Kritik an Plänen der Mobilitätsstudie Nationalpark Hunsrück-Hochwald - Kosten: 60 000 Euro

Birkenfeld/Thalfang · Zu heftigen Diskussionen hat die Vorstellung der Mobilitätsstudie Nationalpark Hunsrück-Hochwald geführt. Sie wurde auf dem Umwelt-Campus präsentiert. Viele Menschen aus der Region vermissen dabei die Erschließung der kleineren Orte. Die Studie hat 60 000 Euro gekostet.

 Um den Nationalpark besser anzuschließen, soll der Busverkehr erweitert werden. TV-Foto: Klaus Kimmling

Um den Nationalpark besser anzuschließen, soll der Busverkehr erweitert werden. TV-Foto: Klaus Kimmling

Foto: klaus kimmling (m_huns )

Birkenfeld/Thalfang. Es ist bislang nur ein Planspiel, aber ein gewichtiges: Die vom Land Rheinland-Pfalz in Auftrag gegebene Mobilitätsstudie Nationalpark Hunsrück-Hochwald hat mit 130 Seiten schon den Umfang einer kleineren Doktorarbeit. Sie wurde von einem externen Planungsbüro, der Planersocietät in Dortmund erstellt. Wie das zuständige Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten auf TV-Nachfrage mitteilt, hat sie 60 000 Euro gekostet.

Unterschiedlicher Kenntnisstand: Am Freitag wurde sie bereits einem Fachpublikum vorgestellt. Am Montagvormittag schickte die Mainzer Landesregierung dann eine erste Zusammenfassung an die Presse. Am Montagabend schließlich erfolgte die öffentliche Präsentation auf dem Umwelt-Campus in Birkenfeld mit einer 16-seitigen Zusammenfassung als Handreichung. Erst kommenden Freitag wird sie komplett im Internet verfügbar sein. Und so hatte das interessierte Publikum, das am Montagabend den Weg durch den nebligen Hunsrück zum Umweltcampus bei Birkenfeld fand, einen unterschiedlichen Kenntnisstand - das erklärt auch die teils heftigen Reaktionen auf die Studie, die manche weniger informierte Zuhörer überraschte. Dazu später mehr.

Busnetz erweitern: Rund 100 Interessierte verfolgten die Präsentation des Dortmunder Verkehrsplaners Rolf Alexander. Der öffentliche Personennahverkehr sei ein "großes Thema", so der Verkehrsplaner. Denn er habe ein großes Defizit. Es gebe drei verschiedene Tarifverbünde, viele Busse seien nicht barrierefrei und verkehrten nicht optimal. Die Wiederbelebung des Schienennetzes als Alternative habe "kein Potenzial im Alltagsverkehr", so Alexander. Deshalb schlägt er eine Erweiterung des Busnetzes vor. Neben dem bestehenden Angebot sollen zwei "Nationalparkbuslinien NLP1 und NLP2" eingerichtet werden. Das sei die Vorzugsvariante mit Kosten - die Fahrkarteneinnahmen schon eingerechnet - von 500 000 bis 900 000 Euro pro Jahr.

Ferienparks anschließen: Grundlage dieser Planung sei die Anschließung der vier großen Ferienparks in der Umgebung des Nationalparks: Landal, Center Parc, Himmelberg und Hambachtal. Als Anschlusspunkt zum überregionalen Verkehr ist dabei der Bahnhof von Idar-Oberstein angedacht.
Die Nationalparkbuslinie 1 verläuft von der Wildenburg über Kempfeld, Tiefenstein, Idar-Oberstein, Rötsweiler, Hattgenstein, Ferienpark Hambachtal, Nationalparktor Hunsrückhaus, Thalfang, Abtei, Malborn bis Hermeskeil. Die Nationalparkbuslinie 2 verläuft vom Ferienpark Landal über Hermeskeil, Nationalparktor Otzenhausen, Ferienpark Center Parc bis Türkismühle.

ÖPNV-Konzept Nord: Ebenfalls in das Konzept eingebettet sind Buslinien aus dem ÖPNV-Konzept Nord, die zum Beispiel Traben-Trarbach an Idar-Oberstein oder Bernkastel-Kues an Morbach anschließen, von wo aus es weitergeht nach Thalfang oder Idar-Oberstein. In der folgenden Diskussionsrunde ergreift als erster Erhard Pitzius das Wort. Pitzius setzt sich für den Erhalt der Bahnstrecken ein (der TV berichtete mehrfach): "Wenn man dieses Konzept so umsetzen würde, dann wird es ein Automobil-Nationalpark. Wer will sich Fahrzeiten mit dem Bus von bis zu 90 Minuten antun?".
Extra-Geld aus Mainz für die Bahn: Jutta Blatzheim-Roegler aus Bernkastel-Kues, Landtagsabgeordnete der Grünen/Bündnis 90, setzt ebenfalls auf die Eisenbahn.
"Es gibt einen in Deutschland einmaligen speziellen Haushaltstitel zur Reaktivierung der Bahntrasse. Das wäre der Topf, der dafür infrage käme." Nils Göttert vom Verein Historische Eisenbahn Hunsrück und Pro Hochwald- und Hunsrückbahn zückte daraufhin sogar einen druckfrischen 20-seitigen Hochglanzprospekt.
Sein Inhalt: Ein Konzept für den Bahnverkehr um den Nationalpark (siehe Extra).

Süd-Anbindung fehlt: Susanne Geibel aus dem Kreis Birkenfeld kritisierte die exponierte Stellung von Idar-Oberstein: "Mir fehlt eine Süd-Anbindung im Konzept." Bernhard Alscher, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Birkenfeld, sah das anders: "Wer kann sich vorstellen, dass halb Holland mit Kind und Kegel mit dem Zug in den Nationalpark kommt?" Alscher verwies darauf, dass die in Workshops erfolgte Bürgerbeteiligung in dem Konzept nicht zu erkennen sei.
Hermann Bier, erster Beigeordneter von Neuhütten, sagte: "Die Bevölkerung fragt, was der Nationalpark für die Region bringt. Das kann ich nicht erkennen. Wo bleiben wir als Einheimische?"

Zu viel Tourismus, zu wenig Region: Auch Christian Synwoldt, Mitglied im VG-Rat Thalfang, erinnerte an die Bedürfnisse der in der Region lebenden Menschen. Matthias Schneider, Birkenfelder Landrat, brachte es schließlich auf den Punkt: "Irgendwie muss man den Touristen-Verkehr mit dem Alltagsverkehr austarieren." Das, so schloss Nationalparkchef Harald Egidi die Veranstaltung, sei dann eine Aufgabe für den nächsten Workshop.Meinung

Ohrfeige für ortsfremde Planer
Die Reaktion der Menschen in der Region auf die Mobilitätsstudie, die den Steuerzahler 60 000 Euro gekostet hat, gleicht einer schallenden Ohrfeige für das Planungsbüro. Völlig zurecht wird nun darauf hingewiesen, dass ein entscheidender Aspekt in dieser Studie kaum berücksichtigt wird: die Ertüchtigung des regionalen Personennahverkehrs. Ein Blick zurück: Die Einrichtung des Nationalparks Hunsrück-Hochwald war heftig umstritten. Besonders mit dem Argument, dass auch die Menschen vor Ort durch bessere Busanbindungen davon profitieren, konnte er erst den Menschen im Hunsrück schmackhaft gemacht werden. Dieses Versprechen löst die Studie - und damit die Mainzer Landesregierung - aber nicht ein. Vielleicht hätte man sich evolutionär an das Thema herantasten sollen, zum Beispiel probeweise einen Ring-Busverkehr einführen, der die Nationalparktore miteinander verbindet. Das hätten auch die Studierenden in Birkenfeld planen können - und das wahrscheinlich wesentlich günstiger. hp.linz@volksfreund.deExtra

Die Planungen der beiden Vereine Historische Eisenbahn Hunsrück und Pro Hochwald- und Hunsrückbahn sieht zwei Bahnstrecken als Hauptachsen vor: Nahestrecke Saarbrücken - Mainz und die Hunsrückbahn Morbach - Hermeskeil. Diese sollen auch die Nationalparktore verbinden. Drei Buslinien sollen das Konzept mit Querverbindungen ergänzen: Idar-Oberstein - Bernkastel-Kues, Neubrücke - Thalfang und Nohfelden - Trier. hpl

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