Schweinepest Kreistag Bernkastel-Wittlich diskutiert Abschussprämien

Berkastel-Kues/Wittlich · In Belgien und anderen Ländern sind bereits Tausende Wild- und Hausschweine an der Tierkrankheit verendet oder gekeult worden. Die Mitglieder des Kreistages rechnen täglich mit einem Ausbruch, diskutieren Abschussprämien und mögliche Kosten in Millionenhöhe. Hoffnung ruht auf den Jägern.

 Falls die afrikanische Schweinepest, die bereits in Frankreich und Belgien grassiert, auch im Landkreis Bernkastel-Witltich ausbricht, könnte das den Kreis mehrere Millionen Euro kosten.

Falls die afrikanische Schweinepest, die bereits in Frankreich und Belgien grassiert, auch im Landkreis Bernkastel-Witltich ausbricht, könnte das den Kreis mehrere Millionen Euro kosten.

Foto: dpa/Arne Dedert

Bislang hat man im Landkreis Bernkastel-Wittlich und auch im benachbarten Eifelkreis Sau viel Glück gehabt: Die Schweinepest ist – soweit man weiß – dort noch nicht ausgebrochen.  Doch das kann sich stündlich ändern. Der Weg aus dem belgischen oder französischen Wald, wo die Seuche grassiert und tausende Schweine hinweggerafft hat, ist nicht weit. Dazu überträgt sich die hochansteckende Tierkrankheit auch durch fleischliche Erzeugnisse. Ein Stück importierte und infizierte Schweinemettwurst, das ein Autofahrer entlang der A1 an einem Rastplatz ins Gebüsch wirft, könnte den Virus ebenfalls auf heimische Bestände übertragen. Denn das Virus der afrikanischen Schweinepest, die für den Menschen ungefährlich sein soll, überlebt längere Zeit, teils über Monate, in Salami oder Schinken. So können sich Wildschweine mit dem Erreger infizieren, wenn sie fleischliche Nahrungsreste fressen, die in die Natur geschmissen wurden.

Aufgrund dieser Gefahrenlage hat sich nach dem Agrarausschuss (der TV berichtete) nun auch der Kreistag mit der drohenden Tierseuche beschäftigt.

Kosten Kreistagsmitglied und Bürgermeister der Stadt Wittlich, Joachim Rodenkirch, bereitet vor allem die haushalterische Seite der Schweinepest Sorgen  – sollte sie denn ausbrechen. „Bislang haben wir im Haushalt für 2019 nur 200 000 Euro eingestellt. Bei den Aufgaben und Problemen, die es im Ernstfall zu bewältigen gebe, sagte Rodenkirch, sei da ein deutlich höherer Ansatz wohl besser.

Doch welche Kosten auf die Kommunen, den Kreis oder das Land  im Falle eines Ausbruchs zukämen, sagte Landrat Gregor Eibes, sei gar nicht abschätzbar. „Da gibt es kein Patentrezept. Vielleicht sind es fünf oder zehn Millionen Euro. Wir wissen nicht mal, ob wir oder das Land die Kosten zu tragen hätte.“

Aber wenn das Land erkläre, es müsse ein Schutzzaun entlang der A1 gebaut werden, sagte Eibes, dann müsse Mainz auch die Kosten tragen. „Wer bestellt, bezahlt!“

Aber es dürfe nicht sein, dass sich vor lauter Angst, Kosten tragen zu müssen, niemand bewege. „Das kann nicht die Lösung sein“, sagte der Landrat. Fest steht hingegen bereits, dass die Tierseuche im Ernstfall enorme Kosten verursachen würde. Die Personalkosten für die Suche nach Kadavern und ihre Entsorgung sowie die Entschädigungszahlungen für die Halter vorsorglich gekeulter Hausschweine: All das würde Unsummen verschlingen  wie ein haushalterisches schwarzes Loch. Eibes: „Daneben stellt sich auch noch die Frage, wie und wo wir überhaupt das Personal rekrutieren könnten, das wir im Ernstfall brauchen würden.“

Hoffnung Der Schweinepest prophylaktisch entgegenwirken könnte die Jägerschaft, sind sich viele Kreistagsmitglieder sicher. Nicht zuletzt aufgrund des hohen Maisanbaus sei der Schwarzwildbestand in den letzten Jahren enorm gewachsen, sagte Eibes. Wie viele Schwarzkittel durch die Wälder, Äcker und Weinberge im Kreisgebiet streifen, ist nicht bekannt. Allerdings kennt man die Abschusszahlen der Jägerschaft.

2018 sollen sie im Landkreis Bernkastel-Wittlich mit 8000 erlegten Tieren „eine ordentliche Strecke“ hingelegt haben, sagte Eibes, was auf einen viel zu hohen Bestand schließen lasse.

Nun ruht die Hoffnung vieler Kreistagsmitglieder auf der Jägerschaft.

Denn durch eine vorsorglicher Dezimierung des Bestands ließe sich die Gefahr eines Ausbruchs der Tierkrankheit deutlich senken, sagte der Landrat. Aber wie will man die Jäger motivieren, mehr Wildschweine abzuschießen? Denn damit würden sich die Waidmänner den bereits drastisch gefallenen  Preis für Wildschweinfleisch selbst noch weiter kaputt machen und damit gewissermaßen selbst ins Knie schießen.

Das magische Wort dazu heißt „Abschussprämie“.

Aber wer soll sie zahlen? Das Land oder der Landkreis? Und wie hoch soll sie sein? 150 Euro pro Wildschein oder reichen auch 50 oder gar 20 Euro? Darüber herrscht im Kreistag noch Zweifel. Vom Kreis Bernkastel-Wittlich werde es da aber keinen Alleingang geben, sagte Eibes. „Wir werden unser Vorgehen mit den Nachbarkreisen im Tierseuchenverbund Region Trier absprechen, um ein einheitliches Vorgehen an den Tag zu legen.“ Aber eines sei sicher, sagte Eibes: „Aussitzen können wir die Schweinepest nicht.“

Jäger Der TV hat Kreisjagdmeister Hans-Günter Vanck, der als fachkundiger Jäger die Untere Jagdbehörde berät, gefragt, ob er eine vorsorgliche Bestandsdezimierung als wirksamen Schutz vor der Schweinepest erachtet. „Je dünner der Bestand ist, um so geringer ist der Kontakt der Tiere untereinander“, sagte Vanck. Im Falle eines Ausbruchs der Seuche sei das von Vorteil.
„Man muss aber auch sagen, dass die Übertragung sehr wahrscheinlich nicht über die Tiere, sondern durch den Menschen erfolgt.“ Wenn  Lastwagenfahrer aus betroffenen Ländern in Osteuropa beispielsweise auf einem Rastplatz im Nationalpark Hunsrück-Hochwald Salami oder Schinken ins Gebüsch würfen, dann werde die Seuche mal eben hunderte Kilometer weiter getragen. Vanck: „Die Frage ist deshalb nicht, ob sie kommt, sondern wann sie kommt. Irgendwann passt einer nicht auf und dann ist es passiert.“ Deshalb seien Schutzzäune, wie man sie in Dänemark aufbaue, seiner Meinung nach völlig wirkungslos.
Aber werden die Jäger die Abschusszahlen freiwillig erhöhen, oder braucht es dafür politischen Druck oder Abschussprämien? „Die Jäger wissen um die Gefahr und werden den Bestand allein schon aus eigenem Interesse dezimieren.“ Denn sobald der erste Fall der Schweinepest auftrete, sei Wildschwein nicht mehr zu vermarkten, sagt Vanck. „Deshalb ist es besser, man schießt jetzt.“ Dabei sei der Wildschweinpreis mit etwa 50 Cent pro Kilo eh schon so gering, dass er kaum mehr fallen könne. „Die Nachfrage ist schon noch da. Mich hat diese Woche ein Händler angesprochen, der gerne acht Sauen kaufen würde.“
Die Jäger bräuchten allerdings Abschussprämien zwischen 35 und 40 Euro pro Tier, erklärte Vanck, für Wildschweine mit einem geringeren Gewicht als 20 Kilo. „Denn die kauft einem kein Metzger ab. Sie müssen aber, um den Bestand zu dezimieren, trotzdem geschossen werden.“ Die Population, deren Größe niemand schätzen könne, sagte Vanck, pflanze sich jedes Jahr im Vergleich zum Bestand zwischen  100 und 400 Prozent fort.

 „Es müssen auch die kleinen Tiere geschossen werden. Wir dürfen nur keine führenden Sauen mit Mutterschutz erlegen.“ Wie Vanck erklärte, hätten die Jäger derzeit nur das Probleme, dass ihnen kaum ein Schwarzkittel vor die Flinte laufen würde. „Im Wald liegt mit Eicheln und Bucheckern aus dem vergangenen Jahr noch so viel Futter, dass sie nicht aus dem Wald auf die von den Jägern angelegten Kirrflächen kommen.“

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