Klingender Weinkeller

TRABEN-TRARBACH. "Die Chinesen kommen" titelte unlängst eine Frankfurter Zeitung; bis 2020 soll es 100 Millionen Touristen aus dem Reich der Mitte geben. In Traben-Trarbach machte jetzt eine 17-köpfige Delegation aus Nordost-China den Auftakt. Im Weingut Friedrich Storck erfuhr sie viel über Wein und wie er richtig genossen wird.

Rein dienstlich führte die Reise 16 Herren und eine Dame aus dem fernen Osten nach Europa. Sie sind Mitarbeiter der Gansu Airport Group Ltd., die mit dem Flughafen Frankfurt zusammen arbeitet. Doch Dienst ist trocken, und so lockte die Mosel mit ihren exzellenten Weinen auch die Chinesen und ihre beiden Dolmetscher. Der Abstecher nach Traben-Trarbach wurde ein voller Erfolg, und mit viel Wissen und einigen Flaschen Wein im Gepäck reiste die Gruppe wieder ab. Doch zunächst hieß es, die Weinlage Trarbacher Taubenhaus zu erklimmen, von der sich ein prächtiger Blick über das Städtchen eröffnet. 26 Millionen Menschen leben in der Provinz Gansu mit ihrer Hauptstadt Lantschou, aus der die Chinesen angereist waren. Deutlich kleiner und viel überschaubarer präsentierte sich da Traben-Trarbach. Im Taubenhaus erfuhren die Gäste alles über den modernen Steillagenweinbau, und Stadtführer Richard Ochs gab einen kurzen Abriss über die Geschichte der Stadt an der Mittelmosel.Chinesische Schriftzeichen auf der Weinprobenfolge

Es folgte der freudig erwartete Abstieg in den Weinkeller, wo Stadtbürgermeisterin Heide Pönnighaus die Gäste begrüßte und zu deren Erstaunen berichtete, dass Vorfahren von ihr in China als Missionare tätig gewesen seien und ihr Großvater dort sogar begraben liege. Peter Storck räumte ein, dass er mit den Trinkgewohnheiten der Chinesen wenig vertraut sei. "Ich habe zuerst der Frau eingeschenkt, und das war völlig verkehrt", amüsiert er sich noch im Nachhinein. Der wichtigste Mann ist der Chef, "er genießt eine uneingeschränkte Autorität" und ihm gebühre immer der erste Schluck. Mit dem japanischen "Kampai" für "Prost" wollte Storck mit seinen Gästen anstoßen, doch dann schluckte er. Die Chinesen setzten die Gläser an, und auf "ex" waren sie leer. Die Lösung lieferte der Dolmetscher: Das ähnlich klingende chinesische Wort "kampeh" bedeutet, die Gläser in einem Zuge auszutrinken. Der Winzermeister wurde zum Missionar im Weinkeller, und die Gäste aus dem fernen China erfuhren, wie ein fruchtiger Moselwein richtig verkostet und genussvoll getrunken wird. Alle Geschmacksrichtungen von trocken bis zur edelsüßen Auslese wurden ihnen kredenzt, und Peter und Cornelia Storck überraschten ihre Gäste mit chinesischen Schriftzeichen auf der Weinprobenfolge. Hier hatte ein Mitarbeiter des Trabener Chinarestaurants geholfen und die Charakterisierung der einzelnen Weine in seine Landessprache übersetzt. Besondere Freude hatten die Chinesen am Anstoßen. "Das kannten sie nicht", erzählt Peter Storck und schwärmt: "Das war ein Klingen im Weinkeller. Alle haben gut getrunken, und es ging hoch her", freut er sich und hofft, dass die Gäste bei ihrer Rückkehr nach China ihren Landsleuten vom Moselwein und der schönen Landschaft, in der er heranwächst, vorschwärmen werden.

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