Kein Mut trotz Murks

Die Bildung einer neuen Regierung birgt Chancen. Bei Koalitionsverhandlungen können Projekte neu bewertet werden, sie können gestoppt oder modifiziert werden, ohne dass die Partei, die sie vorher vorangetrieben hat, ihr Gesicht verliert.

Bei den Gesprächen zwischen SPD und Grünen in Mainz war man da teilweise mutiger, als viele erwartet hatten, wie das Nachdenken über einen Baustopp für den juristisch durchgefochtenen und begonnenen Bau der B 50 neu und der Hochmoselbrücke zeigt.

Geradezu mutlos wirkt dagegen das, was sich bei der geplanten Kommunalreform abzeichnet. Es geht wohl einfach weiter wie bisher: Kleine Verbandsgemeinden sollen mal schauen, mit wem sie denn fusionieren könnten, und dabei möglichst Kreisgrenzen beachten, obwohl diese im zweiten Reformschritt auch überdacht werden sollen.

Wer sich nicht bewegt, so das vage Drohszenario, könnte zwangsfusioniert werden. So richtig deutlich spricht das aber nach wie vor niemand aus. An der viel zu großen und verwaltungstechnisch völlig ineffektiven Zahl von formal selbstständigen, wenn auch zum großen Teil gar nicht selbstständig lebensfähigen Ortsgemeinden soll sich erst einmal nichts ändern. Diese Eckpunkte waren schon vor der Wahl Murks, aber wenn man jetzt nochmals, obwohl es das schon gab, eine ausführliche Bürgerbeteiligung und eine Enquet-Kommission anstrebt, dann wird das eher noch schlimmer. Denn natürlich wünscht sich jeder selbst für seinen einen Verwaltungsgang pro Jahr ein Rathaus vor der Haustür. Mit effektiver und angesichts schrumpfender Bevölkerung zukunftsorientierter Verwaltung hat das aber nichts zu tun.

Hier wurde eine Chance zur Neuorientierung mit deutlichen Vorgaben und einem kohärenten Konzept, das nicht versucht, das Pferd von hinten aufzuzäumen, vertan.

Der Grund liegt auf der Hand: Anders als Infrastruktur und Umwelt ist die kommunale Verwaltungsreform kein grünes Kernthema, so dass man es sich erspart hat, dieses Fass aufzumachen, obwohl der Inhalt eine unausgegorene Brühe ist.

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