Kreidestrich trennt Kinder im Hof nach Konfessionen

Wittlich · Die Gäste der neuen Ausstellung haben sich teilweise in ihre Kindheit oder Jugend zurückversetzt gefühlt. Kein Wunder, ging es doch um Dilldopp, Klicker und Lebertran - alles Dinge, die die 1950er Jahre geprägt haben.

Wittlich. Dicht gedrängt saßen und standen die Besucher der Vernissage der Ausstellung "Dilldopp, Klicker, Lebertran - Kindheit in den 1950er Jahren in Wittlich" in der Städtischen Galerie im Alten Rathaus. "Gemeinsam mit der neu eröffneten Casa Tony M., der Synagoge und perspektivisch dem Türmchen, der Dauerausstellung zu Georg Meistermann und den Wechselausstellungen in der Galerie bieten wir ein kulturelles und künstlerisches Spektrum, das sich sehen lassen kann", erklärte der Bürgermeister. Er konnte im Publikum auch ehemalige Aussteller wie den New Yorker Fotografen Stephen Levine oder Dr. Richard Hüttel, den renommierten Kunsthistoriker, begrüßen. Gerd Elsen animierte das Publikum, seinen Fahrtenliedern und Schlagern aus den 1950er Jahren zu lauschen und mitzusingen.

Die Idee, sagte Elke Scheid, Leiterin des Wittlicher Kulturamtes, stammte von Bürgermeister Rodenkirch. Die Referentin erläuterte die 1950er Jahre, die im Fokus der Ausstellung standen, in ihrer politischen Entwicklung und ihrer "moralischen Verlogenheit". Sie schilderte das Leugnen aller Kenntnisse über den gerade erst von den Alliierten besiegten Nationalsozialismus, die Verschleierung der Täter und die mangelnde Solidarität mit den Opfern. Parallel dazu brachte das Jahrzehnt die Rückkehr zur Demokratie unter dem Kanzler Konrad Adenauer und ein Prosperieren der Wirtschaft. Das Gefühl der Sicherheit breitete sich aus, und es wurden viele Kinder geboren.

Das Leben dieser Kinder in den 1950er Jahren in der alten Kernstadt Wittlich zeigt die Ausstellung. 100 Fotografien aus dem Besitz der Sammlung Dr. Klaus Petry, dem Kreisarchiv oder privaten Alben wurden auf DIN-A-3 vergrößert und zeigen Szenen aus dem Schulalltag in der Markus-Schule, ein wenig Kindergarten, viel Straße, Ausflüge, Kinder im Freibad, zur Fastnacht und zur Kommunion. Ganz viele katholische Mädchen besuchten eine Klasse, ganz viele katholische Jungen eine weitere und ganz, ganz wenig evangelische Kinder eine dritte. Die katholischen Jungen und Mädchen hatten parallel Hofpausen, wurden aber lokal durch einen Kreidestrich auf dem Schulhof getrennt. Zustände, die heute unvorstellbar sind. Ebenso unvorstellbar wie prügelnde Lehrer und Pfarrer sowie Eltern, die die körperliche Züchtigung ihrer Kinder akzeptierten.

Auf den Fotos sind Szenen anlässlich der Säubrennerkirmes zu betrachten. Es gab Wettbewerbe im Eierlauf, Luftballonaufblasen und Buttercremeschnittchenwettessen. Es gibt auch Spielsachen zu sehen: Schildkrötpuppen, Klicker, Brummkreisel und Schuco-Autos.
Die Ausstellung ist bis zum 12. Februar 2017 dienstags bis samstags 11 bis 17 Uhr, sonntags und feiertags 14 bis 17 Uhr zu besichtigen. Der Eintritt beträgt drei Euro. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sind frei. Führungen sind möglich. WeitereInfos unter Telefon 06571/171355 oder info@kulturamt.wittlich.de red

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