Kindergarten genießt oberste Priorität

An kritischen Stimmen fehlte es nicht bei der Haushaltsberatung des Minheimer Gemeinderates, der den ersten Doppik-Plan der Verbandsgemeinde Neumagen-Dhron auf den Weg brachte.

Minheim. Die Mienen der Minheimer Ratsmitglieder sprechen Bände. Ein wenig dünner dürfte es ja schon sein, das Papierpaket mit dem aktuellen Haushaltsplan der Gemeinde. Es braucht seine Zeit, bis sich alle grob eingelesen haben in den ersten "Doppik"-Haushalt ((Doppelte Buchführung in Konten) der Verbandsgemeinde. Nicht nur für die Zahlen des Kindergartenumbaus müssen die Räte ständig vor- und zurückblättern. Das 300 000 Euro teure Projekt (der TV berichtete) wird die Gemeinde 2009 noch rund 150 000 Euro kosten. Der Kreis beteiligt sich mit 80 000 Euro, das Land mit 24 000 Euro und Kesten, dessen Kinder seit Jahrzehnten den Kindergarten besuchen, mit voraussichtlich um die 30 000 Euro.

Alle anderen Vorhaben im Ort müssen daher derzeit zurückstehen. So etwa ein Weinlehrpfad, für den der Tourismusausschuss ein Konzept erarbeitet hat. Die Bitte von Ratsmitglied Andreas Bollig, das Projekt mit aufzunehmen, scheitert nicht zuletzt an der Doppik. Er habe den Pfad bewusst nicht aufgenommen, verweist Kämmerer Edmund Gansen auf noch fehlende konkrete Zahlen. Die Doppik verlange schon in einem solch frühen Stadium genaue Angaben zu Kosten, Zuschüssen und Finanzierung. Die Ratsmehrheit will das mit 20 000 Euro kalkulierte Vorhaben jedoch zurückstellen. Der Rat habe erst kürzlich oberste Priorität für den Kindergarten beschlossen, erinnert Ortsbürgermeister Werner Mertes.

Abschreibungen engen freie Finanzspitze ein



Bolligs Hinweis auf die freie Finanzspitze von 4369 Euro (8869 Euro Überschuss abzüglich 4500 Euro Kredittilgung), stimmt niemanden um. Schließlich ist zu erwarten, dass durch einen Kredit daraus minus 631 Euro werden. Außerdem ist die Gemeinde mit rund 196 000 Euro verschuldet, was sich durch den Kindergarten um etwa 200 000 Euro erhöhen wird. Daher bringt der Rat den Haushaltsplan mit sieben Ja-Stimmen und vier Enthaltungen auf den Weg.

Gemeindechef Mertes sieht mit der Doppik ein Problem auf die Gemeinde zukommen. Für Bürger, die mitwirken wollten in der Kommunalpolitik, sei das "erschlagend". Laut Gansen hat sich die Verwaltung aber nur an die Vorschriften gehalten. Dass die "doppische" Haushaltsführung andernorts schon als "deppisch" bezeichnet werde, wie er erzählt, liege aber weniger an der Optik als an der Aussagekraft. Als Beispiel nennt Gansen die von den Abschreibungen "eingeengte" freie Finanzspitze. Bisher habe diese immer eine Aussagekraft gehabt wie zur Kreditwürdigkeit einer Kommune. Abschreibungen machten zudem zwar Sinn in Betrieben, die vom Finanzamt Geld zurück erhielten. Bei Kommunen sei das aber nicht der Fall, und sie könnten ihre Gebühren etwa für Gemeindehäuser und Friedhöfe auch nicht gewinnorientiert festsetzen. Das Hauptproblem sieht er jedoch darin, dass die Abschreibungen das Eigenkapital der Kommunen aufzehrten. "Ich bin gespannt, wann die ersten sagen, es läuft nichts mehr, es ist kein Geld mehr da, wir sind insolvent." Dem Land könne das nicht passieren im Gegensatz zu den Kommunen, denen man die Doppik aufgedrückt habe. Mainz halte wie Berlin weiter fest am altbewährten System der "Kameralistik".

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