Liss

Verschleiern und verhüllen kann ja eine Kunst sein. Ich denke da an Christo, der unter anderem den Berliner Reichstag so hübsch verhüllt hat.

Komischerweise bekomme ich aber auch, wenn ich so manche Ankündigung für Gemeinderatssitzungen lese, das Gefühl: Uiiih, da spielt einer den Christo. Interessante Themen werden mit dem unverständlichen oder unkonkreten Mantel des Beamtendeutschs einfach bis zur Unkenntlichkeit verhüllt. Ein paar Kostproben gefällig? "Zulässigkeitsentscheidung gem. § 17a GemO" hieß es die Woche in Heidenburg. Gemeint war die Ablehnung des Bürgerentscheids für einen Wechsel des Orts zur Verbandsgemeinde Schweich. Können die das nicht gleich sagen? In Thalfang war das brisante Thema "Doppelgräber" versteckt hinter dem allgemeinen Begriff Friedhofsangelegenheiten, bei dem es ja vom Pflanzen einer Hecke bis zu den Gebühren so ziemlich um alles gehen kann. Die Morbacher Ortsbezirke sind aber mit ihrem netten Punkt "Verwendung von Budgetierungsmitteln", der in jeder zweiten Sitzung auftaucht, auch nicht schlecht. Sie könnten doch gleich schreiben, dass irgendwo eine Bank erneuert oder eine Grünfläche beackert wird. Ich frage mich, was dieses Verschleiern soll. Zum Teil sollen ja sogar Verwaltungsleute die Benennung der Tagesordnungspunkte vorgeben. Wollen die, dass die Ratsmitglieder gerade bei brisanten Themen ungestört bleiben? Oder soll die Presse davon abgehalten werden, ihre vorwitzige Nase bei diesen Sitzungen reinzustecken? Ich dachte immer, Ankündigungen sollen klarmachen, worum es geht. Ein Verwaltungsmensch aus Wittlich, der es wissen muss, hat mir auch bestätigt, dass das für Ankündigungen von Ratssitzungen ebenfalls gilt. Vielleicht wollen die Verschleierer aber den Bürgern auch bloß Denksportaufgaben servieren. So was ist mit Sicherheit im Zuge der demografischen Entwicklung für die immer älter werdenden Herrschaften von Vorteil. Gut gegen Alzheimer und so. Ich überlege mir auch schon, ob ich demnächst nicht vielleicht zum Jubiläum der Sectio caesarea Lissii einlade. Nur Denker und Recherchierer kommen dann vielleicht drauf, dass ich per Kaiserschnitt zur Welt gekommen bin und meinen Geburtstag feiern möchte. Also psssst, nichts verraten, meinte Eure Diese und weitere TV-Kolumnen finden Sie auch im Internet auf www.volksfreund.de/kolumne

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