Forschung Moderner Weinbau im Wingert - Warum demnächst Roboter übernehmen könnten

Bernkastel-Kues · Drohnen, Infrarot-Kameras, Ernteroboter - für den Weinbau der Zukunft gibt es zahlreiche Ideen. Das unterstützt die Bundesregierung mit einem Millionenbetrag. Warum künstliche Intelligenz im Weinberg viele Vorteile hat.

 Matthias Porten vom DLR in Bernkastel-Kues ist am Projekt beteiligt. Foto: Hans-Peter Linz

Matthias Porten vom DLR in Bernkastel-Kues ist am Projekt beteiligt. Foto: Hans-Peter Linz

Foto: TV/Hans-Peter LInz

Drohnen überwachen den Weinberg und melden, welche Rebstöcke möglicherweise von Schädlingen befallen sind. Sie fotografieren das Areal mit Infrarot-Kameras, womit die Erwärmung genau gemessen werden kann. Mit Sensoren werden die unterschiedlichsten Daten ermittelt und analysiert. Der Winzer braucht nur auf sein Smartphone zu schauen und kann dann entscheiden, ob er eine Spritz-Drohne starten lassen will, die nur die lokal befallenen Rebstöcke mit einem umweltfreundlichen Mittel besprüht, um die Schädlinge zu vertreiben.

Projekt „Smarter Weinberg“ gestartet

Im Herbst fahren dann Ernteroboter durch den Weinberg und lesen vollautomatisch. Vor dem Keltern werden die Trauben wiederum von einem Analyse-Roboter untersucht, der in Sekundenbruchteilen jede einzelne Traube fotografiert und auf ihre Qualität prüft. Minderwertige Trauben werden ausgefiltert, um die Qualität zu steigern. Ist das noch Zukunftsmusik? Keineswegs.

Wissenschaftler an der Mosel haben das Projekt „Smarter Weinberg“ gestartet, das unter anderem von der Universität in Koblenz (Fachbereich Informatik) und dem Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Mosel in Bernkastel-Kues getragen wird.

 Der geschäftsführende Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Andreas Scheuer, überreichte unlängst einen Bewilligungsbescheid über 3,7 Millionen Euro an Landrat Manfred Schnur vom Kreis Cochem-Zell und Dr. Maria Wimmer von der Universität in Koblenz zur Förderung des Projekts. Es gehört zu 14 Projekten, die im Rahmen des 5G-Wettbewerbs des Bundesministeriums unterstützt werden.

Neben  Wimmer zählt auch Dr. Matthias Porten vom DLR Mosel zu den Initiatoren des Projekts. Porten: „Wir arbeiten massiv an der Mechanisierung im Weinberg, um Ressourcen zu schonen. Wir kommen hin zu einem Präzisionsweinbau, der auch die Biodiversität fördert.“ Damit werde auch dem Personalmangel im Weinbau entgegengewirkt.

Weitere Partner des Projekts sind Clemens Technologies Wittlich, die sich auf Gerätetechnik und Weinbaumanagement spezialisiert haben, die Softwarefirma V&R Vision & Robotics Koblenz und aeroDCS Koblenz, ein Unternehmen, das sich auf Fernerkundung mit Drohnen spezialisiert hat. Kooperierende Weingüter im Anbaugebiet Burg Cochem, das die Terrassenmosel von Koblenz bis Zell umfasst, sind das Weingut Kilian Franzen in Bremm und das Weingut F. J. Weis in Zell an der Mosel.

Arbeit im Weinberg soll durch Digitalisierung erleichtert werden

Wie das Konsortium mitteilt, soll durch das Projekt Smarter Weinberg mithilfe von 5G, der fünften Generation des Mobilfunknetzes, die Arbeit der Winzer in den Steil- und Steilstlagen der Reb-Anbauflächen im Anbaugebiet Burg Cochem durch zukunftsfähige Automatisierung und innovative Technologien erleichtert werden. Dazu gehören Künstliche Intelligenz, Internet of Things, Bilderkennung, Robotik und Big Data Analytics.

Mit diesen Techniken, die erst durch die hohe Datenrate der 5G-Übertragung möglich sind, sollen dem stetigen Rückgang dieser Anbauflächen entgegengewirkt und die Kulturlandschaft an der Mosel erhalten werden. Eine intelligente Nachnutzung der gesammelten Daten über eine zentrale Datenplattform kann die Winzerbetriebe zusätzlich unterstützen.

 Zudem sollen die regionalen Winzerbetriebe, die die Terrassen an der Mosel bisher überwiegend in Handarbeit bewirtschaften, gestärkt und eine ökologischere, nachhaltige wie auch sicherere Bewirtschaftung der Steil-/Steilstlagen im Weinbau ermöglicht werden. Gerade jährlich wiederkehrende Arbeiten wie Bodenbewirtschaftung, Entlaubung und Spritzen zählen zu den zeitintensivsten Arbeiten im Steillagenweinbau.

 Die Partner im Projekt „Smarter Weinberg“ erstellen webbasierte Anwendungen für Winzerbetriebe, die wiederkehrende Tätigkeiten der Bodenbearbeitung, des Entlaubens und des Spritzens im Weinberg mithilfe der Technologien automatisieren. Entwickelt wird zunächst ein Kombinationsgerät mit Raupenantrieb zur Bodenbearbeitung, Laubbearbeitung und Ausbringung von Spritzmitteln für Steil-/Steilstlagen. In weiteren Ausbaustufen sind Spritz- und Inspektionsdrohnen sowie Geräteträger mit alternativer Fortbewegung für extreme Steillagen vorgesehen.

Mithilfe intelligent vernetzter Sensoren und Multispektralkameras werden im Weinberg relevante Daten wie Klimadaten oder Zustandsdaten der Reben erhoben. Diese werten die Wissenschaftler anschließend in einer zentralen Datenplattform an der Universität in Koblenz aus. Das Kombinationsgerät oder die Drohne wird daraufhin in Echtzeit zur (teil)autonomen Bearbeitung im Weinberg angesteuert. Mit den geplanten Anwendungen wird die 5G-Mobilfunktechnologie in Europas steilsten Weinbergen erprobt. 

Ergebnisse können bei der Klimaforschung helfen

 Die gesammelten Daten sind schlussendlich eine Fundgrube für Klimaforscher, Winzer und weitere Behörden. Sie können zum Beispiel Behörden dienen, die regelmäßige Berichte fertigen müssen, aber auch den Winzern bei ihrer Produktvermarktung. Datenschutzrechtlich unbedenkliche Daten werden zu Forschungszwecken beispielsweise von Klimaveränderungen oder Auswirkungen reduzierter Spritzgutausbringung auf Fauna und Flora bereitgestellt.

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