Kleine Stars proben für ihren großen Auftritt
Thalfang · Von der Trapeznummer bis zur Leiterakrobatik: Die Kinder der Grundschule Thalfang proben für ihren großen Auftritt beim Zirkus Dobbelino. Die beiden Vorstellungen im bunten Zelt vor der Schule sind bereits ausverkauft.
Thalfang. Mit einem großen Schwung erklimmt Nina Beicht das Trapez im Zirkuszelt. Langsam richtet die Neunjährige sich auf der Stange auf. Dann schlängelt sie ihr Bein um das Halteseil, lehnt sich nach vorn und streckt ihre Hand zu den Sternen unter dem Dach des Zirkuszelts. "Toll gemacht", sagt Tamara Michels. Die 20-Jährige aus Züsch macht ein Freiwilliges Soziales Jahr bei der Grundschule Thalfang. In dieser Woche hat sie eine ungewöhnliche Aufgabe: Sie gibt Hilfestellung bei der Vorbereitung einer Trapeznummer. Ein Trapez in einer Grundschule? Wie kommt denn das dorthin? Der Zirkus Dobbelino hat das Trapez mitgebracht - zusammen mit einem großen, bunten Zirkuszelt. Das steht jetzt auf der Wiese hinter der Thalfanger Grundschule.Neun verschiedene Nummern
Das Besondere am Zirkus Dobbelino: Die Stars in der Manege werden die 144 Kinder der Schule sein. Eine Woche lange studieren sie im Zirkuszelt und in der Turnhalle eine Artistenschau ein. Und auch eine Kindergartengruppe aus der benachbarten Kita wird dabei einen Gastauftritt haben.
Angeleitet werden sie dabei von echten Zirkuskünstlern. Am Freitag heißt es dann: "Manege frei!" In zwei Vorstellungen präsentieren die Kinder dann ihr Können am Trapez, auf Laufkugeln, mit Tellern und Bällen und vielem mehr (siehe Extra). "Auch eine Raubtierschau mit nicht ganz echten Tigern wird es geben", sagt Schulrektorin Nicole Schiffmann augenzwinkernd. "Alle sind beteiligt, alle präsentieren eine Nummer - und am Ende gibt es Applaus für jeden."
Seit September vergangenen Jahres ist der Förderverein der Grundschule mit der Planung der großen Vorstellungen beschäftigt - und damit, Sponsoren zu gewinnen. 9000 Euro hat das Zirkus-Engagement gekostet.
Die ungewöhnliche Aktion kommt gut an: "Beide Vorstellungen sind schon ausverkauft", sagt Rektorin Schiffmann. Die insgesamt 800 Karten waren schnell vergriffen. Aus neun verschiedenen Zirkusnummern konnten sich die Kinder eine aussuchen, die sie selber lernen möchten. Jetzt wird hart trainiert. "Da macht manch kleine Maus einem Größeren einiges vor", sagt Schiffmann. Die Effekte seien verblüffend: "Der Junge, der im Unterricht nicht redet, erklärt auf einmal den anderen, wie man jongliert."Wirgefühl wird gestärkt
In der Schulturnhalle hat sich das Wirgefühl schon ausgebreitet. In sieben verschiedenen Gruppen üben die Schüler ihre Nummern ein, die Seiltänzer in der einen Ecke, die Leiterakrobaten in der anderen. "Kommt, wir versuchen es mal zu viert", spornt der zehn-jährige Leon Eibes seine Mitstreiter am Springseil an. Und tatsächlich: Nach nur wenigen Versuchen springen alle vier in einem Rutsch über die Schnur.
Immer dabei sind Klassenlehrer, Freiwillige, Eltern - und natürlich die echten Artisten des Zirkus Dobbelino. Die gehen von Gruppe zu Gruppe, geben Tipps und motivieren den Nachwuchs, wenn der neue Trick mal nicht beim ersten Versuch klappt.
"Wir bewegen für eine Woche die ganze Schule", sagt Zirkusdirektor Roman von Dobbeler. Es gehe darum, den Kindern Spaß mit der Bewegung zu vermitteln. "Aber im Unterschied zum Sport ist eine Zirkusnummer kein Wettkampf." Dadurch würden auch diejenigen erreicht, die im Sportunterricht nicht hervorstechen. "Über den Applaus nach der Vorstellung freuen sich alle."
Von Dobbeler brachte sich mit 16 Jahren selbst das Jonglieren, den Seiltanz und das Einradfahren bei.Die ganze Schule wird bewegt
Nach einem Studium der Sozialpädagogik hat der gebürtige Mainzer sich einen Traum verwirklicht: "Mir war immer klar: Ich will Zirkuspädagoge werden." Jetzt betreibt er in Braunschweig eine eigene Zirkusschule für Kinder. Und zudem zieht er mit dem Zirkus Dobbelino durch die Lande. Gemeinsam mit den drei anderen Artisten wohnt er dafür eine Woche "ganz klassisch" in einem Wohnwagen neben dem Zirkuszelt. "Da legen wir Wert drauf", sagt er schmunzelnd.
Der 40-Jährige ist von den Thalfangern begeistert. "Es ist ein echtes Gemeinschaftserlebnis", erzählt er. "Alle ziehen an einem Strang, auch das Kollegium und die Eltern." Bei strömenden Regen waren am vergangenen Sonntag 25 Väter zur Stelle und halfen, das Zirkuszelt aufzubauen.
Darin balanciert jetzt Jan-Philipp Enad auf einem großen blauen Ball. "Ich finde das toll, das macht irre Spaß", sagt der Zehnjährige aus Talling. "Diese Nummer wollte ich unbedingt ausprobieren. Und wie man sieht, bin ich auch gut darin."Extra
Echte Artisten aus Thalfang: Die Kinder aus Thalfang führen in ihrer Zirkusschau viele verschiedene Nummern auf: Sie laufen auf großen Laufkugeln, balancieren auf einem Seil, schaukeln am Trapez oder jonglieren. Außerdem gibt es Fakire, die sich auf Nagelbretter legen oder über Glasscherben laufen (nicht zuhause ausprobieren!). Tellerdreher wirbeln Essgeschirr durch die Luft, Turner springen mit einem Trampolin über ein Feuer und Seilspringer zeigen, was man Verrücktes mit einem normalen Seil anstellen kann. Innerhalb von nur einer Woche haben die Thalfanger Kinder das gelernt - toll, was alles in einem steckt, oder? sen
