden könnte, will er noch nicht sagen. Ganz außen vor sei das Postgebäude aber noch nicht. Hangert: "Aber es muss legitim sein, nach Alternativen zu suchen."

Karin Fass will sich umgehend mit dem Arbeitskreis zusammensetzen und beraten, ob ein Treffen mit den Ortsbürgermeistern angeregt wird, um ihnen das Konzept zu erläutern. "Wir werden uns nicht gegen günstigere Alternativen wehren, aber sie sollten das Gleiche bieten wie das jetzige Konzept", sagte sie.

EXTRA Jugendhaus: Seit Jahren wird in Bernkastel-Kues nach Räumen für ein Jugendhaus gesucht. Anfang 2010 wurde ein Arbeitskreis ins Leben gerufen, der nach Räumen Ausschau halten und ein Konzept erarbeiten sollte. Im Blick hat er leerstehende Räume (700 Quadratmeter) im Postgebäude in Kues. Sie könnten günstig (3,40 Euro pro Quadratmeter) gemietet werden. Geplant sind keine Jugendräume wie in vielen Dörfern, sondern ein Jugendkulturzentrum mit vielseitigen Angeboten (offener Bereich, Proberäume, Veranstaltungsraum, Leseecke, Fitnessraum, Workshops etc.) und pädagogischer Betreuung. Im Idealfall sollen dort zwei pädagogische Vollzeitkräfte beschäftigt sein. Personal-, Miet-, Neben- und Sachkosten würden sich dann auf etwa 160 000 Euro pro Jahr belaufen. Anfangs soll nur eine Stelle besetzt werden. Die Kosten: 112 000 Euro pro Jahr. Weil der Vermieter einiges investieren will (Fluchtweg, Bühne, Lüftung, Behinderten-WC) liegt die Mindestmietdauer bei fünf Jahren. Die Kosten sollen Stadt, Verbandsgemeinde und Sponsoren tragen. (cb)

Meinung : Vertrauen steht auf dem Spiel
Nora Wippermann dürfte mit ihren 25 Jahren noch Bezug zu den Nutzern eines Jugendkulturzentrums haben. Wenn aber selbst sie erst durch den Besuch der Sitzung des Jugendparlaments einen halbwegs guten Informationsstand erreicht, dürfte klar sein, woran es mangelt: an ausreichender Kommunikation zwischen den Nachwuchspolitikern und den Mitgliedern des Arbeitskreises auf der einen und dem Verbandsgemeinderat auf der anderen Seite. Auch unter den Jugendlichen ist noch nicht durchgängig bekannt, welche Angebote auf sie warten könnten. Dass der neue Sachstand eher zufällig bekannt wurde, verdeutlicht die Problematik. Nimmt man uns ernst? Diese im Jugendparlament gestellte Frage, darf nicht zum Standard werden. Es muss schleunigst miteinander geredet werden. Sonst geht einiges an Vertrauen verloren. c.beckmann@volksfreund.de

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