Keine K.-o.-Tropfen bei Opfer nachgewiesen

Bernkastel-Kues · Auch der zweite Verhandlungstag im Vergewaltigungsprozess vor dem Amtsgericht Bernkastel-Kues ist ohne Urteil zu Ende gegangen. Ob der 31-jährige Angeklagte die 21-Jährige auf dem Traben-Trarbacher Weinfest 2009 sexuell missbraucht hatte, konnte auch ein Gutachter nicht klären.

Bernkastel-Kues. Die Beweisaufnahme ist abgeschlossen. Auch das Gutachten von Rechtsmediziner Reinhard Urban aus Mainz brachte nicht viel Licht ins Dunkel. Ein Urteil im Vergewaltigungsprozess konnte Richter Oliver Emmer nicht fällen. Die Staatsanwaltschaft wirft einem 31-Jährigen aus dem Kreis Bernkastel-Wittlich vor, 2009 auf dem Weinfest in Traben-Trarbach eine damals 19-Jährige aus dem Eifelkreis Bitburg-Prüm sexuell missbraucht zu haben.
Widersprüchlich fielen die Zeugenaussagen aus. Mal soll das Opfer in dieser Nacht lediglich angeheitert gewesen, mal völlig neben sich gewesen sein. Nach eigenen Angaben habe sie an diesem Abend fünf bis sechs Gläser Wein getrunken, bis ihre Erinnerungen aussetzten. Zeugen berichten, sie sei zu späterer Stunde in der nahegelegenen Disco völlig apathisch und nicht ansprechbar gewesen. An diesen Zeitpunkt kann sich die junge Frau nicht mehr erinnern. Ihr Filmriss beginnt auf dem Festplatz des Weinfestes, als sie noch in Begleitung des Angeklagten war.
Eindeutig fällt hingegen das chemisch-toxikologische Gutachten von Rechtsmediziner Urban aus. Weder im Urin noch im Blut des Opfers konnten Rückstände von K.-o.-Tropfen gefunden werden. Trotzdem schloss der Gutachter keineswegs aus, dass der jungen Frau eine solche Substanz verabreicht wurde (siehe Extra). Denn unter erheblichem Alkoholeinfluss stellen sich motorische Störungen beim Menschen ein - Torkeln, Lallen. Auch Erinnerungslücken können beim Vollrausch auftreten. Ähnlich zeigt sich der Zustand bei K.-o.-Tropfen, mit dem Unterschied, dass die Person unsinniges Zeug redet, apathisch ist und willenlos reagiert, je nach Dosis. Die motorischen Störungen seien bei K.-o.-Tropfen nicht so stark ausgeprägt wie beim Alkoholrausch. Dafür trete unter Umständen ein Erinnerungsverlust von mehreren Stunden auf. Dies passe zu den Schilderungen über den Zustand der Frau, die die Zeugen gemacht hatten, erklärte Urban. Von einem Vollrausch nebst Filmriss durch Alkohol geht er nicht aus. Dazu hätte die junge Frau vor ihren letzten Erinnerungen Unmengen an Wein oder Schnaps auf einen Schlag trinken müssen. Er hatte eine Blutalkoholkonzentration von 0,7 Promille errechnet, die die Frau zum Tatzeitpunkt gehabt habe.
Ulrike Karren Derber, Psychotherapeutin aus Trier, bei der die 21-Jährige in Behandlung war, hält die junge Frau für glaubwürdig. "Sie war wie eingefroren und in einem erbärmlichen Zustand." Sie leide unter posttraumatischen Angstzuständen. Die Urteilsverkündung ist am kommenden Freitag, 25. November.Extra

Der Nachweis von K.-o.-Tropfen ist schwierig, da sie im Blut nur bis zu sieben Stunden, im Urin bis zu 14 Stunden nachweisbar sind. Der Stoff Gamma-Hydroxy-Buttersäure ist auch als Partydroge Liquid Ecstasy bekannt, der enthemmend wirkt. Die Wirkung setzt innerhalb 30 Minuten ein. uq

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