Liebe, Intrigen und Glaubenskämpfe

PRÜM. Werner Blindert, vor kurzem verstorbener Leiter des Geschichtsvereins, gab die Initialzündung für Noskes neues Werk, das soeben erschienen ist. Die spannende Lektüre spielt im 9. Jahrhundert zu Zeiten Kaiser Lothars und begeistert Eifelkrimifans mit Bezügen zur Region. Auch ohne historische Vorkenntnisse fesselt der Mittelalter-Roman den Leser mit Erhellendem in Sachen menschliche Abgründe.

Die Mischung bietet alles, was einen Thriller ausmacht: Glück und Unglück in der Liebe, teils exotische Schauplätze, Verrat unter Freunden und Brüdern, ausgefeilte Kampfszenen und den realen mittelalterlichen Religionskonflikt zwischen dem jungen Islam und dem schon etablierten Christentum als Hintergrund. Der Spannungsbogen bleibt erhalten, auch wenn das Buch in zwei Epochen unterteilt ist, und die Auflösung des Rätsels, was hinter all den Intrigen und finsteren Machenschaften steckt, erschließt sich tatsächlich erst am Ende. Ein edler Eifeler Ritter namens Gernot von Besslingen, der um seine Ehre und um Rache für seine verlorene Liebe kämpft, steht im Mittelpunkt der Erzählung, die bis ins maurische Cordoba, nach Rom, Fulda und wiederum nach Prüm führt. Wer wen warum verrät, wem Gernot dennoch sein Vertrauen schenkt und wie sein Leben eng mit einer Tragödie verbunden ist, die schließlich in die Kreuzzüge mündet, das wird von Edgar Noske flüssig und logisch nachvollziehbar erzählt. Auch Krimifans, die sich bislang nicht für historische Stoffe erwärmen konnten, finden in "Der sechste Tag" spannende Lektüre. Angeregt hatte das Buch Werner Blindert mit Blick auf das Lotharjahr 2005.Vor allem Frauen lesen Mittelalter-Krimis

Noske bemüht sich, den besonderen Sprachduktus vergangener Zeiten nachzuempfinden, so weit er dem Leser eingängig ist und Vergnügen bereitet. "Dabei haben mir die Lektoren sehr geholfen. Es ist für mich als Autor meiner Mittelalterkrimis schwieriger, den passenden Ton zu treffen, als es etwa in meiner heutzutage spielenden Lemberg-Reihe der Fall ist. Denn auf alle Wortspiele, Andeutungen oder witzigen Anmerkungen, die nur in die Neuzeit gehören, muss ich verzichten." Während in Noskes Lemberg-Romanen bisweilen tatsächlich existierende Menschen Inspirationen für die Charaktere liefern, ist das bei aller dichterischen Freiheit in der Gestaltung der Persönlichkeiten hier nicht der Fall. "Im Frühmittelalter hatten die Figuren teilweise ganz andere Denkweisen, Werte und Moralvorstellungen, nach denen sich entschied, warum und ob jemand ein Verbrechen beging oder nicht", erklärt Noske. Diese sozialen und ethischen Rahmenbedingungen habe er sich durch Recherchen, die bei den ersten Mittelalterkrimis rund ein halbes Jahr dauerten und nun noch zwei bis drei Monate umfassen, mit Fachliteratur und Filmen angeeignet. Doch Machtgier, Eitelkeit oder Rache für den gewaltsamen Tod der Liebsten sind wohl durch die Jahrhunderte Dauerbrenner im Reich der Motive. Vor allem Frauen fühlen sich als Krimikonsumentinnen von den mittelalterlichen Stoffen fasziniert. So gibt es immer eine starke Frauenfigur, mit der sie sich identifizieren können. Auch in "Der sechste Tag" geht es längst nicht nur um ritterliches Schlachtengetümmel, sondern auch um eine äußerst patente Köchin, die im intriganten höfischen Spiel um Kaiser, Könige, Kalifen und Papsttum eine tragende Rolle übernimmt. Die offizielle Buchvorstellung mit dem Autor, die eigentlich schon für November im Prümer Konvikt geplant war, ist auf einen bisher noch nicht bekannten Termin verschoben worden und wird als musikalisch begleiteter Mittelalter-Event über die Bühne gehen. Das 255-seitige broschierte Werk ist bereits jetzt im Emons-Verlag erschienen (ISBN 3-89705-394-3; 11 Euro).

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