Kosmopolit im Unruhestand

LIESER/OSANN-MONZEL. Die Mosellandschaft ist eine beliebte Urlaubsgegend, in der sich Menschen aus aller Herren Länder erholen. Manche Leute kommen auch zu dem Entschluss, für immer im Land von Riesling und Cusanus zu bleiben. Einer davon ist Gastone Caruana.

Wenn man Gastone Caruana sieht, glaubt man dem immer noch aktiven Motorradfahrer seine 77 Jahre nicht. Ein Unruheständler, wie er im Buche steht. Vielleicht liegt das an seiner bewegten Lebensgeschichte. Berlin, Rom, Malta, Palästina und London sind seine Lebensstationen und belegen, warum man ihn, obwohl er einen britischen Pass besitzt, durchaus als Kosmopoliten bezeichnen kann. Vor etlichen Jahren schon hatten Caruana und seine Ehefrau Hazel den Entschluss gefasst, an der Mosel eine neue Heimat zu suchen. Vorläufige Endstation war zunächst Lieser, wo sie sich mitten im Dorfkern ein Haus kauften. Eigentlich sollte es ein beschauliches Leben werden. Der große Schreck kam mit dem Hochwasser, das dann bis in Küche und Wohnzimmer vordrang. Deshalb baute das Ehepaar Caruana in Osann-Monzel ein Haus.Vater war Konzertmeister, die Mutter Pianistin

Eine wechselvolle Kindheit hat Caruana gegen die Unbillen des Lebens abgehärtet. Die braune Diktatur vertrieb die Musikerfamilie - Caruanas Vater war unter anderem Konzertmeister der Dresdener Philharmoniker, seine Mutter Pianistin - aus Deutschland nach Malta und nach Rom. Nachdem auch dort der Faschismus immer mehr die Oberhand gewann, ging es zurück nach Malta. Hier lernte der junge Gastone den Komponisten Ottorino Respighi kennen. Beim zweiten Mal führten der Krieg und die verständliche Skepsis der englischen Regierung gegenüber einem deutschen Musiker englischer Herkunft die Familie in die Internierung nach Palästina, wo Caruana über Fernstudium sein Abitur machte und sein Biologiestudium anfing. Nachdem sich die Zeiten beruhigt hatten, ging er nach London. Hier arbeitete er sich als Bakteriologe bis an die Spitze des Labors der größten Geburtenklinik hoch. Seine Stelle wurde aber wegrationalisiert, er stand vor dem Nichts und musste in seinem fünften Lebensjahrzehnt noch einmal etwas Neues beginnen. Als Mietwagenfahrer, den Firmen und Agenturen buchen konnten, machte er sich selbständig und lernte dabei Leute kennen, mit denen er bis heute freundschaftlich verbunden ist. Etwa die weltberühmte japanische Pianistin Mitsuko Uchida. Bedingt durch seine Eltern, aber auch durch seinen Onkel Roberto Caruana, einem berühmten Cello-Professor aus Bergamo in Italien, war Musik für Caruana immer ein Lebensmittelpunkt. Besuche der Mosel Festwochen, der Echternacher Festspiele oder des Trierer Theaters gehören zu seinem ganz normalen Alltagsleben. In Echternach bekam er auch wieder Kontakt zum ehemaligen Arbeitgeber seines Vaters. Zusammen mit Volker Karp, der sich in Dresden um die Geschichte der Philharmonie kümmert, durchforschte er das Archiv nach Spuren seines Vaters in den zwanziger Jahren. Schon gleich zu Beginn seiner Zeit an der Mosel half er in Lieser seinen Nachbarn im Weinberg und im Keller. Mittlerweile ist er in der Seniorenakademie in Bernkastel-Kues aktiv, übernimmt dort stundenweise die Arbeit am Empfang und leitet mit seiner Frau einmal wöchentlich einen englischen Gesprächskreis unter dem Titel "Conversation please". Daneben hat Caruana jetzt begonnen, seine Memoiren zu schreiben. Ein Buch, das nicht nur seine Tochter in Australien und seinen Sohn in England interessieren dürfte.

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