Leichtes Spiel

WITTLICH. (peg) Zehn Monate auf Bewährung für Marianne B. lautet das Urteil im Prozess gegen die ehemalige Angestellte des Wittlicher Turnvereins (WTV). Sie wurde vom Amtsgericht schuldig gesprochen wegen Untreue in 23 Fällen. Ihr Mann wurde wegen Beihilfe zur Untreue zu 90 Tagessätzen à 20 Euro verurteilt.

Es hätte ein langer Prozess werden können. Der neue Vorsitzende des WTV hatte im Vorfeld den Tatbestand der Untreue aufgedeckt und angezeigt: Einige Kubikmeter Akten hatte er dabei vereinsintern gesichtet und mit in den Gerichtssaal gebracht. Um den unangemessenen Verwaltungsaufwand zu umgehen, diese Akten in ihrer Gesamtheit überprüfen zu lassen, hatte Richter Franz-Josef Thul eine Straffung des Verfahrens vorgeschlagen - und war bei den Angeklagten und deren Anwälten auf offene Ohren gestoßen. Zur Anklage standen ursprünglich mehrere Fälle von Untreue als nur die 23, für die letztendlich das Urteil gefällt wurde. Die Taten hatten sich zwischen 1996 und 1999 ereignet. Zwar hatten die Eheleute B. auch für die früheren Jahre die Möglichkeit einer Veruntreuung von Vereinsgeldern eingeräumt, als strafrechtlich relevant blieb jedoch lediglich der Zeitraum von Januar bis August 1999 übrig. Abhebungen, Schecks, Sammelüberweisungen und Einkäufe, die eindeutig privater Natur waren: Auf rund 9000 Euro wird die Schadenssumme geschätzt. Als strafmildernd wertete das Gericht das interessante Detail, dass der Kassenwart des Vereins wohl seiner Aufgabe nur äußerst oberflächlich nachgekommen war. Marianne B. hatte offiziell die Funktion einer Geschäftsführerin beantragt. Der Wunsch war vom damaligen Vorstand abgelehnt worden; sie blieb de facto eine Angestellte des Vereins mit zu wenig Zeit für die Vielzahl von Buchungen. Peter B. war mit der Buchführung betraut. Beide Ehepartner seien offenbar mit diesen zunächst rein ehrenamtlichen, später hauptamtlichen Aufgaben überfordert gewesen, räumte Thul ein. Frau B. war von Hause aus Schneiderin und hatte sich Stück für Stück in die Aufgaben in der Geschäftsstelle eingearbeitet. Auch der Computer, der ihr "vor die Nase gestellt wurde", war Neuland, das sie aber bewältigte."Von Vereinsführung im Stich gelassen"

"Im Grunde genommen wurden die beiden Angeklagten von der Vereinsführung im Stich gelassen", so die Einschätzung des Gerichtes. Dies wollte es nicht als Rechtfertigung für die verhandelten Delikte verstanden wissen, jedoch als psychologische Komponente berücksichtigen. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser: Wäre der WTV nach dieser Devise verfahren, hätte es zu einer derartigen Anhäufung von Untreue-Fällen gar nicht erst kommen können. Zur Überforderung des Ehepaares B. am Arbeitsplatz gesellten sich persönliche finanzielle Engpässe. Da griffen sie zu, erst vereinzelt, gegen Ende des Beschäftigungsverhältnisses im Sommer 1999 allerdings im größeren Stil. Diese letzten Aktionen seien deutlich kriminell zu nennen, so der Richter in seiner Urteilsbegründung. Dem WTV sei ein erheblicher Schaden entstanden, zu dessen Rückzahlung das Ehepaar bereits durch das Arbeitsgericht verurteilt wurde. Dieses Verfahren ruht derzeit und geht nach dem Urteilspruch des Amtsgerichtes in die nächste Runde.

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