Kaum noch Aufregung um den blauen Dunst

Wittlich/Morbach/Bernkastel-Kues · Viel Empörung und unzählige Diskussionen: Das Nichtraucherschutzgesetz war von Anfang an großer Kritik ausgesetzt. Heute ist die Regelung Alltag, doch hat sich die Lage in den Gaststätten entspannt? Der TV hat sich im Kreis Bernkastel-Wittlich bei Gastwirten und Ordnungsämtern umgehört.

 Das Nichtraucherschutzgesetz soll verhindern, dass Menschen etwa in Gaststätten zugequalmt werden. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Das Nichtraucherschutzgesetz soll verhindern, dass Menschen etwa in Gaststätten zugequalmt werden. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Wittlich/Morbach/Bernkastel-Kues. Als das Nichtraucherschutzgesetz diskutiert wurde, war der Aufschrei groß: Gastwirte beschwerten sich, ihre Existenz sei gefährdet, Raucher beschwerten sich, man raube ihnen die gemütliche Atmosphäre in Kneipen. Nach jeder Menge Hickhack beschloss der Landtag am 26. Mai 2009 das neue Gesetz in Rheinland-Pfalz - mit einigen Ausnahmeregelungen.
Seitdem dürfen in kleinen Einraumkneipen unter 75 Quadratmetern die Gäste rauchen, sofern der Wirt dort keine oder nur einfache Speisen wie belegte Brote serviert. In größeren Kneipen, Diskotheken und Gasthäusern mit einer Speisekarte müssen die Raucher in abgetrennte Nebenräume ausweichen oder vor die Tür gehen.
Das sagen die Ordnungsämter: Gut zwei Jahre später hat sich die Lage im Kreis deutlich entspannt. Darin sind sich die Ordnungsämter im Kreis einig. "Am Anfang haben sich die Wirte gegenseitig beschuldigt", sagt Josef Schmitz vom Ordnungsamt der Verbandsgemeinde (VG) Bernkastel-Kues. "Mittlerweile haben sie aber Einsicht gezeigt." Eine Mitarbeiterin vom Ordnungsamt Traben-Trarbach, die nicht namentlich genannt werden möchte, hat ähnliche Erfahrungen gemacht. "Am Anfang gab es einen großen Aufklärungsbedarf", sagt sie. "Doch mittlerweile läuft es sehr gut." Die stellvertretende Pressesprecherin der Stadt Wittlich, Simone Röhr, bestätigt das: "Bei uns ist die Lage entspannt." Das sagt auch Otto Maria Bastgen, Bürgermeister der VG Kröv-Bausendorf. "Die Wirte regeln das super, und auch die Raucher haben mittlerweile umgedacht."
Der Eindruck der Ordnungsämter wird auch in Zahlen deutlich: 2010 hat es es in Bernkastel-Kues zwei Beschwerden von Gästen gegeben. Die betroffenen Wirte wurden verwarnt, mussten aber keine Strafe zahlen. In Traben-Trarbach, Kröv-Bausendorf und Wittlich gab es in den vergangenen zwei Jahren gar keine Beschwerden. Dementsprechend wenig werden die Gaststätten kontrolliert: In Kröv-Bausendorf, Wittlich und Bernkastel-Kues wird gar nicht, in Traben-Trarbach nur sporadisch und nach Gutdünken der Ordnungsamt-Mitarbeiter kontrolliert.
Etwas anders sieht es in der VG Morbach aus: Zwar wird auch dort nur zufällig kontrolliert, aber die Mitarbeiter stellten immerhin sieben Verstöße gegen das Nichtraucherschutzgesetz fest. Drei der betroffenen Wirte mussten Bußgelder von je 50 Euro bezahlen. Axel Schmitt vom Ordnungsamt kritisiert die Ausnahmeregelungen des Gesetzes. "Vieles ist Auslegungssache. So entsteht ein Wirrwarr bei den Wirten und bei uns ein riesiger Verwaltungsaufwand."
Das sagen die Gastwirte: Das Wirrwarr hat Natascha Klimek, Inhaberin der Kellerschänke Storcke Stütz in Traben-Trarbach, von Anfang an gestört. "Irgendwann reichte es mir, und ich habe die Aschenbecher weggepackt - noch bevor das Gesetz in Kraft war." Bereut hat sie das nicht. "Es gab keine Probleme, keine Umsatzeinbußen, nichts." In der Gaststätte Zum Dorfkrug in Morbach darf immer noch geraucht werden, und "es hat sich seitdem nichts geändert", sagt Wirtin Christel Stein. Die Nichtraucher besuchen die Gaststätte auch weiterhin: "Unsere Gäste nehmen aufeinander Rücksicht."
Patrick Nau, Mitinhaber der Alten Kanzlei in Bernkastel-Kues, ist mit dem Rauchverbot überhaupt nicht zufrieden. "Nicht wegen des Verbots an sich, aber die Nichtraucher werden deswegen immer radikaler", sagt er. "Sie beschweren sich schon, wenn auf der Terasse im Freien geraucht wird." Das Gesetz in seiner momentanen Form findet er: "Schwammig. Man kann ja in vielen Kneipen trotzdem noch rauchen. Der Sinn des Ganzen wird somit gar nicht erfüllt."Meinung

Siehe da, es funktioniert
Ach, wie riesig war doch die Aufregung! Von der Gefährdung von Existenzen wurde gesprochen, vom Ende der Gemütlichkeit und vom Untergang des Abendlandes sowieso. Das Nichtraucherschutzgesetz wurde emotional derart hochgekocht, man fragte sich, wie andere Länder die Einführung eines solchen jemals überleben konnten. Und jetzt? Im ganzen Kreis ist die Aufregung verpufft, Gäste und Wirte haben sich arrangiert. Eines zeigt diese Entwicklung ganz deutlich: Regelungen zum Schutz der Nichtraucher sind nicht nur notwendig, sie funktionieren auch. Nun müssen die Vorgaben einfacher, muss das Wirrwarr entzerrt werden. Oder wir brauchen gleich ein komplettes Rauchverbot. a.lozina@volksfreund.de

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