Kein Trend zum Vollzeit-Job

DAUN/GEROLSTEIN/PRÜM/BERNKASTEL-KUES/TRABEN-TRARBACH. Stimmen die Relationen, wenn Verbandsgemeinden mit 6000 oder 8000 Einwohnern einen hauptamtlichen Bürgermeister haben, Städte in ähnlicher Größenordnung aber ehrenamtlich geführt werden? DerTV hat Stadtoberhäupter in der Region Eifel-Mosel befragt.

Sie gehen zu Festen, Geburtstagen, Geschäftseröffnungen; sie leiten Ausschuss- und Ratssitzungen, halten engen Kontakt zur Verwaltung, bieten Bürgersprechstunden an, und "nebenbei" verbringen sie auch noch manche Stunde im Büro, um die "Hausarbeiten" zu erledigen: Die Rede ist von den ehrenamtlichen Bürgermeistern der größeren Städte in den Kreisen Daun, Bitburg-Prüm und Bernkastel-Wittlich. Stellt sich die Frage: Passen die Zeit und Arbeit, die die Stadtoberhäupter aufwenden, noch zum Ehrenamt? Stimmen die Relationen, wenn beispielsweise die Stadt Daun mit mehr als 9000 Einwohnern einen ehrenamtlichen Stadtbürgermeister hat, aber Verbandsgemeinden wie Neumagen-Dhron mit rund 6000 Einwohnern oder Kelberg, Speicher und Kyllburg mit jeweils etwa 8000 Einwohnern von einem hauptamtlichen Bürgermeister geführt werden? "Es ist ein Halbtagsjob", hat Wolfgang Jenssen (SPD), seit 1999 Bürgermeister der Stadt Daun, festgestellt. Wolfgang Port (CDU), im Juni wiedergewählter Stadtbürgermeister von Bernkastel-Kues, hat die Erfahrung gemacht, dass die Kombination Beruf-Ehrenamt bei ihm schon mal für einen 16-Stunden-Tag sorgt. Seine Einschätzung: "Ehrenamtlich ist das eigentlich nicht zu machen.” Er hat schon vor einigen Jahren eine 30-prozentige Freistellung von seinem Arbeitgeber bewirkt, die die Stadt ausgleicht. Karl-Heinz Schwartz (CDU), seit Sommer Stadtbürgermeister von Gerolstein, hat festgestellt: "Vom Zeitaufwand wäre es erforderlich, hauptamtlich aktiv zu sein. Ich bin aber angesichts der dringend erforderlichen Kosteneinsparung dagegen." Auffällig ist, dass die befragten Bürgermeister 50 Jahre und älter und damit keine "jungen Hüpfer" mehr sind, sondern einen beruflichen und familiären Hintergrund haben, der es ihnen erlaubt, das Ehrenamt auszuüben. Für die Prümer Stadtbürgermeisterin Mathilde Weinandy (CDU), seit Sommer im Amt und Befürworterin der Ehrenamtlichkeit, steht fest: "Mit kleinen Kindern wäre die Aufgabe nicht zu bewältigen." Eine wichtige Voraussetzung, die sicher für alle gilt: "Ohne Idealismus und Spaß am Amt geht es nicht", sagt sie. Deshalb klagt sie auch nicht, wenn sie an einem Tag Termine als Landtagsabgeordnete in Mainz und als Stadtbürgermeisterin in Prüm wahrnehmen muss. Sie beziffert ihre durchschnittliche Wochenarbeitszeit als Stadtbürgermeisterin auf 25 bis 30 Stunden, ähnlich ist der Aufwand bei Jenssen. "Ich bin zwar erst drei Monate im Amt, votiere aber eindeutig für die Ehrenamtlichkeit", erklärt Heide Pönnighaus, parteilose Stadtbürgermeisterin von Traben-Trarbach. Und das nicht nur mit Blick auf die knappen Kassen. "Durch die Ehrenamtlichkeit ist die Auswahl für dieses Amt größer und damit die Basisdemokratie besser gewahrt", erklärt die 58-Jährige. Von den Verbandsgemeinden mit betreut zu werden, ist für die Stadtbürgermeister offenbar kein Problem. "Für mich ist die Situation zufriedenstellend. Ich habe Unterstützung in der Verwaltung, fühle mich nicht bevormundet, und wir pflegen ein gutes Miteinander", sagt Weinandy. "Bei der derzeitigen Gemeindestruktur bin ich nicht für die Hauptamtlichkeit der Stadtbürgermeister", erklärt Jenssen. "Ich bin eher für eine Gemeindereform, die die Verbandsgemeinden zu echten Gemeinden umgestaltet. Bei einer Reform sollte die Verbandsgemeinde-Ebene wegfallen. Dafür müssen jedoch die Gemeinden zu sinnvollen Größenordnungen zusammengeschlossen werden - wie in Nordrhein-Westfalen."

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