Kampf um Kinder hat begonnen

Der Streit um die Schulkinder ist im Hunsrück offenbar voll entbrannt. Während man sich in Morbach ärgert, dass mancherorts Informationen über die neue Integrierte Gesamtschule (IGS) zurückgehalten werden, ist man in Rhaunen über die Vorgehensweise im Morbacher Rathaus verschnupft.

Hunsrück. Mit der Änderung der Schullandschaft werden viele Karten neu gemischt. Mancherorts herrscht hinter den Kulissen Unmut. Margret Scholtes, Lehrerin an der Realschule Morbach, Mutter und Mitglied der Planungsgruppe IGS Morbach, deutet es an: "In Morbach und in Bernkastel-Kues konnten wir optimal über die neue Schulform informieren." Anderswo sei das nicht überall der Fall. Die Planungsgemeinschaft für die Morbacher IGS lädt zu Info-Veranstaltungen, wie sie heute, Donnerstag, stattfindet, ein (siehe EXTRA).

Die Amtsblätter der Nachbar-Kommunen wurden gebeten, entsprechende Informationen zu veröffentlichen. Zum Beispiel in der Idarwald-Rundschau, dem Mitteilungsblatt der Verbandsgemeinde (VG) Rhaunen. Wolfgang Becker, VG-Bürgermeister in Rhaunen, hat kein Verständnis dafür, "wie man in Morbach vorprescht". Für ihn ist es ein "unerhörter Vorgang", dass in der Vergangenheit die Grundschulen in Stipshausen und Rhaunen um Mithilfe bei Elternbefragungen zur IGS gebeten wurden, ohne den Schulträger zu informieren.

Er habe nichts dagegen, dass die Einheitsgemeinde jenseits ihrer Grenzen Werbung für ihre neue Schulform machen wolle. Dann aber sollen sie sich selbst die Adressen der Eltern besorgen. Ähnliches gilt aus seiner Sicht für die Veröffentlichung in der Idarwald-Rundschau. Auch auf den Landkreis Bernkastel-Wittlich ist Becker nicht gut zu sprechen. Immerhin müsse man dort viel Geld haben, wenn man Fahrten von Kindern "im Ausland" - gemeint ist jenseits der Kreisgrenzen - etwa von Rhaunen nach Morbach bezuschusse.

In Wittlich weist man diese Kritik von sich. In der Frage der Übernahme der Fahrtkosten hat der Kreis keinen Ermessensspielraum, erklärt Alfons Kuhnen, Pressesprecher in der Kreisverwaltung. Er müsse die Fahrt bis zum Standort der nächstgelegenen gewünschten Schulform finanzieren. Der Gesetzgeber habe dem Elternwillen einen hohen Rang eingeräumt. Das unterstreicht Theo Gätz, Büroleiter im Morbacher Rathaus.

Die Gemeinde Morbach habe sich nichts vorzuwerfen. Schließlich sei es nichts Neues, dass Kinder aus den Nachbarkommunen die Morbacher Realschule besuchen. Auch Uwe Weber, Bürgermeister der VG Herrstein, ist wenig begeistert vom "allzu offensiven Werben" der IGS Morbach, die möglicherweise von Kindern "seiner" Verbandsgemeinde besucht werden könnte. Auf Kosten benachbarter Kommunen solle offenbar der Schulstandort Morbach mit Leben gefüllt werden.

"Gute Zusammenarbeit"

Thalfang. (iro) Keine Probleme sieht man in Thalfang, was die interkommunale Informationspolitik für die weiterführenden Schulen im Hunsrück angeht. Das versichert Hans-Dieter Dellwo, Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Thalfang am Erbeskopf, gegenüber dem TV. "Die Zusammenarbeit zwischen Morbach und Thalfang klappt hervorragend", versichert Hans-Dieter Dellwo, "auch in dieser Hinsicht". Der Bürgermeister der VG Thalfang am Erbeskopf fühlt sich in Sachen Integrierte Gesamtschule ausführlich informiert. Der neue Schulentwicklungsplan sei "in sechs oder sieben Workshops" ausführlich besprochen worden. Auch im Amtsblatt der Kommune habe man über die in der Nachbarschaft entstehende IGS informiert. Und zwar "in gegenseitiger Wertschätzung" und zeitgleich mit Informationen über die "Realschule plus" in der VG Thalfang im Amtsblatt der Gemeinde Morbach. Die Regionale Schule in Thalfang wird zum neuen Schuljahr zur "Realschule plus".

Meinung: CONTRA

Von Vera Müller

Alleingänge provozieren

Allen Grund, verärgert zu sein, haben die Rhaunener und Herrsteiner VG-Bürgermeister Becker und Weber: Nicht nur die Sicherung der eigenen Schulstandorte - in die in den vergangenen Jahren Millionen investiert wurden - steht dabei im Vordergrund. In erster Linie setzen die Morbacher die guten nachbarschaftlichen Beziehungen aufs Spiel, weil sie durch Alleingänge provozieren und eine seltsame Informationspolitik betreiben. Ein weiterer Aspekt: Wie offensiv, emotional und fast schon arrogant die IGS für sich wirbt und sich selbst bereits vor ihrem Bestehen in den höchsten Tönen lobt, wirkt wenig seriös und lässt den Respekt vor anderen Schulformen, die ihre Qualität bereits unter Beweis gestellt haben, vermissen. Vera Müller ist Redakteurin bei der Nahe-Zeitung

Meinung: PRO

Von Ilse Rosenschild

Kein Kirchturmdenken

Der Streit um die Hunsrücker Schulkinder ist ein klassisches Beispiel für Kirchturmpolitik. Den Bürgermeistern in Rhaunen und Herrstein geht es darum, ihr eigenes Gärtchen zu pflegen und ihre eigenen Schulen hochzuhalten. Immerhin steht die Regionale Schule zumindest in Rhaunen schon auf wackeligen Beinen. Ob das Verhalten der Rathaus-Chefs den Kindern nützt, ist mehr als fraglich. In der Schulbildung muss es darum gehen, dass Kinder das für sie passende und beste Angebot wahrnehmen. Genau das hat der Gesetzgeber gewollt. Damit die richtige Entscheidung gefällt werden kann, müssen die Informationen gut zugänglich sein. Schon aus diesem Grund ist die Kritik an der Vorgehensweise in Morbach wenig überzeugend. i.rosenschild@volksfreund.de


EXTRA
Integrierte Gesamtschule: Als Ganztagsschule beschreitet die IGS Morbach einen für die Region neuen Weg der ganztägigen Unterrichtsversorgung. Im Laufe des des Schultages von 8 bis 16 Uhr wechseln sich Zeiten der Erarbeitung neuer Inhalte, der Übung und der Vertiefung sowie der Förderung und der Entspannung ab. Es ergibt sich ein Tagesablauf, der verhindern soll, die Kinder zu überfordern. Zu einer Eltern-Informationsveranstaltung zur IGS Morbach lädt die Planungsgruppe heute, Donnerstag, um 19.30 Uhr in die Baldenau-Halle Morbach ein. An diesem Tag können um 19 Uhr auch die Räumlichkeiten besichtigt werden, die für die neue Schule umgebaut werden. Weitere Informationen sind unter www.igs-morbach.de erhältlich. (red)

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