Junger Moselaner hilft in Nigeria

Ein 19-Jähriger aus Pünderich im Kreis Cochem-Zell verbringt ein Jahr im afrikanischen Nigeria, um dort einen Friedensdienst zu leisten. "Onyeocha" nennen ihn die Bewohner, das bedeutet "weißer Mann". Es ist das erste Wort, das Stephan Mertes lernt, als er seinen Einsatzort in Nigeria erreicht.

 In Nigeria angekommen: Stephan Mertes mit einem Kind auf dem Arm. Foto: privat

In Nigeria angekommen: Stephan Mertes mit einem Kind auf dem Arm. Foto: privat

Awgu/Pünderich. Nahe der Stadt Awgu im Südosten des Landes verbringt er die nächsten zwölf Monate. Die Bewohner leben in einfachen Behausungen, sie haben nicht viel. Doch der Moselaner stellt schnell fest, dass hinter der zerfallenen Fassade des Dorfes viele herzliche Menschen stecken. Direkt bei seiner Ankunft empfangen sie ihn freundlich und nehmen ihn in die Ortsgemeinschaft auf.

Stephan lebt mit mehreren Patern in einem Haus. Sein Chef vor Ort ist Bischof John Okoye, der dem Bistum Awgu vorsteht. Stephan gibt an einer Computerschule Unterrichtsstunden in digitalen Anwendungen, beispielsweise der Textverarbeitung. Außerdem ist es seine Aufgabe, junge nigerianische Menschen zwischen sechs und 18 Jahren in den Fächern Musik, Deutsch und Französisch zu unterrichten. Er kommt gut mit den Schülern zurecht, die Schüler mögen ihn. "Viele wollen mit mir nach der Schule Fußball spielen, das ist ein sehr gutes Zeichen", sagt der 19-Jährige.

Mit der Organisation "SoFiA" ("Soziale Friedenseinsätze im Ausland") des Bistums Trier ist Stephan in Westafrika. Er absolviert hier einen einjährigen Friedensdienst. 140 Millionen Menschen leben in Nigeria. Es ist kein einfaches Einsatzgebiet, das sich der junge Mann ausgesucht hat, denn Nigeria ist arm. Nach vielen Jahren der Militärdiktatur gedeihen dort erst langsam Demokratie und Marktwirtschaft.

Überrascht von der Gelassenheit der Menschen



Schnell lernt Stephan Ibo, die Sprache der Einwohner: Täglich kommen neue Wörter dazu, mittlerweile kann sich der junge Mann ohne Probleme unterhalten. Der Moselaner ist überrascht von der Gelassenheit der Nigerianer. Eines Nachmittags fragt er einen Schüler, was er noch vorhabe. Der antwortet: "Nothing, siesta or relax", also "Nichts, Pause oder Entspannen". An diese lockere Lebensart muss sich der Moselaner gewöhnen. "Als organisierter, pünktlicher, beinahe hektischer Europäer braucht es ein bisschen, bis man abschalten kann. Hier ist die Ruhe selbstverständlich."

Besonders die Gottesdienste machen Eindruck auf den jungen Mann: Vier bis fünf Stunden dauern sie. Stephan imponiert, wie die Nigerianer die Hände in die Luft strecken, als wollten sie ein "Stück Gott" empfangen. Mystische Musik und kräftige Chorstimmen unterstützen die Wirkung der Messen. Der Pastor spricht Worte, die von den Gläubigen lauthals mit Rufen wie "Ja" und "Amen" kommentiert werden. Stephan ist sich sicher: Die Energie und Freude, die während der Predigt verbreitet werden, sind ansteckend.

Ansteckend ist nicht nur das. Nach einigen Wochen wird Stephan ein "richtiger Afrikaner", wie er sagt. Er liegt auf dem Bett in seinem Zimmer, alles beginnt sich zu drehen. Er bekommt Fieber und Schüttelfrost, fängt an zu zittern und wird sehr müde. "Ich kam mir vor, als sei ich ans Bett gefesselt", erklärt er. Ein Schnelltest bringt Gewissheit: Stefan hat Malaria. Seine Mitbewohner bringen ihn in ein Krankenhaus. Dort erhält er Tabletten und Spritzen, langsam erholt er sich. "Ich habe mich selten zuvor so dreckig gefühlt, aber mit der entsprechenden Medizin geht es einem sehr schnell besser."

Knapp die Hälfte seines Friedensdienstes im Ausland hat Stephan nun hinter sich, will jetzt noch die Tier- und Pflanzenwelt Nigerias entdecken. Doch auch für seine Schüler wird er im Unterricht weiterhin da sein, der "weiße Mann" aus Europa.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort