Krankenhaus hinter Gittern

Viele Türen sind zugesperrt - nur nicht die zur Toilette. Gitter vor den Fenstern. So sieht es im Justizvollzugskrankenhaus (JVK) Wittlich aus. Gefängnisleiter und Pfleger haben jedoch den Anspruch, genauso gut zu arbeiten wie in einem öffentlichen Haus.

 Pfleger Tobias Horn mit Medikamenten vor der Tür zu einem Patienten im JVK der Jugendvollzugsanstalt Wittlich. TV-Foto: Klaus Kimmling

Pfleger Tobias Horn mit Medikamenten vor der Tür zu einem Patienten im JVK der Jugendvollzugsanstalt Wittlich. TV-Foto: Klaus Kimmling

Wittlich. (aha) Lange weiße Flure. Glänzender Boden. Krankenschwestern und Pfleger huschen vorbei. Ein ganz normales Krankenhaus, wie es scheint. Aber nur auf den ersten Blick. Denn schon am Eingang werden die Besucher des Justizvollzugskrankenhauses (JVK) gründlich kontrolliert. Der Ausweis wird überprüft und für die Dauer des Besuches einbehalten. Als Nächstes geht es durch den Metalldetektor. Dann durch mehrere kameraüberwachte und elektronisch gesicherte Türen. Sind diese Hürden überwunden, steht der Besucher im T-förmigen Flur der Station für allgemeine Medizin. Neben Untersuchungszimmern gibt eine Physiotherapie, eine Apotheke und natürlich Krankenzimmer. Eine Etage höher befindet sich die chirurgische Abteilung. 44 Pfleger und Vollzugsbeamte sind für bis zu 48 Patienten mit Häftlingsstatus zuständig. Oft sind 80 bis 90 Prozent der Betten belegt. Kein Wunder, da kranke Häftlinge aus allen Haftanstalten Rheinland-Pfalz' und des Saarlandes nach Wittlich zur Behandlung und Pflege kommen. Neben den drei fest angestellten Ärzten kümmert sich noch eine ganze Reihe von auf Vertragsbasis arbeitenden Fachärzten um die Patienten. Im Falle des Falles steht auch ein gynäkologischer Facharzt zur Verfügung. An eine Geburt in der JVK kann sich Haftanstaltsleiter Franz Kohlhaas dennoch nicht erinnern. Überwiegend werden die gleichen Krankheiten wie in öffentlichen Krankenhäusern behandelt. Häufiger als in anderen Krankenhäusern tritt allerdings Hepatitis, aufgrund früheren Drogenkonsums und Schussverletzungen, auf.

Der Umzug des Krankenhauses Mitte Januar in den rund zehn Millionen teuren Neubau wurde auch dazu genutzt, einen Großteil der Ausstattung zu modernisieren. Neu sind unter anderem eine moderne Röntgenanlage, die digitale Röntgenbilder liefert, ein Zahnarztstuhl und augenmedizinische Behandlungseinheiten.

Die neuen Krankenzimmer müssen den Vergleich mit denen eines öffentlichen Krankenhauses nicht scheuen. Weiß gestrichene Wände, zwei Betten, ein Fernseher an der Decke und ein abgetrenntes WC. Da die Krankenzimmer aber zugleich Hafträume sind, versperren Gitterstäbe vor dem Fenster und eine sechs Zentimeter dicke Stahltür die Sicht und den Weg nach draußen. Und noch einen Unterschied gibt es: Ausgerechnet die Toilettentüren lassen sich im Gegensatz zu den in der Regel zugesperrten Zimmer- und Flurtüren nicht per Schlüssel verschließen.

Wie in anderen Krankenhäusern auch kann sich der Häftling nicht aussuchen, mit wem er das Zimmer teilt. Häftlinge ausländischer Herkunft - sie machen 20 bis 25 Prozent der Gefangenen aus - mit gleicher Muttersprache werden in der Regel zusammen untergebracht.

Bei der Behandlung eines Patienten ist neben dem untersuchenden Arzt stets ein Justizvollzugsbeamter dabei. Nur bei Operation unter Narkose wird darauf verzichtet. Pflegeleiter Michael Morgens arbeitet seit 30 Jahren im Vollzug. Er hält sich stets vor Augen, dass er es oft mit gefährlichen Straftätern zu tun hat. Er möchte den Kranken eine professionelle Pflege anbieten, ist aber gleichzeitig zu professioneller Distanz verpflichtet. Trotz der Hindernisse, die sich durch die besondere Situation ergeben, haben beide, Direktor und Pflegeleiter, den Anspruch, genauso gut zu sein, wie ein öffentliches Krankenhaus.

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