Lackschmier, Schlachmundes, Strietz und Ziepes: Facebooker lieben Kraut und Rüben

Eifel-Mosel-Hunsrück-Trier · Dem mundartfreien Städter entgeht was. Dialekt tauft Dinge unverkennbar, macht Spaß, weckt Heimatgefühle. Beweis: Eine Namenslawine im Internet aus Eifel und Mosel. Der Volksfreund hatte gefragt: Wie wird dieser Klassiker unter den Brotaufstrichen in Eurer Gegend genannt? Es geht um Zuckerrübenkraut. Generation Facebook liebt es und gibt ihm Namen.

Schlambampes gibt es bei der Oma. Es ist eine Riesensauerei. Es klebt, es tropft, es schmiert. Es schmeckt. Schlambampes? Das ist doch Lackschmier! Der Fotograf aus dem Hunsrück schneidet frisches Weißbrot auf, drauf kommt Butter und dann die Lackschmier.

Besser als Kuchen

Lackschmier? Nein Drehdichrum oder Driedischrum. "Bei uns in Wittlich gibt es sogar ein Gedicht dazu: Dat Mariesche esst Butterschmier mit Driedischrum so gär. Het geft dafür, wie het so said, da beste Kuchen her.." Das schreibt Claudia Cartellieri auf der Volksfreund-Timeline .

Denn die Lokalredaktion setzte für diesen Artikel auf das Wissen Vieler und fragte die Facebooker: "Süß, kastanienbraun und klebrig: Kennt Ihr das? Na, werden Kindheitserinnerungen wach? Wie wird dieser Klassiker unter den Brotaufstrichen in Eurer Gegend genannt? Habt Ihr vielleicht ein Spezialrezept neben den Zutaten Brot und Butter?" Zur Appetitanregung stellte der Hunsrücker Fotograf sein Lackschmier-Bild dazu: Ab die Post ins Internet auf Facebook zu den Volksfreunden.

Und die lieben das, was ein dialektloser Mensch "nur" als "Grafschafter Goldsaft" oder "Fenner Harz" nach zwei handelsüblichen Produkten kennt. Und was man liebt, dem gibt man schöne Namen.
"In Niederstadtfeld hat man Schlachmundes gesagt, lecker.." schreibt Wilfried Scharnbach. "Bei uns heißt das Schmieraales in der Eifel", sagt Michaela Steinbrunn. "Hier in Luxemburg nennen wir das Melass oder einfach Jips", weiß Henriette Feltus-Scheuer. "Zaruup, Eifel" postet Gaby Takale. Der Buchstabe Z ist sowieso ein beliebter Namensbaustein: "Ziiiiiiiipes, Zietz, Zieets, Ziehamriemchen,Zirruup, Ziz" nennen viele als mundartlich korrekte Taufnamen für den schwarzen Zuckerrübernsirup.

Eigenkreationen sind auch dabei

Und mancher steuert auch Eigenkreationen bei: "Ich habe immer Surip gesagt, konnte mit dem Wort Sirup nichts anfangen", erinnert sich eine Frau. Andere erzählen aus ihrer Kindheit: "Wir sagten als Kinder immer zur Mutter: ,Moda, maach mer en Zitzschmeer.' Gemeint war das sogenannte Zuckerrübenkraut, Pfannekuchen dick damit belegt, zusammengerollt, hm ist das lecker!" erinnert sich Alois Philippi.

"Entweder et juv fir os Konner en Zockerbottich oder en mat ,Langem Heinrich', och jut beim Jeromperspankisch! Hammm", läuft Angelika Teresa Oehlke das Wasser im Munde zusammen. Das scheint übrigens auch bei Tieren zu funktionieren: "Ich brauche das zum Pferdeleckerli-Backen", sagt Angela Kloß.

Das alles ist einfach zu viel für eine Englischsprachige. Mittendrin wundert sich Betty Chris: "What language is this?" Nun "Witsch, Harzschmier, Lappschmier, Triala auch Tialala, Latterich, Baansche oder Schnurres sind einfach unübersetzbar.

Auf frischem Eifeler Landbrot

Und dazu gibt es auch Menschen, die das alles völlig verwirrt. Ria Sophia etwa muss die Welt des süßen Sirups noch entdecken: "Ich habe keine Ahnung, was das ist. Können Sie es kurz beschreiben?" Aber gerne. Das übernimmt Angelika Teresa Oehlke als Profi sofort: "Das ist süßer, megaklebriger Zuckerrübensirup und schmeckt vor allem auf frischem Eifeler Landbrot sensationell gut!" In Mundart stellt Achim Bauler klar: "Bej ies ass daat Zaaroop un schmaacht god op da Botterschmeer."

Monika Schneider aus Trier weiß: "In Ehrang Striets und in Olewig haben wir Ziepes gesagt - oder umgekehrt." Meike Vogel trägt auch zum Wortschatz im Trierer Raum bei: "Mein Elternhaus ist direkt am Moselstadion, also Trier-Nord. Mein Vater lebt da heute noch und er sagte eben auch Striiiietz."

Für Peter Kinzig ist die Sache eh geritzt: "Dat waor Strietz, das es Strietz on dat bleiwt Strietz." Das sieht Marianne Kirscht anders: "Bahnsches". Punkt. Klingt irgendwie nach Eisenbahn. "Bahnschess", bringt dann Anja Schoemer ins Spiel. Eine Erklärung hat Klaus Schneiders: "Weils aussieht wie die Schmiere, die früher auf die Weichen gekleistert wurde. Ist trotzdem lecker und ne Sünde wert." "Bei uns hieß das früher Eisebahn. Warum?", fragt Jörg Neidhöfer. "Weil es wie Bahngleise riecht", meint Monika Klinker-Scheid. "Ja, Eisebahn kenn' ich auch. Man konnte so schöne Muster aufs Brot machen. Vielleicht wie Schienen?", antwortet Gabriele Götz.
Sonja Becker bringt noch eine Variante ins Spiel: "Schlachmundes oder auch Bärendreck bei uns genannt." Bärendreck? "Witsch", ist dagegen Hermann Lewen überzeugt. "Ladderich", sagt Simone Offermanns. Zu finden sind auch "Tzitzi", "Surm". Und Christian Kohlmeyer postet: "Das gibt's in Leipzig auch und nennt sich Naschkätzchen."

Anne Hilgers Beitrag bringt zwei komplett andere Varianten ins Spiel: "Langen Heinrich. Oder wie mein Mann es nennt: Grafschafter Kotzsaft."

Ja, unter den 400 Beiträgen der Facebooker outen sich auch ganz, ganz wenige, die es mit einer Art Kindheitstrauma verbinden: "Ziepes …Ich hab' es gehasst", bekennt Doris Heinz mitten unter ganz anderen Bekundungen wie: "Wie Lecker", "ein Traum", "steht bei uns noch immer auf dem Tisch"
Begehrt ist das Produkt mit den vielen Namen allemal. Anette Thommes bekommt kulinarisches Heimweh davon: "Wir wohnen jetzt in Florida und meine Mama kommt uns besuchen am Samstag. Das muss sie jetzt unbedingt mitbringen!" Ursula Justen-Heath könnte vermutlich in den USA nicht überleben: "Schlachmundes. Es gibt nichts besseres auf der Welt. Das ist alles, was ich esse, wenn ich heim komme."

Zu Eis, Ei und Leberwurst

Und wozu wird der Sirup mit den vielen Namen daheim genutzt? Neben dem Klassiker Brotaufstrich - auch auf Erdnussbutter -werden genannt: Beilage zu Quark, Eis, Pfann- und Reibekuchen, Zutat für Saucen und Sauerbraten, Rosenkohl, Rotkraut, Spiegelei und Wildgerichten, als Glasur für gebackenes Kassler und sogar als Aufstrich über Käse!

Dazu ein denkwürdiges Rezept von Siegbert Pinger: "Zuerst Butter, dann Marmelade, dann Leberwurst und zum Schluss Rübenkraut." Je nach Geschmack wäre das noch von Andrea Weber zu toppen: "Aufs Brot, dann Banane oder Fleischwurst drauf."

Hat die Schwarmintelligenz der Facebooker etwas Wichtiges vergessen? Mailen Sie uns an:
mosel@volksfreund.de oder einfach auf Facebook .

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