Keine Kunden, keine Nachfrage, kein Angebot

Wittlich · Ein Jahrzehnt: So lange steht die ehemalige Landeszentralbank in der Wittlicher Beethovenstraße leer. Immer noch sucht die Deutsche Bundesbank nach einem Käufer für den Zweckbau und drei dazugehörende Einfamilienhäuser. Inzwischen ist auch der Abriss ein Thema.

Wittlich. Die ehemalige Landeszentralbank in Wittlich: Ein Ort, an dem die Zeit stehengeblieben ist, zumindest auf den ersten Blick. Ein paar Schreibtische stehen noch in den großen, hellen Büroräumen. Die Telefone aber sind längst ausgestöpselt. Auch die alte Rohrpostanlage ist nicht mehr in Betrieb. Seit zehn Jahren hat hier niemand mehr gearbeitet, kein Kunde mehr das Gebäude betreten. Natürlich gibt es in dem Gebäude, in dessen Tresor früher zig Millionen D-Mark lagerten, keine Geldscheine mehr.
Automatisierte Geldmaschinen


Erbaut wurde die ehemalige Landeszentralbank 1985 für zehn Millionen Mark. 2003 wurde sie geschlossen. Ein Jahr zuvor muss noch reger Betrieb an der Kundenkasse geherrscht haben, als viele Wittlicher ihre Mark in Euro umtauschten. Hauptsächlich war das Gebäude aber Ziel von Geldtransportern, mit denen die Banken ihr Bares nach Wittlich bringen ließen. Die Landeszentralbank muss früher eher den Charakter einer kleinen Werk- und Industriehalle als den einer Bank gehabt haben. Nur nachts herrschte Stille. Dann lagerten die Millionen hinter massiven Türen im Tresorraum. Heute sichert der Tresor nichts mehr. Vollgestopft mit alten Gitterwagen sieht er beinahe aus wie ein gewöhnlicher Lagerraum.
Architekt und Bundesbankdirektor Andreas Diekmann ist einer der Menschen bei der Deutschen Bundesbank, die seit zehn Jahren das Wittlicher Gebäude an den Mann zu bringen versuchen.
Dass die Bank geschlossen werden musste, hing mit einer Reform des Bundesbankgesetzes von 2002 zusammen. "Die Landeszentralbanken verloren ihre Eigenständigkeit, das große Zweigstellensterben ging los", erzählt er. Seitdem wurden etliche Filialen im Bundesgebiet veräußert. Viele hätten eine andere Nutzung gefunden, als "Synagoge, Rechenzentrum, Musikschule", sagt er. Nur die Wittlicher will keiner.
"An unserer Kaufpreisvorstellung liegt das sicher nicht", sagt Diekmann. Der einstige Preis von 890 000 Euro ist längst Vergangenheit. Heute gilt das offene Gebot. "Mittlerweile können wir uns alles vorstellen." Doch wer die ehemalige Landeszentralbank kauft, zahlt mehr als nur den eigentlichen Kaufpreis. 26 134,62 Euro im Jahr gehen aktuell als Erbbauzins an die katholische Kirchengemeinde St. Markus. Und zwar bis 2079. So lange gehört ihr das Grundstück noch.
Und das ist nicht alles: Der potenzielle Käufer muss sich mit Einschränkungen hinsichtlich der Nutzung abfinden. So wehre sich die katholische Kirche gegen eine Nutzung als Vergnügungsstätte, sagt Diekmann. Die Stadt wiederum wolle nicht, dass sich Gewerbe ansiedelt, weil das Gebäude mitten im Wohngebiet steht.
Nur zehn Angebote



Etwa "zwei Hände voll Angebote" hätte es in den letzten zehn Jahren gegeben. Zu einem Kaufvertrag ist es aber nie gekommen. Behörden hätten an dem Gebäude nie Interesse gezeigt, erklärt Diekmann. Die Stadt hat sich allerdings mehrfach mit dem Gebäude beschäftigt: Es wurde geprüft, ob man es als Stadthalle, Verwaltungsgebäude oder für kulturelle Zwecke nutzen könne. Doch es hieß, die Stadt habe kein Geld für Kauf, Umbau oder Unterhalt.
Der Unterhalt des Gebäudes und die Entrichtung des Erbbauzinses kostet auch die Bundesbank eine Stange Geld. So langsam sei man mit der Bereitschaft, Geduld zu zeigen, am Ende, sagt Diekmann. "Wir prüfen im Moment, das Gebäude abzureißen." Nur das Grundstück, so der Gedanke, könnte für Investoren von größerem Interesse sein. Doch der Abriss, das merkt man Diekmann an, wäre wohl der letzte Ausweg. Er ist überzeugt: "Wir müssten eben jemanden finden, der den Tresor gebrauchen kann. Einen Kunstsammler zum Beispiel. Der hätte hier den sichersten Platz der Welt für seine Schätze."
Die Landeszentralbank birgt aber noch eine weitere Besonderheit: den Schutzraum, der sich im Keller befindet, mit eigener Lüftungsanlage, Stromerzeugung und Abwasser- und Brunnenpumpe, zitronengelbem Boden und Rohren an der Decke. Handyempfang hat man nicht, die Telefonanlage funktioniert aber noch. Zu dem Bau gehören noch drei Reihenhäuser hinter dem Gebäude, die ebenfalls leer stehen. Grünflächen, 21 Stell- und drei Garagenplätze finden sich ebenfalls auf dem insgesamt 5631 Quadratmeter großen Gelände.
Im Schnitt arbeiteten früher 30 Menschen in der Landeszentralbank, sagt Diekmann. "Zu Hochzeiten waren es bis zu 60 Leute." Heute sieht einmal in der Woche ein Hausmeister nach dem Rechten. Und doch: Der Zahn der Zeit nagt an dem Flachbau.
Gearbeitet wurde in dem riesigen Ex-Geldspeicher nicht mal 20 Jahre. Zehn steht er jetzt schon verlassen in der Wittlicher Beethovenstraße. Wenn sich nicht doch noch ein Investor meldet, sind die Tage der ehemaligen Landeszentralbank vielleicht schon bald gezählt.

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