Lichtblicke ohne Schranken

LIESER. Mana Binz malt großformatig, ihre "Mobilen Fresken" - große farbenprächtige Kompositionen auf schweren Leinenstoffen und dichter Baumwolle - sind ein wesentlicher Teil ihres künstlerischen Werks. Sie erinnern an Kirchenmalerei, an klassische Tapisserien oder auch an die Teppiche in Nomadenzelten.

Wer ihr Fachwerkhaus in Lieser betritt, dem eröffnet sich ein Alltag, der mit der Kunst in Symbiose lebt. Mana Binz' Stoffgemälde voll vielfarbiger Sinnlichkeit, stetiger Bewegung und anmutiger Ästhetik füllen Wände, lassen Gedanken kreisen in Märchen- und Traumwelten, deren reicher Symbolsprache und Anziehungskraft sich kaum ein Betrachter entziehen kann. Ohne Keilrahmen sind die mit Acryl bemalten Leinwände freifallend auf der Wand aufgehängt und lassen sich problemlos überall hin transportieren. "Das ist ein überaus wichtiger Aspekt", erklärt Mana Binz. "Wir sind heute moderne Nomaden, Mobilität wird von den Menschen unserer Zeit verlangt, da muss man auch die Kunst überall hin mitnehmen können. Ein Kunstwerk müsse mehr sein als ein einziges Leben, das Schöne dürfe sich nicht so schnell verbrauchen. Die gebürtige Lieserin nimmt mit der Originalität ihrer Werke in der internationalen Kunstszene einen außergewöhnlichen Platz ein. Und einen außergewöhnlichen Ort hat sie auch für sich selbst und Kunstinteressierte im Bereich ihres Elternhauses geschaffen - mit einem eigenen Atelier in der ausgebauten ehemaligen Scheune und im angrenzenden Kellergewölbe. "Kunst" in der Gestaltung ist auch ihr mehrstöckiger Garten mit Blick über die Dächer von Lieser, der für Mana Binz Ruhepol ist. Dabei hat sie sich ihr künstlerisches Wirken mit viel Energie und gegen den Widerstand ihres Vaters "erkämpfen" müssen. Schon in früher Kindheit gehörte Malen und Gestalten zu ihrem Leben. Binz: "Mein Uronkel war Kirchenmaler. Der Sinn für Proportionen und der Symbolreichtum im Kopf - das liegt bei mir in den Genen." Eine ihrer großen Leidenschaften war und ist die Glasmalerei. "Kannst Du nicht wie jedes normale Kind Martinslaternen basteln?", war die Reaktion des Vaters auf ihr erstes großformatiges Glasbild. Andere erkannten Mana Binz' große Begabung - die wurde am Aufbaugymnasium in Wittlich besonders durch Kunstlehrerin Maria-Luise Wessel gefördert. Der Vater aber untersagte das Kunststudium, sie absolvierte ein juristisches und betriebswirtschaftliches Studium und gründete 1990 ihre eigene Beratungsfirma. Seit 1995 beschäftigt sich Binz mit der Gestaltung der "Stoffgemälde". Daneben hat sie aber immer auch Materialrecherchen gemacht und künstlerisch in verschiedenen Techniken gearbeitet: Glasfenster, Skulpturen aus Polyesterharz und Stein, Reliefs aus gefalteten Stoffen, Collagen, Tusche- und Kreidezeichnungen, Öl- und Acrylmalerei. Binz: "Ich bin jemand, der gerne experimentiert und sich keine Schranken auferlegt." Sie sei eine Fanatikerin der Striche und Linien. Die Entstehung der Stoffgemälde seien ein "schmerzhafter" Prozess, "denn die halbe Zeit meines Lebens verbringe ich liegend auf den Knien", verrät sie. Insbesondere Glas fasziniere sie. "Glas ist durch seine Transparenz wie eingefangenes Licht", sagt Binz. Einerseits kühl, andererseits erhitzt es sich in der Sonne und ist glühend heiß in der Herstellung. Glas wiegt schwer und ist zugleich zerbrechlich. Für Binz bedeutet das Material Veränderung, Vergänglichkeit, Zerstörung, Vielfalt, Leuchtkraft und Schönheit. Binz hält es für vermessen, wenn ein Künstler glaubt, durch seine Kunst die Gesellschaft verändern zu können. "Ich will mit meinem Werk das Gefühl für Veränderungsbereitschaft, Offenheit - ganz schlicht für das Menschsein lebendig halten", unterstreicht die Künstlerin. "Jeder soll in meinen Werken etwas für sich entdecken können - unabhängig von Religion und Gesellschaftsschicht." Mana Binz hat eine starke Beziehung zu Großstädten. Brüssel ist einer ihrer Lebensmittelpunkte. Für die Kunst brauche sie das Klima der Stadt. Doch auch den kleinen Ort Lieser braucht sie. Die Mosellandschaft sei die Toskana Deutschlands - hier habe sie ihre Wurzeln.

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