Könige, Damen und junge Strategen

TRABEN-TRARBACH. (teu) Der Weg zu den Landesjugendmeisterschaften im Schach führt für mehr als 100 Nachwuchsspieler über Traben-Trarbach. Vom 2. bis 6. Januar fanden in der Jugendherberge die Rheinlandmeisterschaften statt.

Janina schaut durch ihre Reihen. Von hinten nach vorn, da wo der Gegner lauert. Noch ist ihre Truppe komplett: ihr König, ihre Dame, ihre Türme, Springer und Läufer und die Bauern. Janina verschränkt die Arme auf dem Tisch, legt den Kopf auf diese Unterlage, sucht eine andere Perspektive auf das Schachfeld. Die 13-Jährige ist am Zug. "Es läuft nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe", sagt Benedikt Scholtes. Mit Janina Remy hat der 15-Jährige vom SC Trittenheim eine richtig harte Nuss zu knacken. Das Mädchen aus Hillscheid im Westerwald hat im vergangenen Jahr an den Schach-Weltmeisterschaften in Griechenland teilgenommen und war dort zweitbeste Deutsche. Janina lässt sich Zeit, denkt immer noch nach. Jeder Spieler hat pro Partie insgesamt eine Stunde Bedenkzeit. Janina steht nicht unter dem gleichen Druck wie ihre Gegner, die sich durch eine vordere Platzierung bei diesen Rheinland-Jugend-Meisterschaften in Traben-Trarbach für die Landesmeisterschaften qualifizieren müssen. Die Allerbesten erhalten einen Freiplatz, unter der Voraussetzung, dass sie an einem höherwertigen Turnier teilnehmen, erklärt Wolfgang Clüsserath. Wer noch nicht in Erscheinung getreten ist, muss den steinigen Weg über Bezirks-, Rheinland- und Rheinland-Pfalz-Meisterschaften zu den nationalen Titelkämpfen gehen. Aber was heißt "steiniger Weg?"Eine große Gemeinschaft

Fast alle Meisterschaftsteilnehmer übernachten in der Jugendherberge. "Der sportliche Aspekt soll zwar im Vordergrund stehen, aber durch die Übernachtungen wird das ganze für die Jugendlichen natürlich auch zu einem Event", sagt Clüsserath. Der Vorsitzende der Schachjugend Rheinland, der mit sechs weiteren Betreuern fünf Tage lang in der Traben-Trarbacher Jugendherberge Aufsicht führt und die Titelkämpfe organisiert hat, legt Wert darauf, dass nicht nur Schachspielen, sondern auch das Sozialverhalten geübt wird. Der Spaß soll nicht zu kurz kommen, denn mindestens sieben komplette Wochenenden im Jahr sind für den Schach verplant. "Ich bin fast jedes zweite Wochenende unterwegs", berichtet Benedikt Scholtes. Gegen viele unterschiedliche Gegner zu spielen sei wichtig, denn "gegen Unbekannte spielt man anders". Wie die Leute aus dem eigenen Verein spielen, wisse man. "Jeder hat seine eigene Eröffnung", erklärt Benedikt Scholtes. Richtig interessant wird es im so genannten Mittelspiel. "Das kann man nicht üben", so der Gymnasiast. Drei bis vier Züge plane er in dieser Phase im Voraus. In der Endphase wiederum ergebe sich fast alles von selbst. "Schachspieler sind nicht überdurchschnittlich intelligent", widerspricht Günther Schörgenhummer einer weit verbreiteten Meinung. "Es gibt viele Gymnasiasten, die Schach nicht begreifen", so der Vorsitzende des Schachverbands Rheinland. Die Fähigkeit zu logischem und strategischen Denken und - wie in allen anderen Sportarten - ein starker Wille zeichnen laut Schörgenhummer gute Schachspieler aus. "Bis jetzt liege ich noch auf dem ersten Platz und gegen die stärkeren Gegner habe ich schon gespielt", sagt Benedikt Scholtes, während er auf Janina Remys Zug wartet. Aber die DM-Dritte hat sich eine gute Strategie ausgedacht. Die Partie gegen den Trittenheimer geht unentschieden, remis, aus. Am Ende stehen zwei Siege, viermal Remis und eine Niederlage auf Scholtes Konto: Platz fünf. "Jetzt ist es nicht mehr sicher, ob Benedikt zu den Rheinland-Pfalz-Meisterschaften fahren kann." Nur der Rheinlandmeister hat einen sicheren Startplatz bei den Landesmeisterschaften. Über Scholtes werde nun nicht am karierten Brett, sondern am grünen Tisch entschieden, erklärt Clüsserath.

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