Kaiser, Kelten und bedeutende Auswanderer

GROSSLITTGEN. Kaiserbesuch, Stadtrechte und Steuern, die aufgrund des Wohlstands höher lagen als in Wittlich und Manderscheid: Großlittgens Geschichte hat einiges zu bieten.

Ein großer Ort hat meist auch eine lange Geschichte. Großlittgen, mit rund 1150 Einwohnern das größte Dorf der Verbandsgemeinde Manderscheid, wurde 912 mit dem Namen Lutacio in einer Urkunde erstmals erwähnt. Der Name geht wahrscheinlich auf einen keltischen Bauern zurück, der sich zwischen Lieser und Salm angesiedelt hatte. Die Siedlung wurde immer größer. Funde aus der Römerzeit wie ein Viergötterstein und ein Reliefbild mit einer Fruchtbarkeitsgöttin weisen laut VG-Chronik darauf hin, dass Großlittgen in dieser Zeit ein bedeutender Ort war, vermutlich eine Hauptstation der von der Mosel kommenden Römerstraße.Eisenindustrie belebt den Arbeitsmarkt

Später hatte im Dorf ein Rittergeschlecht das Sagen, das eng mit dem luxemburgischen Grafenhaus verwandt war und sich schließlich "von Littiche" nannte. 1341 kaufte Kurfürst Balduin von Trier den Machthabern das Dorf ab, und fünf Jahre später erhielt Großlittgen sogar die Stadtrechte. Dafür, dass es dem Ort aufgrund gut laufender Landwirtschaft und großen Waldbesitzes gut ging, gibt es noch einen weiteren Hinweis: Ein Steuerbescheid aus dem 14. Jahrhundert besagt, dass Großlittgen 44 Silbermünzen zu zahlen hatte, Wittlich hingegen nur 25 und Manderscheid zwölf. Die Eisenschmittner Eisenindustrie belebte in Großlittgen im 18. Jahrhundert den Arbeitsmarkt. So fuhren die Einwohner Erztransporte zur Hütte, und viele Köhler lebten in den Wäldern rund um das Dorf, besonders bei Gut Heeg. Doch auch anderes Handwerk gab es in Großlittgen, so eine Ziegelei, eine in der Franzosenzeit sehr erfolgreiche Tabakfabrik, eine Kammfabrik, einen Siebmacher, eine Nagelschmiede, Hauswebereien und eine Bierbrauerei. Nach dem Ersten Weltkrieg 1918 entstand in Großlittgen gar die modernste Kelter und Brennerei in Rheinland-Pfalz. Peter Hubert, der das Brennen in Berlin gelernt hatte, baute sie. Sein gleichnamiger Vater besaß ein Gasthaus (siehe Foto), das heute unter dem Namen Tix immer noch existiert. 1802 kam das Kloster Himmerod zur Zivilgemeinde Großlittgen. Mit Unterbrechungen ist das Kloster seit Jahrhunderten ein religiöses, geistiges und kulturelles Zentrum, das weit über die Region hinweg bekannt ist und jährlich Tausende von Besuchern anlockt. Glaubt man der Schulchronik, so gab es in Großlittgen Anfang des 20. Jahrhunderts drei Ereignisse, die den Bewohnern "unvergesslich" blieben: Drei Mal passierte Kaiser Friedrich Wilhelm das Dorf, einmal zu Pferd, die anderen Male im Automobil. Die "Kaiserlich Königliche Hoheit" war jedes Mal auf dem Weg zu Landwirtschaftsminister Freiherr von Schorlehmer, der in Lieser wohnte. Bei seinem dritten Besuch "erwiderte er huldvoll nach allen Seiten mit freundlichem Lächeln grüßend die dargebrachten Huldigungen". Eindrucksvoll ist auch die Zählung der Brunnen in Großlittgen, die Erich Schuh vorgenommen hatte. Auf 99 Stück kam der Heizungsbauer, den diese Arbeit dazu brachte, sich intensiv der Großlittger Geschichte zu widmen. Schuh sammelt auch Daten über die 157 Großlittger, die zwischen 1823 und 1898 in der Regel aufgrund von Armut nach Amerika und Brasilien auswanderten. Da gibt es beispielsweise Jakob Raskob, der 1846 in die Staaten ging. Sein Enkel, John Jakob Raskob, ist auf einer Gedenktafel als Geldgeber für das Empire State Building in New York vermerkt. John Jakob Raskob gilt als Mitbegründer von General Motors und investierte 16 Millionen Dollar in das Hochhaus, das bei seiner Einweihung 1931 das höchste Gebäude der Welt war. Liebe Leserinnen und Leser, wir möchten von Ihnen gerne wissen, wie Großlittgen 2020 aussehen könnte. Bitte senden Sie uns Ihre Vision per Mail in maximal 30 Zeilen à 33 Anschlägen bis Donnerstag, 30. Juni, 10 Uhr, an mosel@volksfreund.de.

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