Landrätin im Visier

Jetzt gerät auch die Landrätin in die Schusslinie von Neunkirchens Ortsbürgermeister Richard Pestemer: Er erstattete nach eigener Aussage Anzeige gegen Privatleute, einen Firma und Beate Läsch-Weber. Es geht um die Einzäunung einer Pferdeweide mit Teeröl imprägnierten Eisenbahnschwellen auf einem Privatgelände, die nach Ansicht von Pestemer entfernt werden müssen.

Neunkirchen. Stein des Anstoßes ist für Richard Pestemer nach wie vor ein Reitplatz und Winterauslauf für die Pferde von Familie Beate und Uwe Just. Die zur Einzäunung der Pferdekoppel verwendeten Schwellen sind mit Teeröl imprägniert (der TV berichtete). Sie verstoßen nach Ansicht des Neunkircher Ortsgemeinderates gegen geltendes Gefahrstoffrecht. In der Einwohnerfragestunde wollte das Ehepaar Just wissen: "In welcher Eigenschaft haben sie gegen uns Anzeige erstattet?" Die Antwort von Pestemer: "Als Ortsbürgermeister und als Privatmann". Auch gegen die Landrätin und die Lieferfirma, von der die Schwellen stammen, habe er Anzeige erstattet. "Rechtsbeugung" lautet der Vorwurf Pestemers an die Adresse der Landrätin. Beim Landkreis ist von einer Anzeige bislang nichts bekannt.Doch auch der Gemeinderat befasste sich in der jüngsten Sitzung indirekt mit dem Thema Eisenbahnschwellen. Denn auf der Tagesordnung stand der Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde. 20 Ortsgemeinden haben inzwischen zugestimmt. Der Ortsgemeinderat Neunkirchen tat dies nicht.Neunkirchen lehnt Flächennutzungsplan ab

Aus Gründen des Umwelt- und Naturschutzes wurde die Fortschreibung des Flächennutzungsplanes in der vorliegenden Form abgelehnt. "Es wird mit Befremden darauf hingewiesen, dass dem Ortsgemeinderat Neunkirchen eine umwelt- und tierschutzbedenkliche Maßnahme aufgezwungen werden soll", sagt Pestemer. Die Gemeinde sei völlig übergangen worden. Giftige Schwellen als Gefahr für Mensch und Tier seien mit dem Gefahrstoffrecht nicht vereinbar. Die Pferdehalter sollen ihre Zäune mit unbedenklichem Material bauen, lautet Pestemers Forderung.Seit zwei Jahren schon schwelt der Streit. Dabei sei der Einsatz der Schwellen durch private Endverbraucher verboten.Das sieht Familie Just anders: "Wir haben nichts zu verbergen. Die Vorgänge füllen dicke Aktenordner bei den Fachbehörden der Kreisverwaltung." Die Justs berufen sich darauf, dass die Behörden gegen ihre Vorgehemnsweise keine Einwände hätten. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD) hat Proben im Labor untersuchen lassen und festgestellt, dass die Grenzwerte weit unterschritten werden.Auch auf dem Rechtsweg hatte Pestemer bislang keinen erfolg. Meinung Die Wagenburg im Hunsrück Der Ortsgemeinderat Neunkirchen und Ortsbürgermeister Richard Pestemer halten die Entscheidung des Landkreises, nur einen Teil der mit Teeröl imprägnierten Bahnschwellen entfernen zu lassen, für falsch. Dagegen ist nichts zu sagen. Auch dass die Ortsgemeinde den Klageweg beschritten hat, ist in Ordnung. Sie muss allerdings auch akzeptieren, dass das Abweisen einer Klage genauso mit Recht und Gesetz vereinbar ist, wie die Tatsache, dass übergeordnete Behörden im Rahmen ihres Ermessensspielraums entscheiden. Nicht alles, was nicht der eigenen Auffassung entspricht, ist Rechtsbeugung. Von außen betrachtet, deutet jedenfalls nichts darauf hin, dass es eine Art Verschwörung gibt, die in Neunkirchen Mensch und Natur vernichten will. In Neunkirchen wird jedoch - nicht nur in diesem Zusammenhang - eine Wagenburg-Mentalität kultiviert, in der solche Ideen prächtig gedeihen. l.ross@volksfreund.deExtra Die Stellungnahme des Landkreises: Die Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich hat in der Zeit vom Juli 2006 bis einschließlich November 2006 die Angelegenheit in Abstimmung mit der SGD Nord als Fachbehörde nach Abfall- und auch nach Wasserrecht geprüft. Zum Ehepaar Just bestand während der Prüfphase Kontakt. Die Zaunpfähle, die in Gewässernähe aufgestellt worden sind, hat das Ehepaar Just nach abschließender fachlicher Bewertung durch die SGD Nord auf Aufforderung der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich entfernt und ordnungsgemäß entsorgt. Im Ordnungsrecht gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der staatliches Einschreiten nur insoweit zulässt, als es auch geboten ist. Beiden Behörden liegt eine Analyse zum Schadstoffgehalt der eingebauten Bahnschwellen vor. Die maßgeblichen Parameter liegen unter den in der Chemikalienverbotsordnung genannten Werten. Es wurde folglich eine Abwägung vorgenommen und ordnungsgemäß Ermessen ausgeübt. Deshalb brauchen die Bahnschwellen außerhalb der Gewässernähe nicht entfernt zu werden. Gegen diese Entscheidung hatte die Ortsgemeinde Neunkirchen gegen den Landkreis Bernkastel-Wittlich geklagt. Die Klage gegen den Landkreis Bernkastel-Wittlich hatte Ortsbürgermeister Pestemer auf Anraten des Verwaltungsgerichts zurückgezogen, weil dieser kein Erfolg beigemessen worden ist. Alfons Kuhnen, Fachbereich Öffentlichkeitsarbeit/Wirtschaftsförderung

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