Lautlos der Sonne entgegen

Wegen der besonderen Thermik und der wunderbaren Landschaft ist der Bremmer Calmont ein beliebtes Revier für Gleitschirmflieger. Wir haben die Flieger begleitet.

Bremm. Die Absprungrampe ist nur wenige Meter lang, dahinter geht es steil den Berg hinab. Darunter sind nur noch Bäume, Felsen und Straße zu sehen. Der Bremmer Calmont ist ein beliebtes Revier der Gleitschirmflieger. Dutzende nutzen die Aufwinde am steilsten Weinberg Europas, um die Aussicht auf den Moselbogen, das Kloster Stuben oder das Ellerbachtal aus der Luft zu genießen.

Bis zu 15 Gleitschirmflieger gleichzeitig malen an diesem Tag mit ihren auffälligen Schirmen den Himmel bunt. Unter ihnen ist auch Frank Spurfeld aus Wiesbaden. Bei seinem Flug am Calmont erreicht er eine maximale Flughöhe von 613 Metern. "Im Frühjahr, wenn die ersten warmen Tage besonders gute Thermik, also warme Aufwinde bringen, erreicht man auch locker eine Höhe bis 3000 Meter", erzählt der Hesse. Mit rund 80 bis 100 Flugstunden im Jahr ist er ein "Wenigflieger", andere seiner Kollegen fliegen deutlich öfter.

Ausrüstung kostet bis zu 6000 Euro



Eine komplette Ausrüstung zum Gleitschirmfliegen kostet bis zu 6000 Euro - darin enthalten sind Flugschein, Schirm mit Gurtsitz, Anzug, Rettungsschirm, Helm und diverse Instrumente. Eines davon, das Variometer, gibt dem Piloten wichtige Informationen über Flughöhe, -strecke, Sperrzonen, Luftdruck und andere Daten. Auch die amtierende hessische Meisterin Nina Zinke aus Usingen im Taunus nutzt diesen Tag für drei Flüge im Moseltal. Die 27-Jährige hat schon viel Erfahrung und stuft den Calmont als eine eher "mittelmäßig anspruchsvolle" Flugzone ein. "Nichts für Anfänger, aber auch nicht sonderlich riskant", sagt sie.

Ein großes Problem am Calmont sei die Absprungzone. Das Plateau am Gipfelkreuz ist nur sehr kurz. Umgeben von vielen Bäumen hat der Gleitschirmflieger nur wenig Anlauf, bevor es in die Luft geht.

Deshalb ist ein Blick auf den Windsack wichtig. Denn nur wenn der Wind von vorne kommt, stellt sich der Schirm richtig auf und man kann einen Absprung wagen. Vor allem in den späten Nachmittagsstunden, wenn der Wind und die Thermik langsam nachlassen, müssen viele Piloten auf die richtige Brise warten. Dann kann es meist ganz schnell gehen, meint Nina Zinke.

Gleitschirmfliegen gilt generell als nicht sehr gefährlich. Anders als beim Fallschirmspringen gleitet der Schirm gemächlich durch die Lüfte, die Landung ist meist ein sanftes Aufsetzen, selten kommt es zu gefährlichen Situationen. In einer Flugschule lernt man, mit Thermik und Luftwirbeln umzugehen. Die Gleitschirmpiloten sind unter den bunten Schirmen eine eingeschworene Truppe. Jeder Pilot wird von seinen Kollegen in die Flugzone eingeführt, lokale Besonderheiten werden besprochen und vor jedem Absprung wünscht man sich "Happy Landing". Ein Flug mit einem Gleitschirm ist beinahe lautlos. Man hört nur die Piepstöne des Variometers, oder das leise Pfeifen, wenn der Wind durch die Nylonleinen streicht.

Die bunten Schirme, die sich wie Figuren am Himmel bewegen und bis auf wenige Meter an die steilen Weinberge des Calmont heranfliegen, werden in den kommenden Wochen immer seltener zu beobachten sein. Im Herbst gibt es kaum flugtaugliche Thermik. Wenn aber die ersten Frühlingsstrahlen kommen, wird man die lautlosen "Könige der Lüfte" wieder sehen können.

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