Kunst hat schweren Stand

Bernkastel-Kues · Eine städtische Galerie in Bernkastel-Kues: Das wünschen sich die bildenden Künstler aus der Region. Doch so ein Projekt kostet Geld. Die Akademie Kues kann den Bedarf an Ausstellungsraum zumindest teilweise auffangen, doch deren Zukunft ist ab 2019 auch ungewiss. Die Szene ist nicht klein und das Engagement der Künstler ist groß. Sie leben mit den Nachteilen der Provinz.

Bernkastel-Kues. "Zum Überleben braucht man die Kunst nicht. Man verkümmert aber ohne sie." Dieses Fazit zieht Stefan Bischoff nach zweistündiger Information und Diskussion. Die Mehrzahl der erfreulich vielen Besucher des dritten kommunalpolitischen Stammtisches in der Akademie Kues würde verkümmern. Und es lässt sich gleich ergänzen: Gäbe es die Akademie Kues nicht, deren Leiter Stefan Bischoff ist, würde in Bernkastel-Kues nur selten eine Ausstellung angeboten, zumindest keine mit einer Vielzahl von Exponaten.
Der Maler, Restaurator und Architekturgestalter Matthias G. Winter, studierter Sozialpädagoge, sitzt zusammen mit der Malerin und Glaskünstlerin Mana Binz (Lieser/Brüssel) und der Kulturjournalistin und Kunstkritikerin Eva-Maria Reuther (Wittlich) auf dem Podium.
Malerei als Schlusslicht


Winter ist in der Region bekannt, weil er zwischen 1992 und 2001 einen historischen Winzerhof in Maring-Noviand restauriert hat und als Künstlerhof nutzt. Er sagt: "Ich male, weil ich malen muss. Das ist meine Welt, da bin ich glücklich. Wenn ich dafür noch Geld bekomme, ist der Tag für mich gerettet."
50 seiner Impressionen und Expressionen hängen derzeit in der Akademie Kues. Sie kosten zwischen 285 und 2500 Euro. Immerhin sechs davon sind bisher verkauft. Die Akademie bekommt, so Stefan Bischoff, eine ganz kleine Gebühr um ihre Kosten zu decken. In der rheinland-pfälzischen Verfassung sei niedergeschrieben, dass den Bürgern Kunst und Kultur zugänglich gemacht werden muss, erläutert Eva-Maria Reuther.
In der Realität vor Ort zeige sich aber, dass die Bildende Kunst, also die Malerei, dabei das Schlusslicht bilde. Kunst sei für die Kommunen eine freiwillige Leistung. Reuther: "Und die Malerei ist immer das erste Bauernopfer."
Sie blickt auf die Rahmenbedingungen. "Es gibt in der Region keine Kunsthochschule, kein Museum für zeitgenössische Kunst, nur wenige Galerien und zwei Kunstvereine in Trier, die aus dem letzten Loch pfeifen."
Ist Provinz mit provinziell gleichzusetzen, fragt Mana Binz, die zwischen Lieser und Brüssel pendelt. Vom Refugium an der Mosel, das Stefan Bischoff als "einzigartiges kathedrales Gesamtensemble" bezeichnet, müsse sie einen 100-Kilometer-Radius ziehen, um genug Resonanz beziehungsweise Publikum zu finden. "In Brüssel ist das der Fall, wenn ich aus der Haustüre schaue", sagt sie.
Gefahr der Überschätzung


Tenor in der Runde. Es gebe auch Künstler, professionelle wie hobbymäßig Tätige, die sich überschätzen und auch falsche Vorstellungen von Preisen haben. "Malen ist Sehen und Lernen", sagt Ursula Seippel, die 40 Jahre lang mit dem in der Region bekannten und 1999 verstorbenen Künstler Werner Seippel verheiratet war. "Man sollte nicht nur an eine Ausstellung denken." Dann komme irgendwann auch das Glück in Form von Besuchern und Käufern. Petra Stähr-Gräbedünkel und Heidrun Bernitt haben schon mehrfach in Bernkastel-Kues Ausstellungen organisiert. Die Hilfe von außerhalb - durch Kommunen oder Sponsoren - sei eher spärlich gewesen. Tenor im Saal: Die Politik frage immer nach den Besucherzahlen und die sind bei regionalen Ausstellungen natürlich nicht immens hoch. Immerhin hat Stefan Bischoff im Frühjahr bei einer von Stähr-Gräbedünkel organisierten Gemeinschaftsausstellung von acht Künstlern "mehrere Hundert Besucher" gezählt.
Die Akademie hält das künstlerische Leben mit bis zu fünf Ausstellungen pro Jahr hoch. Ihr Bestand in der jetzigen Form ist aber nur noch bis 2019 gesichert. Eva-Maria Reuther und Heidrun Bernitt haben deshalb einen Wunsch, den die anderen Teilnehmer sofort unterschreiben würden: eine städtische Galerie.
"Es gibt städtische Räume für Ausstellungen", sagt Stadtbürgermeister Wolfgang Port. Ein festes Haus sei aber mit Kosten - auch für Personal - verbunden.Meinung

Eine Seite fehlt bei der Diskussion
Die Intention war und ist gut. In einer großen Runde über Kunst und Künstler in der Region zu diskutieren macht Sinn. Dass sich die Region nicht mit Großstädten und deren Publikum messen kann, ist klar. Doch auch an der Mittelmosel gibt es kleine, feine Szene. Mit Leuten die ihre Empfindungen und Wahrnehmungen mit Leidenschaft künstlerisch artikulieren. Eines passte aber nicht zur Diskussionsrunde: der Oberbegriff kommunalpolitischer Stammtisch. Dazu hätten Kommunalpolitiker mit an den Tisch gehört, die ihre Sichtweise hätten wiedergeben können. c.beckmann@volksfreund.de

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