Soziales Am Autobahnparkplatz Rivenich gerettet: Katzenmama außer Lebensgefahr

Rivenich · Tierschützer haben eine Katze mit fünf Jungtieren gerettet. Die Mutter hatte ihren Nachwuchs in einem Gebüsch am Rande der A 1 versteckt. Offenbar hatte jemand sie auf dem Autobahnparkplatz Rivenich ausgesetzt.

 Katzenmutter Romy hatte mit ihren Kitten zuvor in diesen Büschen auf dem Autobahnparkplatz Rivenich gewohnt (rechts). Jetzt hat sie übergangsweise ein Zuhause im Eifeltierheim Altrich gefunden.

Katzenmutter Romy hatte mit ihren Kitten zuvor in diesen Büschen auf dem Autobahnparkplatz Rivenich gewohnt (rechts). Jetzt hat sie übergangsweise ein Zuhause im Eifeltierheim Altrich gefunden.

Foto: Rainer Kordel

Jessica Sadtchikoff ist schon fast zuhause, als sie die Katze sieht. Das grau-weiße Tier schleicht über den Autobahnparkplatz Rivenich, wahrscheinlich auf der Suche nach Futter. Während nur wenige Meter entfernt Autos vorbeirasen. Es ist ein gefährlicher Ort für ein Haustier, nicht nur wegen des Verkehrs. Denn ausgesetzte Vierbeiner überleben meist nicht in freier Wildbahn.

Das weiß Sadtchikoff, die seit Jahren ehrenamtlich im Eifeltierheim Altrich arbeitet. Und, dass jemand die Katze hier zurückgelassen hat – daran besteht für sie kaum ein Zweifel. Der Parkplatz ist kilometerweit vom nächsten Ort entfernt. Und welches Tier würde sich ein solches Heim freiwillig aussuchen?

Also hält Sadtchikoff an. Nicht auf dem Parkplatz, denn an dem ist sie vorbei, sondern auf dem Seitenstreifen. Sie läuft die paar Meter zurück. Die Katze ist noch da. Doch als die 23-jährige Salmtalerin sich dem Tier nähert, läuft es in die Büsche. Sadtchikoff wartet einen Moment, bis sie das weiße Gesicht der Pelznase wieder im Dickicht sieht. Aber wie soll sie die Katze aus dem Busch bekommen?

Hier weiß Bianca Komes Rat. Denn mit Fällen wie diesem kennt sich die Sehlemerin aus. Für den Förderverein des Eifeltierheims fängt sie ausgesetzte Vierbeiner, vermittelt sie an Pflegestellen oder in die Unterkunft nach Altrich. Am Telefon erklärt sie der Salmtalerin, was zu tun ist. Denn das scheue Tier mit Futter aus dem Gebüsch zu locken, werde wohl nicht funktionieren, glaubt Komes – zumindest nicht ohne Lebendfalle. Gut, dass sie eine daheim hat.

Sie sieht aus wie ein länglicher Käfig mit einer Klappe.  Beim Aufstellen steht sie offen, damit ein Tier hindurch kann. Mit Leckerlis wird es ins Innere des Drahtgeflechts gelockt. Die Klappe schließt sich, wenn das Tier auf eine Druckplatte am Boden des Käfigs tritt. So weit, so simpel. Nur ist es keinesfalls sicher, dass eine Katze sich hinein­traut. Manche Tiere nähern sich nie einer Falle, egal wie groß der Hunger wird. Und zu Anfang sieht es so aus, als würde es auch in Rivenich nicht klappen mit der Klappe.

Am Abend, als sie die Katze das erste Mal sieht, holt Sadtchikoff Komes in Sehlem ab. Sie stellen die Falle am Rand des Gebüschs auf, in dem sie die Katze zuletzt gesichtet haben. Denn als die Tierschützer den Parkplatz erreichen, gibt es von dem Vierbeiner keine Spur mehr. Und auch in der Nacht, als Sadtchikoff die Falle kontrolliert, muss sie feststellen, dass die Klappe noch offen ist. Enttäuscht packt sie den Käfig wieder ein, um ihn am nächsten Morgen wieder aufzustellen. „Ich habe damit gerechnet, dass das nichts wird“, sagt sie. Doch dann wird es doch was. Als Komes die Lebendfalle am Mittag kontrolliert, ist die Katze drin.

Das Problem: Inzwischen gibt es Hinweise, dass sie nicht allein in im Gebüsch lebt. Im sozialen Netzwerk Facebook wird über die Katze diskutiert. Offenbar wurde sie von Autofahrern gesehen. Und eine Nutzerin spekuliert, dass sie Junge haben könnte. Sadtchikoff und Komes wollen dem Verdacht nachgehen. Die Kitten ohne ihre Mutter im Gebüsch zurückzulassen, sei für die nicht in Frage gekommen, sagt die Salmtalerin.

Also kehrt Sadtchikoff kurz darauf zum Parkplatz zurück. Es regnet in Strömen. Die Suche gestaltet sich alles andere als einfach. Am Rand der Autobahn erstreckt sich ein Dickicht von etwa 400 Metern Länge. Dort ist die Katze meist herumgeschlichen. Doch auch rund um das Toilettenhäuschen liegt Wald. Wenn das Tier also wirklich Junge hat, könnten sie überall sein. Womöglich im dichtesten Gestrüpp, das sie vor den Blicken von Räubern schützen soll.

Doch was dem Schutz der Jungtiere  dienen sollte, könnte ihnen zum Verhängnis werden. Denn wie sollen die Tierschützer die Babys finden? Sie versuchen es einfach auf gut Glück. Zuerst wagt sich Marco Komes, der Ehemann von Bianca Komes,  ins Dickicht. Doch es ist schwierig, zwischen dem Unkraut etwas zu erkennen. Er wird zunächst nicht fündig und dann von Sadtchikoff abgelöst. Mit einem Besenstiel schiebt sie die Zweige zur Seite – genau in dem Abschnitt, in dem Komes nicht gesucht hat. Keine fünf Minuten später sieht sie die fünf Fellknäuel auf dem Boden kauern. „Das war wirklich Glück“, sagt sie.

Auf allen Vieren krabbelt die Salmtalerin ins Gebüsch. Die Katzenbabys erschrecken sich vor der Frau, die durch den Busch kriecht und versuchen zu flüchten. Aber sie sind erst vier bis fünf Wochen alt und dafür auch etwas klein geraten. Also kann Sadtchikoff sie rasch einfangen. Sie packt die durchnässten Tiere in eine Transportbox und bringt sie zu Komes, die es kaum fassen kann: „Ich dachte wir fahren da noch zehn Mal hin, bis wir sie finden.“ Noch am selben Tag geht es ins Eifeltierheim, wo sich die Mutter und ihre Jungen inzwischen eingelebt haben.

Und einen neuen Namen hat das Muttertier auch schon: „Romy“. Den hat sich Tierschützerin Komes ausgedacht. Dabei musste sie sich an die Regel im Tierheim halten: Der Name muss mit dem Ort beginnen, wo die Katze gefunden wurde, also in diesem Fall mit R wie Rivenich. „Sie ist ein richtiger Schatz“, sagt Tierheim-Chef Rainer Kordel über den Neuankömmling. Romy kümmere sich vorbildlich um ihre fünf Kätzchen und inzwischen auch um einen Kuckucks-Kater, den man ihr in die Box gesetzt hat. Auch das Fundtier aus Salmtal darf an die Zitzen der Mama. „Dass das so einfach geht, ist selten“, sagt Kordel. Wenn die Babys etwas gewachsen sind, werden sie leicht zu vermitteln sein. Jungkatzen sind beliebt. Zunächst sucht Kordel für die Tiere aber eine Pflegestelle, „wo sie mehr Platz haben“, bevor sie ein neues Zuhause finden. Vielleicht wird es diesmal eines, in dem sie bleiben dürfen.

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