"Kleiner" Bruder mit großen Taten

KELBERG-ROTHENBACH-MEISENTHAL. Von wegen Ruhestand: Als der Polier Paul Emmerichs in Rente ging, renovierte er sein Elternhaus im Kelberger Ortsteil Rothenbach-Meisenthal und verwandelte den 300 Jahre alten Bauernhof in ein wahres Schmuckstück.

"Owe Krämesch" ist der Hausname des Anwesens im Mühlenweg 3. "Owe" bedeutet "oben" und "Krämesch" ist "Krämer". Ob diese Bezeichnung auf einen Familiennamen oder eine Berufsbezeichnung zurückgeht, hat Paul Emmerichs bis heute nicht herausfinden können. Und ob das Haus tatsächlich - wie er vermutet - von seinen Vorfahren erbaut wurde, steht auch nicht definitiv fest. Selbst das Baujahr ist nur zu erahnen. Denn da das auf das Jahr 1680 datierte Nachbarhaus seinem eigenen in Baustil und Bauweise sehr ähnlich ist, geht Paul Emmerichs mit gutem Grund davon aus, dass auch sein Haus mehr als 300 Jahre alt ist. Dass sein Großvater väterlicherseits schon in dem Haus geboren wurde, dass seine Eltern Nikolaus und Gertrud Emmerichs hier 1920 ihren Hausstand und ihre Familie gründeten, ist zweifelsfrei. Und hier kam Paul Emmerichs im Frühjahr 1939 als jüngstes von sieben Kindern zur Welt; ein halbes Jahr später starb sein Vater. Nach dem Auszug der Geschwister und dem Tod der Mutter lebten schließlich er und seine älteste Schwester Maria allein in dem Haus. 1980 heiratete Paul Emmerichs seine Frau Irene und zog ins zwölf Kilometer entfernte Kolverath. Nun blieb das Meisenthaler Elternhaus gut zwei Jahrzehnte von seiner Schwester allein bewohnt. Kaum verunstaltet durch unsensible Modernisierung

Als Maria Emmerichs 2001 starb, war ihr "kleiner" Bruder gerade in Rente. "Ich hatte Zeit und Lust das Haus zu renovieren", erzählt Paul Emmerichs im Gespräch mit dem Trierischen Volksfreund. "Und von meinem Beruf her ja auch die nötigen Kenntnisse", ergänzt er. Die Bausubstanz war durchaus akzeptabel, und der Bauernhof war auch nicht allzu sehr durch unsensible Modernisierung verunstaltet. Es war immer darauf geachtet worden, dass das Dach dicht und die Entwässerung in Ordnung war. Dass sich die in der Eifel in den 60er-Jahren beliebte Eternit-Verkleidung auch an seinem Haus befand, sieht Paul Emmerichs zwar als bedauerlich an. "Allerdings war dadurch ja nichts zerstört und unwiederbringlich verloren gegangen", erklärt er. Er beseitigte kurzerhand den ganzen "Plunder", und zum Vorschein kam, was dem Haus heute seine besondere Ausstrahlung verleiht: schwere Eichenbalken, dekoratives Fachwerk. Emmerichs entkernte das Haus, legte das Fachwerk innen und außen frei und trug einen Mineralputz auf. Er stellte die ursprüngliche Größe der Flurküche wieder her, baute einen Kachelofen und eine Ölzentralheizung ein, beizte die Treppe ab: "Das war Arbeit noch und nöcher!" Jetzt sind in den Wohn- und Schlafräumen schöne Holzdielenböden und in der Küche Fliesen nach Art der früheren Bruchsteinplatten. Die Sprossenfenster sind aus Holz, die Haustür hat ein Schreiner nach dem Vorbild, das auf einem alten Foto zu sehen ist, gearbeitet. Fensterrahmen, Haustür und sämtliche Türen und Tore an Stall und Scheune sind tannengrün - das passt und sieht gut aus. Eine Besonderheit ist der Keller: nicht der übliche "Kriechkeller", sondern mit Stehhöhe und Wänden aus Bruchstein. Einziger Wermutstropfen ist noch das Dach mit seinem Mix aus Kunstschiefer, Blech und Welleternit. Paul Emmerichs hat das auf einem 900 Quadratmeter großen Grundstück frei stehende Gebäude sorgfältig und liebevoll restauriert. Trotzdem tragen der 67-Jährige und seine Frau sich mit dem Gedanken, es zu verkaufen. Das Ehepaar wohnt im eigenen Haus in Kolverath, und eine Vermietung halten sie nicht für sinnvoll. "Wir geben es aber nur in gute Hände", betonen Paul und Irene Emmerichs. "In Stall und Scheune könnte man vielleicht ein Atelier oder eine Werkstatt einrichten", meinen sie. VERLIEBT IN ALTE STEINE: Gerne wollen wir Sie in weitere Wohnhäuser entführen, die wahre Denkmäler sind. Wir wollen Ihnen Menschen vorstellen, die in oft jahrelanger Arbeit ein altes Gemäuer renovieren und über Freud und Leid des Altbau-Wohnens sprechen. KONTAKT: Leben Sie in einem denkmalgeschützten Haus und haben Lust, uns über Ihre Motivation zu dieser Wohnweise zu erzählen? Dann mailen Sie uns ein paar Stichworte an eifel@volksfreund.de. Wir freuen uns.

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