Kulturgut soll zurück in die Burgenstadt

Manderscheid · Eine abenteuerliche Geschichte hat die Manderscheider Glocke von 1746 hinter sich. Momentan hängt sie in Brockscheid, bei der Glockengießerei im Keller. Der Heimatverein will sie zurückkaufen. Das kostet aber 10 000 Euro, die durch Spenden finanziert werden sollen.

 Sie haben die Glocke im Keller der Glockengießerei wiederentdeckt: Erich Pantenburg, Hans-Jürgen Neuhaus und Hans-Rolf Schleidweiler. TV-Foto: Christina Bents

Sie haben die Glocke im Keller der Glockengießerei wiederentdeckt: Erich Pantenburg, Hans-Jürgen Neuhaus und Hans-Rolf Schleidweiler. TV-Foto: Christina Bents

Manderscheid. Gleich drei Heiligen war die Glocke in Manderscheid geweiht, die 1746 gegossen worden ist: dem heiligen Josef, der heiligen Donate und der heiligen Agathe. Doch auch drei Heilige scheinen keine Garantie für ein ruhiges Dasein im Glockenturm zu sein. Denn die Glocke hat eine aufregende Geschichte hinter sich. Das fängt schon bei ihrer Entstehung an. Damals, das war im Jahr 1746, war Manderscheid völlig verarmt, durch Krieg und Brand. Der damalige Erzbischof Franz-Georg von Schönborn erlaubte den Manderscheidern, 500 Klafter Holz zu schlagen und aus dem Erlös den Aufbau der Stadt mitzufinanzieren. Dann haben die Manderscheider aber 100 Klafter zuviel abgeholzt, und wollten das Geld in eine neue Glocke investieren. Dem stimmte der Kirchenmann zu.
Sie wurde also gegossen und hing 200 Jahre in Manderscheid in der Kirche neben zwei anderen Glocken. Im Zweiten Weltkrieg sollte sie dann eingeschmolzen und zu Kanonenkugeln gemacht werden. Dazu kam es nicht. Sie war in den Wirren des Krieges in die sowjetische Besatzungszone gekommen und schließlich nach Hamburg. Von dort hat sie der Manderscheider Jakob Krischel mit dem Lastwagen 1949 abgeholt und "nach Hause" gebracht. Aber die kleine Glocke war beschädigt und nicht mehr brauchbar. Man gab sie 1967 für eine neue Glocke bei August Mark von der Glockengießerei Brockscheid in Zahlung. Dort wurde sie aber nicht eingeschmolzen. August Mark hängte sie in den Keller der Gießerei, weil er dort Glocken sammelte, für ein späteres Museum. Durch einen Zufall haben Hans-Jürgen Neuhaus, Erich Pantenburg und Hans-Rolf Schleidweiler die Glocke in Brockscheid gesehen. Nun wollen sie sie für das Heimatmuseum kaufen.
10 000 Euro soll die Glocke kosten, wobei der Bronzewert 5000 Euro ausmacht. Bis Mai haben sich die Herren das ehrgeizige Ziel gesetzt, die Glocke wieder in Manderscheid zu haben. Dazu Hans-Jürgen Neuhaus vom Heimatverein: "Die Glocke ist ein einmaliges Kulturgut, das 200 Jahre in Manderscheid war. Bisher haben alle, mit denen ich gesprochen habe, ihre Unterstützung zugesagt. Aber 10 000 Euro zu sammeln, da brauchen wir uns nichts vorzumachen, wird schwer." Gelingt das Vorhaben, würde die Glocke, die 500 Kilogramm schwer, 60 Zentimeter hoch ist und einen Umfang von 80 Zentimetern am unteren Rand hat, im Heimatmuseum ihren neuen Platz finden. Im Mai soll sie am Museumstag feierlich gezeigt werden. chbExtra

Seit vielen Jahrhunderten gibt es Glocken. Meist sind sie in Kirchen im Glockenturm und läuten, um die Menschen zum Beten in die Kirche zu rufen. Es gab aber früher auch Glocken an Schulen, die die Kinder in den Unterricht gerufen haben. In einigen Kirchen läuten besonders große Glocken, oder sie haben einen besonderen Klang. Eine Glocke, die in London im Uhrturm des Westminster Palasts hängt, heißt zum Beispiel Big Ben, das ist die Kurzform von großer Benjamin. Sie ist 13,5 Tonnen schwer, das ist ungefähr so schwer wie 13 Autos. Die Menschen dort sagen, der Glockenklang von Big Ben sei die Stimme von Großbritannien, weil sie von vielen Leuten gehört wird und besonders laut und schön klingt. Die größte und schwerste Glocke ist 190 Tonnen schwer, wiegt also so viel wie 190 Autos. Sie heißt Zarenglocke und ist in Moskau zu finden. Aber sie hängt nicht in einem Turm, denn kurz bevor sie in den Turm sollte, ist der abgebrannt. Heute steht sie neben dem Turm und man kann sie ansehen. Sie ist auch sehr schön verziert. chb

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