Kompliziert und zu teuer

Wittlich · "Lernen leicht gemacht" heißt der Slogan zur Schulbuchausleihe. Für den Landkreis Bernkastel-Wittlich müsste er heißen: "Leihen kompliziert und teuer gemacht": Er muss die Schulbuchausleihe für 4500 Jugendliche organisieren und zahlt aktuell 98 000 Euro drauf. Zudem ist unklar, was mit der wachsenden Menge aussortierter Bücher passieren soll.

Wittlich. Viele Eltern freuen sich über eine Idee des Landes: Seit dem Schuljahr 2011/12 gibt es die Schulbuchausleihe. Das spart Geld, jedenfalls in den Familien. Die Freude bei denen, die die Idee in die Tat umsetzen müssen, ist weniger groß. Sie kostet sie nämlich Geld und ist dazu eine komplizierte Angelegenheit. Auf Anfrage der FDP-Kreistagsfraktion legt die Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich jetzt eine Bilanz vor, die am Montag in der Kreistagssitzung vorgestellt wird. Aktuell bleibt demnach die Kreisverwaltung für ihre 13 Schulen mit 7750 Schülern, wovon 58 Prozent bei der Ausleihe mitmachen, nicht nur auf Kosten von 98 000 Euro sitzen.
Insgesamt hat die Buchverteilungsaktion aktuell 136 500 Euro gekostet. Den vollen Betrag muss der verschuldete Kreis aber nicht schultern, denn es gibt vom Land eine Verwaltungskostenpauschale von rund 38 300 Euro. Dazu zieht die Kreisverwaltung das Fazit: "Demnach sind 72 Prozent der Kosten nicht gedeckt und belasten den Kreishaushalt."
Das ganze Verfahren ist zu einem komplizierten System geworden, das in der Bilanz "überdimensioniert" genannt wird. Die Verwaltung (nebst Schulsekretariaten plus 42 Helfer) muss sich um die Verteilung von Antragsformularen und Merkblättern kümmern, Serienbriefe schreiben, Anträge prüfen, Bücher bestellen, verteilen, wieder annehmen, auf Schäden kontrollieren, aussortieren und Geld eintreiben. Sie weiß für die Zukunft nicht wirklich, was mit den zurückgegebenen Lernmitteln anzustellen sein wird. Immerhin: Die ersten Bücher sind nun drei Jahre im Umlauf. Wohin damit? Lösungen sind: Basare, Abgabe an (ausländische) Partnerschulen, Aufnahme in Schul- und Lehrerbüchereien, Abgabe an alle, die mitten im Schuljahr neu in eine Klasse kommen. Aber in der schriftlichen Bilanz für den Kreistag steht auch: "Über die Verwendung verbleibender Restbestände kann zu diesem Zeitpunkt noch keine Aussage getroffen werden. Spätestens dann, wenn die Lagerkapazitäten für die aussortierten Bücher ausgeschöpft sind, stellt sich die Frage der Vernichtung von aussortierten Büchern."
Und es gibt noch ein Problem: Schuljahresende heißt nicht, dass das Buch abgearbeitet ist. So steht in den Kreistagsunterlagen: "Viele Eltern behalten die Schulbücher noch bis zum Eingang der Aufforderung, Schadenersatz zu leisten, da die Schüler noch nicht den gesamten Lehrstoff durchgenommen haben und die Bücher noch im neuen Schuljahr genutzt werden." Im Schuljahr 2011/12 musste fast jeder Siebte um die Rückgabe gebeten werden: noch ein Verwaltungsakt. "Lernen leicht gemacht" sieht deshalb für den Kreis anders aus.Meinung

Das nützt nur dem Schulbuchverlag
Das Ausleihsystem ist absurd. Schulbuchausleihe für alle, etwa von den Schulen wie in Hessen organisiert, wäre eine Alternative. Oder die Lobby der Schulbuchverlage muss im Zeitalter der E-Books umdenken, was vermutlich nicht ohne Druck passiert. Dann wären auch kiloschwere Ranzen kein Thema mehr. Die aktuelle Ausleihe ist ein teures Bürokratiemonster. Wer bringt es zur Strecke? s.suennen@volksfreund.de

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