Kaum Echo auf Rufbus

Wittlich · Die Bilanz nach einem halben Jahr zum neuen Mobilitätsangebot ist ernüchternd. Im Schnitt zahlt die Stadt 20 Euro je Fahrt als Zuschuss.

 Überall zu finden: die neuen Rufbushaltestellen. TV-Foto: Sonja Sünnen

Überall zu finden: die neuen Rufbushaltestellen. TV-Foto: Sonja Sünnen

Foto: (m_wil )

Wittlich Was kosten sechs Monate Rufbus, und was bringt das neue Angebot tatsächlich? Die Bilanz, die Rolf Becker, Leiter des Ordnungsamtes bei der Stadtverwaltung Wittlich, dem Stadtrat vorlegt, ist keine Erfolgsgeschichte jedenfalls, was die Nutzung angeht. "Der Zuschuss beträgt 20,73 Euro je Fahrgast. Das Ergebnis ist nicht befriedigend. Ziel muss sein, dass der Zuschuss deutlich geringer wird als die Kosten für eine Taxifahrt", sagt er und schließt seine schlüssige Präsentation der Fakten mit: "Da ist noch viel Luft nach oben." Aktuell hat man in sechs Monaten 1925 Fahrgäste gezählt und geht davon aus, dass man bis Ende März die 2000er Marke übersteige. Ob es tatsächlich so kommt? Immerhin gibt es eine ganz leichte Steigerung der durchschnittlichen täglichen Fahrgastzahl von zehn auf 14, wobei die durchschnittliche Beförderungsstrecke bei rund vier Kilometern liegt. Laut Beckers Analyse nutzen überwiegend ältere Menschen den Rufbus und zwar besonders montags für Arztbesuche und freitags zum Einkaufen. Besonders beliebte Strecken sind die, die die sogenannte alte Krankenhauslinie abdecken, also zwischen Busbahnhof und Krankenhaus.
Aber auch Altenzentrum und große Verbrauchermärkte werden als Fahrtziel genutzt. Es gibt mittlerweile 71 Haltestellen. Es wurden Pläne an alle Haushalte verteilt, Flyer und Visitenkarten angeboten, ein Gewinnspiel gemacht (drei Teilnehmer). Alle Haushalte der Stadt und Stadtteile wurden mehrfach über Mitteilungsblätter und Presse informiert.
Anlaufschwierigkeiten wie Probleme bei der telefonischen Busbestellung seien behoben, heißt es.
Dennoch hat man sich das alles anders vorgestellt, als man im Stadtrat beschlossen hat, den Wittlichern mit diesem neuen Mobilitätsangebot auf die Sprünge zu helfen. Innovativ, modern, attraktiv, Pilotprojekt: Das sind die Schlagworte, die gefallen sind, als man Ja dazu gesagt hat, für eine Testphase von zwei Jahren das Angebot mit 67 500 Euro im Jahr zu finanzieren. Jetzt nahm der Stadtrat die tatsächlichen Nutzerzahlen weder bestürzt noch erfreut zur Kenntnis und zeigte vor allem Glaube an die gute Sache und Hoffnung auf mehr Fahrgäste.
Nadine Zender, SPD: "Nach einem halben Jahr ist es viel zu früh, zu sagen, dass es nicht so funktioniert." Stephan Lequen, Grüne: "Wir würden uns alle wünschen, dass es besser genutzt wird." Michael Scheid, FWG: "Die Zahlen sind nicht berauschend, aber ich habe nichts anderes erwartet. 2000 Menschen, die so mobil sind, sind schon ein Wert an sich."
Bürgermeister Joachim Rodenkirch kündigte an, dass sich der Arbeitskreis zum Rufbus noch mal berate. Themen könnten erweiterte Fahrzeiten sein. Es wurde zudem deutlich aufgefordert, jede Kritik und auch jeden Verbesserungsvorschlag zu melden, damit das Rufbussystem optimiert werden könne.

Zur Erinnerung: Der barrierefreie Rufbus kann sieben Gäste und einen Rollstuhlfahrer transportieren. Er fährt auf telefonische Bestellung montags bis freitags: von 8 bis 12 Uhr sowie zwischen 14 und 18 Uhr. Fahrtwünsche werden zwischen 7 und 18 Uhr unter Telefon 06571/172999 und bei der Fahrtwunschzentrale unter Telefon 0261/29670388 angemeldet. Eine Fahrt kostet drei Euro. Zeitkarten und Rabatte gelten wie im regulären Busverkehr, doch es ist ein Komfortzuschlag von einem Euro zu zahlen.KommentarMeinung

Klartext ist besser als schön reden
Eigentlich ist der Rufbus überwiegend ein Parkbus. Sagt nur keiner. Das macht man bei sozial gemeinten Angeboten nicht. War das nicht schon bei der künstlich am Leben gehaltenen Krankenhauslinie so? Leere Busse rollen, keiner sagt Stopp? 135 000 Euro zahlt die Stadt für zwei Jahre. Tatsache ist: Jeder, der auf diese Form von Mobilität angewiesen ist, kennt das Angebot. Es wurde mehrfach flächendeckend informiert. Vielleicht ist der Nutzerkreis viel kleiner als gedacht. Wenn das so ist, gehört der Rufbus eingestellt. Die Menschen, die dann unzumutbar in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, müssen dann anderweitig individuell unterstützt werden. Ansonsten: Einsteigen bitte und zwar bald. Nur Fakten zählen. s.suennen@volksfreund.de

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