Schulen Streit ums digitale Klassenzimmer

Bernkastel-Wittlich · Der Kreistag will seine 17 Schulen mit elektronischen Tafeln ausrüsten. Die Landesbehörde sieht das kritisch.

 Zwei Schüler rechnen am Donnerstag (27.11.2008) in der Grundschule an der Bäke in Berlin an einem interaktiven White Board eine Matheaufgabe aus. Die Schule hatte als erste staatliche Schule Berlins alle klassischen Kreidetafeln gegen die White Boards ausgetauscht. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert dpa/lbn +++(c) dpa - Bildfunk+++ | Verwendung weltweit

Zwei Schüler rechnen am Donnerstag (27.11.2008) in der Grundschule an der Bäke in Berlin an einem interaktiven White Board eine Matheaufgabe aus. Die Schule hatte als erste staatliche Schule Berlins alle klassischen Kreidetafeln gegen die White Boards ausgetauscht. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert dpa/lbn +++(c) dpa - Bildfunk+++ | Verwendung weltweit

Foto: picture-alliance/ dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Ein Streit um die technische Ausstattung der Schulen, der 2015 zwischen der Landesbehörde ADD und dem Landkreis Bernkastel-Wittlich entfacht ist, geht mit einem Beschluss des Kreistages in eine neue Runde. Die Kreistagsmitglieder haben auf ihrer jüngsten Sitzung beschlossen, die 17 weiterführenden Schulen im Kreisgebiet mit elektronischen Tafelsystemen auszurüsten. Keine kostengünstige Angelegenheit, denn eine berührungsempfindliche Bildschirm-Tafel kostet 4500 Euro und damit rund neunmal so viel wie eine gewöhnliche Schultafel, die mit Kreide beschriftet werden kann. Insgesamt 680 dieser elektronischen Tafeln, dazu 660 Dokumentenkameras, um Papierschriftstücke in digitale Form zu bringen, sowie 1150 mobile Computer will der Kreistag für seine Schulen anschaffen. 4,8 Millionen Euro schwer ist dieses digitale Investitionspaket, mit dem der Landkreis seine Schulen mit zukunftsfähiger Technik ausstatten möchte. Wobei für den ersten Schritt in diesem Projekt im Haushaltsjahr 2018 ein Betrag von 750 000 Euro vorgesehen ist

Bei solch hohen Summen rümpft die Landesbehörde, welche den Kommunen bei der Planung ihrer Haushalte und Investitionen auf die Finger schaut, gerne mal die Nase – wie zuletzt 2015. Damals verweigerte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion ADD dem Kreis Bernkastel-Wittlich ein ähnliches Vorhaben. Da hatte der Kreistag beschlossen, die Klassenzimmer mit sogenannten Whiteboards auszurüsten. Das sind weiße Tafeln, auf die ein Tafelbild von einem Computer mittels eines Beamers projiziert wird. Die ADD verbot dem Kreis jedoch im Hinblick auf seine bereits laufenden Kassenkredite, weitere Kredite für elektronische Tafelsysteme aufzunehmen, weil solche „Ausgaben nicht unabweisbar“ seien. Droht nun eine ähnliche Entscheidung?

„Im Vorgespräch wurde uns zu verstehen gegeben, dass die ADD das wieder kritisch betrachten und untersuchen möchte“, erklärt Manuel Follmann, Pressesprecher der Kreisverwaltung.

Bei der Digitalisierung der Klassenzimmer scheint der Kreis dem Land wohl etwas zu forsch vorzupreschen. Das Absurde daran sei, so sagen es gleich mehrere Kreistagsmitglieder, dass auf der anderen Seite der Bund die Kommunen mit einem Förderprogramm motiviere, die Internetanbindung der Schulen deutlich zu erhöhen. Der Landkreis Bernkastel-Wittlich folgt diesem Appell des Bundes, hat die Fördermittel beantragt und will die Internetanbindung der Schulen mit 1,8 Millionen Euro verbessern.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Dirk Richter sagt dazu: „Wir Freie Demokraten schütteln deshalb über den Standpunkt der ADD den Kopf: Für den Breitbandausbau gibt es Zuschüsse seitens des Bundes wie auch des Landes. Für die weiterführende Umsetzung im Klassenzimmer soll das nicht möglich sein?“

Die Kreistagsmitglieder stimmen sich daher schon mal auf eine beinharte Auseinandersetzung mit der Landesbehörde ein. Landrat Gregor Eibes sagt: „Diese Technik gehört in unsere Schulen.“ Diese Meinung teilen alle Kreistagsmitglieder – parteiübergreifend. Der Beschluss zur weiteren Digitalisierung der Schulen ist deshalb einstimmig ausgefallen. „Es ist beschämend“, sagt Jürgen Jakobs, CDU-Fraktionsvorsitzender, „dass wir mit dem Land über diese Ausgabe diskutieren müssen.“ Bettina Brück (MdL), SPD-Fraktionsvorsitzende: „Es kann nicht anders sein! Digitalisierung ist wichtig.“ So sieht das auch die Grünen-Fraktion: „Breitbandausbau und das Multimediaprojekt sind für den Landkreis von Bedeutung.“

Kreistagsmitglied Heide Weidemann von der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) sagt: „Die Bildung im Landkreis muss zeitgemäß sein.“ Der lauteste Schlachtruf ertönt allerdings aus den Reihen der FWG-Fraktion: „Was also tun, wenn uns die ADD wieder ausbremsen will“, fragt Norbert Kraff, der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler. Kraff: „Last but not least würde ich so weit gehen, in diesem Falle zum zivilen Ungehorsam aufzurufen und die Auflagen der ADD zu ignorieren.“

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