Kommentar

Es war zu erwarten und dann doch enttäuschend. Eine Wahlbeteiligung von 33,6 Prozent ist akzeptabel und doch blamabel.

Dass jede Stimme zählt, ist eben keine Plattitüde. Die Beteiligung geht allerorten in den Keller, also auch in Wittlich. Fragt man die Menschen, wollen sie natürlich weiterhin wählen dürfen. Nur: Sie stellen Ansprüche daran, was ihnen zur Wahl geboten werden soll. Dass die anderen Parteien und Gruppierungen keinen Bewerber gegen CDU-Mann Joachim Rodenkirch gefunden haben, ist das Eine. Das Andere ist, dass allein ein parteiloser Mann, stadtbekannt durch Kandidaturen für allerlei Wahlen, als Alternative antritt, die weite Teile der Wittlicher nicht ernst nehmen. Hört man Nicht-Wählern zu, kann man den Eindruck bekommen, dass dadurch ein merkwürdiger Effekt eintritt. Nicht nur der Gegenkandidat wird mangels Qualifikation außer der schieren Möglichkeit zu kandidieren teils als Zumutung gewertet. Auch der amtierende, wieder antretende Bürgermeister wird nicht mehr als besonderes Angebot für eine Entscheidung angesehen, weil es ihn eben schon gibt. Viele sagen, deshalb sei die Wahl "eh gelaufen". Sie fühlen sich schon ohne gewählt zu haben um ihr Wahlrecht und dessen Folge betuppt. Das sind sie eben nicht. Wenn es zu viel verlangt ist, seine Stimme alle acht Jahre für einen Bürgermeister abzugeben, auch per Briefwahl, was ist überhaupt noch zumutbar? Oder ist das Verweigern ein Protest - aber wofür, wogegen? Gegen den amtierenden Bürgermeister, gegen den Gegenkandidaten, gegen alle, die nicht kandidiert haben? Ist "passiver Widerstand" eine angemessene Umdeutung des Wahlrechts? Es stehen weitere Wahlen an, etwa die Bundestagswahl. Wer auch dann nicht wählen will, aus welchen Gründen auch immer, kann sich anderweitig für die Demokratie einsetzen: als Wahlhelfer. Das wäre mal wenigstens ein Zeichen. s.suennen@volksfreund.de

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