Kochen, putzen, Hühner schlachten - Sechs Frauen erinnern sich an die Morbacher Winterschule, die auf Ehe und Familie vorbeiten sollte

Morbach · Die Familie bekochen, den Garten pflegen, die Kinder erziehen und Hühner schlachten. All das lernten die Schülerinnen der Morbacher Winterschule bis 1993. Die Ausbildung war damals so begehrt, dass es sogar Wartelisten gab. Ehemalige Schülerinnen und eine Lehrerin haben sich getroffen und sich an diese Zeit erinnert.

 Ein Foto (links), das an alte Zeiten erinnert: Die Mädchen des Jahrgangs 1958/1959 der Morbacher Winterschule. Auch sie haben damals dort Hauswirtschaft gelernt (rechts): Erika Faller, Christine Scholz, Helma Ritgen, Ursula Schuster, Gerlind Schniesko und Edith Baumgart. TV-Fotos (2): Christoph Strouvelle/privat

Ein Foto (links), das an alte Zeiten erinnert: Die Mädchen des Jahrgangs 1958/1959 der Morbacher Winterschule. Auch sie haben damals dort Hauswirtschaft gelernt (rechts): Erika Faller, Christine Scholz, Helma Ritgen, Ursula Schuster, Gerlind Schniesko und Edith Baumgart. TV-Fotos (2): Christoph Strouvelle/privat

Foto: Christoph Strouvelle (cst) ("TV-Upload Strouvelle"

Morbach. Die sechs Frauen schwelgen im Morbacher Haus der Begegnung in Erinnerungen. Ihr Gesprächsstoff: Der Unterricht in der Winterschule, die in diesem Gebäude bis 1993 eingerichtet war. "Dort, wo heute das Telefonmuseum ist, waren die Jungen untergebracht, im anderen Teil die Mädchen", erinnert sich Christine Scholz aus Thalfang. Sie hat wie einst viele andere junge Frauen die sogenannte Winterschule besucht.
Von November bis März, außerhalb der landwirtschaftlichen Saison, wurden bis zu 24 Mädchen in Hauswirtschaft, Gartenbau oder Säuglingspflege unterrichtet. "Wie putze ich Fenster und Türen streifenfrei, wie pflege ich Polstermöbel oder Fußböden? Das haben wir hier gelernt", sagt Edith Baumgart. Wenn junge Frauen früher geheiratet hatten, seien sie meist in die Großfamilie ihrer Ehemänner gezogen mit Großeltern, Tanten und Onkel, wo sie, laut Baumgart, manchmal nicht mehr als eine Magd gewesen waren. "Nicht kochen können wäre ein Drama geworden", sagt Ursula Schuster aus Kempfeld.
Die Plätze in der Landwirtschaftsschule waren begehrt. "Es gab damals Wartelisten", sagt Erika Faller aus Hottenbach. Die Mädchen, die die Winterschule besucht hatten, hatten einen besonderen Stellenwert. "Man lernte, mal anders den Tisch zu decken oder das Essen anders zuzubereiten", sagt sie.
Berufstätige Frauen gab es kaum. Gerlind Schniesko, die an der Landwirtschaftsschule unterrichtet hatte, ist 1968 nach Weiperath gezogen. "Damals war ich die einzige Frau im Dorf, die eine Arbeitsstelle hatte". Die anderen unterstützten ihre Männer bei der Landwirtschaft oder bewältigten diese als Nebenerwerb zusätzlich zum Haushalt und der Kindererziehung allein.
Wie sah ein Tag in der Landwirtschaftsschule aus? Morgens kochten zwölf junge Frauen paarweise das Mittagessen, während die anderen nähten. "Da wurden die Garzeiten errechnet und der Ablauf beim Kochen geplant", sagt Schniesko. "Außerdem lernten die Mädchen, mit Zeit, Material und Geld zu wirtschaften, das war damals wichtig fürs Überleben." Die Lebensmittel mussten die Mädchen lange Zeit selbst mitbringen: Kartoffeln und Gemüse wurden für den gesamten Winter vor Unterrichtsbeginn im November angeliefert und eingelagert, frische Lebensmittel wie Milch, Fleisch, Brot und Butter brachten diese jeweils nach den Wochenenden von daheim mit. Sogar lebende Hühner gehörten dazu, die Mädchen lernten, wie diese geschlachtet wurden.
Nachmittags gab es Unterricht wie Gartenpflege, die Abende verbrachten sie gemeinsam. "Da haben wir mal Feuerzangenbowle gemacht, wer von uns kannte das damals schon", sagt Baumgart. Ausgang gab es nur für eine Stunde am Tag, die einzige Zeit, in der die Mädchen in den Morbacher Cafés Kontakt zu den Jungen im Internat, deren Unterrichtsschwerpunkte in der Viehzucht und im Ackerbau lagen, pflegen konnten.
Den restlichen Tag wurden die Schüler beider Geschlechter getrennt. Trotzdem hätten einige Frauen ihren Partner hier kennen gelernt, sagen die Frauen. Wichtig sei gewesen, dass sie Alltagskompetenz und Werte wie gegenseitige Rücksichtnahme gelernt hätten. Baumgart: "Das fehlt heute vielen."Extra

 Ein Foto (links), das an alte Zeiten erinnert: Die Mädchen des Jahrgangs 1958/1959 der Morbacher Winterschule. Auch sie haben damals dort Hauswirtschaft gelernt (rechts): Erika Faller, Christine Scholz, Helma Ritgen, Ursula Schuster, Gerlind Schniesko und Edith Baumgart. TV-Fotos (2): Christoph Strouvelle/privat

Ein Foto (links), das an alte Zeiten erinnert: Die Mädchen des Jahrgangs 1958/1959 der Morbacher Winterschule. Auch sie haben damals dort Hauswirtschaft gelernt (rechts): Erika Faller, Christine Scholz, Helma Ritgen, Ursula Schuster, Gerlind Schniesko und Edith Baumgart. TV-Fotos (2): Christoph Strouvelle/privat

Foto: Christoph Strouvelle (cst) ("TV-Upload Strouvelle"

Die ehemalige Winterschule wurde 1904 gegründet und war von 1905 bis 1939 in der Hebegasse (später Haus Foto-Thömmes) untergebracht. 1939 zog sie in das neu errichtete Gebäude in der Jugendherbergstraße. Am 31. August 1993 wurde sie geschlossen. Besucht wurde sie von Jungen und Mädchen aus dem ehemaligen Landkreis Bernkastel. (Quelle: Morbacher Ortschronik). cst

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