Weltbekannte Lage Deftig, originell, süffig und weltbekannt: Kröver Nacktarsch wird 100 – Doch wird der Wein seinen einzigartigen Namen behalten? (Fotos)

Kröv · Der Kröver Nacktarsch feiert in diesem Jahr seien 100. Geburtstag, die Veranstaltungsreihe dazu beginnt am 28. Mai. Warum die Winzer gegen eine mögliche Namensänderung protestieren.

Der Kröver Nacktarsch wird 100!
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Der Kröver Nacktarsch wird 100!

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Foto: Winfried Simon

Fragt man einen Weinfreund in Hamburg, Dresden oder Nürnberg nach einem bekannten Weinnamen, kommt fast immer als Antwort „Kröver Nacktarsch“. Der derb-originelle Namen für eine kleine Weinlage an der Mosel ist sogar weltbekannt. Ein Produkt mit einem seit 100 Jahren bekannten Namen – jeder Marketing- und Werbeprofi wünscht sich eine solch zündende Idee.

1922 zierte das erste Nacktarsch-Etikett Weinflaschen des Weinguts Schnitzius-Müllers. Es zeigt einen Kellermeister beim Hauen des nackten Hinterns eines beim Wein-Naschen ertappten Knaben.

Wie die Kröver um den Namen Nacktarsch gekämpft haben

Der Name und das Motiv erwiesen sich fortan als äußerst werbewirksam. Über Nacht trat der „Kröver Nacktarsch“ seinen Siegeszug auf dem Weinmarkt an und dieser ließ sich durch nichts mehr stoppen. Auch eine „Anti-Nacktarsch-Kampagne“ in den prüden 50er und 60er Jahren in Amerika nicht, als die Behörden anordneten, den nackten Hintern auf dem Etikett zu schwärzen. Und auch während der Zeit des Nationalsozialismus war der Name plötzlich zu anzüglich. 1938 kam es zum Eklat, als der Werberat der Wirtschaft den Namen verbot. Doch die Kröver – bekannt dafür, furchtlos mit der Obrigkeit jeden Streit auszufechten, wenn sie benachteiligt werden – setzten alles in Bewegung und fuhren mit einer Delegation sogar nach Berlin, um zu protestieren. Mit Erfolg, denn der Name durfte weiter benutzt werden. Und der Streit hatte in der Presse solch hohe Wellen geschlagen, dass der Name fortan noch viel bekannter wurde.

Wir treffen Otto Schnitzius, Thomas Kaufmann und Hubertus Klein. Bei einem Schoppen Kröver Nacktarsch erzählen sie die Geschichte der Weinlage und welche Bedeutung der Name für den Weinbauort hat.

Kröver Nacktarsch – ein Werbeträger von unbezahlbarem Wert

Hubertus Klein, Ehrenvorsitzender des Kreiswinzerverbandes, sagt: „Dieser Name ist für uns ein Werbeträger ohnegleichen und von unbezahlbarem Wert. Das war immer so. Ich erinnere zum Beispiel an die Wiedervereinigung. Danach kamen sehr viele Ostdeutsche nach Kröv – hauptsächlich wegen des Namens, der auch in der ehemaligen DDR ein Begriff war.“

Otto Schnitzius, Vorsitzender des vor rund 50 Jahren gegründeten „Winzervereins Kröver Nacktarsch“, weiß, dass es von Firmen und auch Privatleuten immer wieder Versuche gab, den Namen für sich exklusiv schützen zu lassen. Der Kröver Nacktarsch ist aber der Name einer Großlage, und der Wein, der dort wächst, darf den Namen tragen, egal von welchem Winzer. Mit 220 Hektar ist der „Kröver Nacktarsch“ eine der kleinsten Großlagen in Deutschland. Großlagen sind in der Regel in kleinere Einzellagen unterteilt. In Kröv sind das Steffensberg, Kirchlay, Letterlay, Paradies und Herrenberg.

Wird der Name Kröver Nacktarsch überleben?

Dem einzigartigen Begriff „Kröver Nacktarsch“, der jetzt 100 Jahre für einen weltweit bekannten Wein steht, könnte allerdings bald für die Winzer untragbare Änderung widerfahren. Was die Nazis oder die prüden Amerikaner nicht schafften, könnte der deutschen bürokratischen Gesetzgebung und den Interessen einiger weniger zum Opfer fallen. Nach neuem Weinbezeichnungsrecht soll vom Jahr 2026 an vor Nennung der Großlage das Wort Region stehen. Auf dem Etikett würde es dann nicht mehr „Kröver Nacktarsch“ heißen, sondern „Kröv, Region Nacktarsch“. Nicht nur die Kröver Winzer und deren Weinkunden schütteln verärgert den Kopf, auch Werbeprofis würden wegen der Veränderung einer weltbekannten Marke sicher auf die Barrikaden gehen.

Was eine Namensänderung für Kröv, seine Winzer und die Gastronomie bedeuten würde

Thomas Kaufmann, Vorsitzender des Kröver Ortswinzerverbandes und des Kreiswinzerverbandes Bernkastel-Wittlich, ist wie Schnitzius und Klein entsetzt über das Gesetzesvorhaben. „Wir werden alle Mittel in Gang setzen, damit der Name erhalten bleibt. Wir scheuen auch nicht eine juristische Auseinandersetzung“, sagt er. Für den August wird er zu einer Winzerversammlung einladen.

Otto Schnitzius erklärt: „50 Prozent der Kröver Weine werden als Kröver Nacktarsch vermarktet, der Rest mit den Namen der Einzellagen. In Zell, wo der „Zeller Schwarze Katz“ das gleiche Schicksal droht“, seien es sogar 85 Prozent der Weine, die den werbewirksamen Großlagennamen tragen.

Schnitzius kritisiert in diesem Zusammenhang den Verband der Deutschen Prädikatsweingüter (VDP), die diese Diskussion losgetreten hätten. Hubertus Klein: „Wie das bisher gelaufen ist, das ist einer Demokratie unwürdig.“

Es ist ja nicht nur der Wein, der sich unter dem Namen „Kröver Nacktarsch“ gut vermarkten lässt. Der ganze Ort mit seinen vielen Gastronomiebetrieben, Hotels, Pensionen und Straußwirtschaften profitiert. Würde der Name geändert, so Schnitzius, würde das einen immensen wirtschaftlichen Schaden bedeuten.

Über die Geschichte der bekannten Weinlage und wie der Name zustande kam, gibt es unterschiedliche Versionen. Wer es genau wissen will, kann dies in einem kleinen Heft nachlesen. Es ist erhältlich zum Preis von 2 Euro bei der Tourist-Information Kröv, Telefon 06541/9486, und bei Otto Schnitzius, Telefon 0162/9872809.

So feiert Kröv 100 Jahre Nacktarsch

Die Veranstaltungsreihe „100 Jahre Kröver Nacktarsch“ beginnt am Samstag, 28. Mai, 17 Uhr. Am Weinbrunnen gibt es eine Begrüßungstrunk und anschließend eine geführten Spaziergang durch Kröv zu „Jungle Dicks“ (siehe Extra) Gedenkstein. Weitere Termine mit Austellungen, musikalischer Unterhaltung, Weinproben, Weinparty, sind am Samstag, 11. Juni, am Sonntag, 17. Juli, und am Freitag, 9. September. Das ausführliche Programm gibt es bei der Tourist-Information Kröv, Telefon 06541/9486, bei Otto Schnitzius, Telefon 0162/9872809 und bei der Druckerei Lebenstedt, Telefon 06541/6316.

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