JVA Wittlich: Handwerker hinter Gittern

Wittlich · In der JVA Wittlich werden pro Jahr Produkte im Wert von 2,3 Millionen Euro gefertigt. Bei der Wirtschaftswoche wird das Angebot ausgestellt.

 Ein Häftling arbeitet in der Schreinerei der JVA Wittlich.

Ein Häftling arbeitet in der Schreinerei der JVA Wittlich.

Foto: Christian Moeris

Was für die meisten Wittlicher eine Selbstverständlichkeit ist, wird viele auswärtige Besucher verwundern: Wenn die Wirtschaftswoche Wittlich am 14. Juni ihre Türen öffnet, werden sich dort nicht nur knapp 200 Unternehmen zeigen. Auch die Justizvollzugsanstalt (JVA) und Jugendstrafanstalt (JSA) Wittlich präsentieren dort als Aussteller ihre Betriebe und Produkte. Denn hinter den hohen Mauern der Haftanstalt wird täglich emsig gewerkelt, und die Häftlinge stellen mittlerweile eine große Bandbreite an Produkten her. Ob Geländer aus der Schlosserei oder Treppen sowie Carports aus der Schreinerei: Die handwerklichen Produkte aus dem Gefängnis erfreuen sich bei vielen Bürgern der Region großer Beliebtheit. „Unser Hauptziel ist dabei natürlich nicht, Gewinn zu erzielen“, erklärt Jörn Patzak, Leiter der Justizvollzugsanstalt Wittlich. Man möchte auch keine Konkurrenz zum regulären Handwerk darstellen, „weil wir auch unter ganz anderen Rahmenbedingungen fertigen“. Trotz eines Umsatzes von mittlerweile rund 2,3 Millionen Euro seien die Betriebe der JVA und JSA defizitär, wenn man die Kosten der Haft gegenrechne. Bei der Arbeit hinter Gittern stehe eher der soziale Aspekt im Vordergrund. „Wir wollen mit den Betrieben nur die Talente der Häftlinge erhalten, erkennen und fördern, damit sie später nach ihrer Entlassung auf dem Arbeitsmarkt zurecht kommen.“ Rund 270 Gefangene gehen täglich so hinter Gittern einem mehr oder weniger normalen Arbeitstag nach und sind damit acht Stunden beschäftigt. „Das ist viel besser als im Haftraum zu sitzen, wo die Zeit nicht rum geht. Hier in der Schreinerei verfliegt sie“, sagt ein 27-jähriger Häftling, während er an einer Relax­liege aus Roteiche arbeitet.

„Es ist besser, man hat was zu tun. Von den 300 Euro, die ich so im Monat verdiene  – im Knast ist das viel Geld – kann ich mir Telefon, Fernsehen, Zigaretten und Süßigkeiten leisten.“ Ansonsten bekäme er nur 30 Euro Taschengeld im Monat, sagt der Häftling, und das sei ja schließlich so gut wie nichts.

 Unter Aufsicht von Schlossermeister Günter Linden (links) fertigt ein Häftling (rechts) ein Balkongeländer, das eine Privatperson aus Wittlich in der JVA bestellt hat. Häftlinge mit Freigang sollen es installieren.

Unter Aufsicht von Schlossermeister Günter Linden (links) fertigt ein Häftling (rechts) ein Balkongeländer, das eine Privatperson aus Wittlich in der JVA bestellt hat. Häftlinge mit Freigang sollen es installieren.

Foto: Christian Moeris

„Mir macht die Arbeit Spaß, weil sie nie monoton ist, und am Ende des Tages, bevor man in seine Zelle geht, sieht man sein Tagwerk und Werkstück, das man geschaffen hat“, sagt der arbeitende Häftling, der eine Freiheitsstrafe wegen Diebstahls und Drogendelikten absitzt.

In den Betrieben der JVA arbeiten die Häftlinge unter Anleitung echter Profis und Meister ihrer Zünfte. „Deshalb bekommen wir auch eine so tolle Qualität hin“, sagt Patzak. Obwohl sich unter den verurteilten Arbeitern in der Schlosserei, Schreinerei, Polsterei und Bäckerei auch die ein oder andere gelernte Arbeitskraft findet, handelt es sich bei der überwiegenden Mehrheit um ungelernte Arbeitskräfte. „Wir müssen mit denen arbeiten, die da sind“, sagt Hermann Klein, Werksdienstleiter der JVA. „Deshalb können wir auch niemandem eine Garantie geben, dass wir beispielsweise ein Balkongeländer innerhalb von drei Wochen fertigen. Außerdem kommt es schon mal vor, dass ein Häftling Mist baut, und dann landet auch schon mal das ein oder andere Werkstück auf dem Schrott.“ Derzeit sei es aber beispielsweise in der Schreinerei so, dass dort zufällig drei gelernte Schreinergesellen tätig seien. Klein: „Aber alle Drei hätten in der freien Wirtschaft keine Chance. Da fehlt einfach zu viel Fachwissen und Erfahrung.“

Aufgrund der professionellen Unterstützung durch die Meister erfreuen sich die handwerklichen Erzeugnisse dennoch außerhalb der Gefängnismauern großer Beliebtheit. Patzak: „Unsere Relaxliegen und Schwenker aus Edelstahl sind echte Verkaufsschlager.“ Da man im Preis der angebotenen Produkte etwas günstiger liege als die restliche Wirtschaft, verzichte das Gefängnis allerdings auf Werbung. „Wir erlauben uns nur die Teilnahme an der Wirtschaftswoche.“ Wer die Produkte aus dem Gefängnis kaufen oder sich ein Angebot einholen möchte, erreicht die Betriebe ganz einfach telefonisch – wie jede andere Firma in Wittlich auch.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort