Leerstände nutzen, Schafwolle spinnen: Vier Projekte werden in Traben-Trarbach mit EU-Mitteln gefördert

Traben-Trarbach/Schweich · Die Entwicklung des ländlichen Raums ist der Europäischen Union (EU) viele Milliarden Euro wert. Nicht nur nach Südeuropa, auch in unsere Breiten fließt Geld aus dem Leader-Topf. Geeignete Projekte werden von Lokalen Aktionsgruppen (LAG) ausgesucht, unter anderem von der LAG Mosel.

Leerstände nutzen, Schafwolle spinnen: Vier Projekte werden in Traben-Trarbach mit EU-Mitteln gefördert
Foto: klaus kimmling (m_mo )

Traben-Trarbach/Schweich. Da sage noch einer, die europäische Subventionspolitik sei spröde und langweilig. Schaut man sich die Projekte der Lokalen Aktionsgruppen genauer an, die für die neue Förderperiode bis zum Jahr 2020 angemeldet sind, gibt es teilweise sehr unkonventionelle Ansätze. Da ist beispielsweise ein Verein in Mannebach (Verbandsgemeinde Saarburg), der Touren mit den Packeseln "Gandalf" und "Bilbo" anbietet. Aufgenommen in ihre Förderliste hat dieses Projekt die LAG Moselfranken. Im Hochwald bei Hermeskeil soll eine Waldlehrwerkstatt entstehen, in der Schüler Wissenswertes über Natur und Umwelt lernen können. Federführend ist hier die LAG Erbeskopf.
Von der LAG Mosel (siehe Extra) als förderwürdig eingestuft wurde die Aktion Moseltweed. Als Moseltweed sollen Wolltextilien bezeichnet werden, die von der Mosel kommen - genauer gesagt von Schafen, die dort weiden. Die Idee stammt von einer Frau aus Moselkern (Kreis Cochem-Zell). Die ganze Produktionskette der Schafswolle, von der Sammlung über die Weiterverarbeitung in Spinnereien und Webereien, soll an der Mosel erfolgen.
Hatzenport an der Untermosel (Kreis Mayen-Koblenz) geht einen neuen Weg bei der Vermeidung von leer stehenden Wohnhäusern im Ortskern, der Vorbildcharakter für die ganze Moselregion bekommen könnte: Entlang der Leerstände soll eine Art Wanderweg ausgeschildert werden, berichtet Helmut Ulmen, Geschäftsführer der LAG Mosel. Auf Schildern soll der "Wanderer" die Geschichte des jeweiligen Hauses erfahren, aber auch über Möglichkeiten informiert werden, wie das Objekt saniert werden könnte. Ulmen: "Die Leute sollen darauf gestoßen werden, was man aus den alten Häusern alles machen kann und welche Fördermöglichkeiten es gibt. Vielleicht findet sich ja dadurch ein Käufer."
Alleine vier Projekte in und um Traben-Trarbach werden gefördert. Für den originellen Mosel-Wein-Nachts-Markt, der in unterirdischen Weinkellern stattfindet, soll es künftig eine App geben. Diese zeigt den Besuchern an, welcher Raum gerade so voll ist, dass man sich tunlichst nicht hineinbegeben sollte. Stattdessen wird man zu anderen Kellern gelotst. Ein anderes Projekt der Doppelstadt, das die Mitglieder der LAG Mosel überzeugt hat, ist die geplante Sanierung des leer stehenden Hotels "Zur Goldenen Traube" im historischen Stadtkern von Trarbach.
Die Projektentwicklungsgesellschaft "Ausonius", die zum Zweck der Immobiliensanierung größtenteils von Bürgern der Stadt gegründet wurde, hat Geld gesammelt und möchte ein Zeichen gegen den Leerstand setzen. Das historische Hotel-Restaurant soll um ein Gebäudeteil erweitert werden, in dem eine Pelletheizung untergebracht wird. Die Bruchsteinfassade soll mit Ausrichtung zum Rathausplatz erhalten werden, die rückwärtigen Anbauten sollen bis zur Decke des Erdgeschosses abgerissen werden. Entstehen soll ein Hotelbetrieb mit 22 bis 24 Zimmern, die alle barrierefrei erreichbar sind. Ausschließlich Bauprojekte, die der Barrierefreiheit dienen, werden von der LAG Mosel gefördert. "Wir möchten mit diesem Projekt ein Signal setzen und sind überzeugt, dass Unternehmungen nachfolgen werden", heißt es im Förderantrag der Gesellschaft.
EU-Geld soll es auch für Wanderwege geben. Gefördert werden die Moselsteig-Seitensprünge Kinheim/Traben-Trarbach-Wolf und Moseltalschanzen (Traben-Trarbach/Graach). Die LAG hat insgesamt zehn Projekte auf der Grundlage eines vorgegebenen Bewertungsschemas in die erste Fördermarge aufgenommen. Den nächsten Aufruf zur Meldung von Vorhaben gibt es nach Auskunft der LAG-Vorsitzenden, Bürgermeisterin Christiane Horsch (VG Schweich), im Oktober diesen Jahres. "Es geht nicht darum, die hundertste Vinothek zu fördern", sagt die Vorsitzende, "wir wollen auch verrückte und innovative Ideen zum Zuge kommen lassen."
2,5 Millionen Euro kann die LAG Mosel bis zum Jahr 2020 für Förderprojekte zur "nachhaltigen Regionalentwicklung" freigeben. Zählt man öffentliche Mittel von Land und Kommunen hinzu, die als Co-Finanzierung eingebracht werden, sind es rund drei Millionen Euro. Voraussetzung ist jedoch immer, dass die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) den Förderantrag genehmigt.
Die LAG Mosel erstreckt sich entlang des Moseltals von der Verbandsgemeinde Schweich bis vor Koblenz. Sie ist bereits zum dritten Mal als Förderregion im Rahmen des Leader-Programms (siehe Hintergrund) anerkannt worden. Bewerbungsgrundlage war eine umfangreiche Entwicklungsstrategie. Die LAG Mosel hat in der neuen Förderperiode 27 Mitglieder.
Vertreten sind beispielsweise Kommunen, Weinbau- und Tourismusverbände, Jugendorganisationen und Privatpersonen. Die Förderquote liegt zwischen 30 und 90 Prozent. Das Leitbild der neuen Förderperiode heißt "WeinKulturLand Mosel - Genuss-Vielfalt-Qualität". Ein großes Förderprojekt der Periode von 2007 bis 2013 war das Informationszentrum des Besucherbergwerks Fell.Extra

Hinter der Abkürzung Leader verbirgt sich die Bezeichnung "Liaison entre actions de développement de l'économie rurale" (Verbindung von Aktionen zur Entwicklung der Ländlichen Wirtschaft). Leader ist ein EU-Förderprogramm, das die Entwicklung und Stärkung des ländlichen Raumes verfolgt. Europaweit waren in der vergangenen Förderperiode über 2300 Leader-Regionen tätig, in Deutschland waren es 244 und in Rheinland-Pfalz zwölf. Das Budget betrug zwischen 2007 und 2013 rund 14 Milliarden Euro. alfExtra

Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues (Auswahl): Fußgängerleitsystem und öffentliches W-LAN für Bernkastel-Kues, Römische Villen Piesport und Neumagen-Dhron, barrierefreier Zugang, Rundweg und Infosystem römische Funde an der Burg Landshut. VG Traben-Trarbach: Traben-Trarbacher "Unterwelt", Canopy-Trail im Kletterpark Mont Royal, Seitensprung-Wanderweg Enkirch-Starkenburg. VG Wittlich-Land: Erlebnis Wingertsgarten. LAG-übergreifend (Auswahl): Mosel-Erlebnis-Route, Wasser-Wander-Route, Straße der Römer, Dachmarke Mosel, Terroir-Moselle, Marketing Moselsteig sowie eine Imageaktion für die Ausbildung im Handwerk. LAG Mosel: Dazu gehören im Kreis Trier-Saarburg die Moselgemeinden der Verbandsgemeinde Schweich (alle außer Föhren und Naurath) sowie die Orte des unteren Ruwertals (Kasel, Mertesdorf, Morscheid, Riveris und Waldrach). Ferner moselnahe Gemeinden der Kreise Bernkastel-Wittlich, Cochem-Zell und Mayen-Koblenz. LAG Moselfranken: Dazu gehören die VGen Trier-Land, Saarburg und Konz. LAG Erbeskopf: Dazu gehören die Verbandsgemeinden Hermeskeil, Kell am See, Thalfang, die Gemeinde Morbach und die Höhengemeinden der VG Ruwer. Ferner die Stadt Idar-Oberstein, die Verbandsgemeinden Baumholder, Birkenfeld und Herrstein und der Ort Gornhausen (VG Bernkastel-Kues). alf

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