Lok zwei gibt den Ton an

Binsfeld · In Binsfeld steht sie noch, die Lok zwei der Kleinbahn, die zwischen Philippsheim und Binsfeld 65 Jahre lang fuhr. Ihre Hauptaufgabe war der Transport von Tonerde und Ziegelsteinerzeugnissen aus dem Raum Binsfeld nach Philippsheim. Heute ist die Trasse der Bahn ein Radweg.

Binsfeld. Imposant und kaum zu übersehen ist die Lokomotive, die in der Nähe des Kreisels Richtung Speicher steht. Die Gemeinde hat sie gekauft und vor einigen Jahren für rund 60 000 Mark restaurieren lassen. Sie ist von 1900 bis 1965 täglich mehrmals die 8,1 Kilometer lange Strecke von Binsfeld nach Philippsheim gefahren. Hauptsächlich hatte sie Güter bis 100 Tonnen geladen. Für den Personenverkehr war sie nur bis 1935/36 und kurz nach dem Zweiten Weltkrieg zugelassen. Vor allem Ton beförderte die Bahn.
Reste römischer Öfen


In der Südwesteifel, um Binsfeld, Herforst und Speicher wurde ein hellgelber, fast weißer vereinzelt auch gelbroter Ton abgebaut, der in Töpfereien verarbeitet wurde. Besonders das Krugbäckerhandwerk und die Dachziegelherstellung standen im Vordergrund. Südwestlich von Binsfeld lagerten Tone in einer Stärke von zehn Metern.
Der Ton war sehr fett, wurde oft mit anderen Tonen vermischt und bis zu zehn Meter tief abgebaut. Im 19. Jahrhundert war die Krugbäckerei, die sich um Binsfeld entwickelte ein lohnendes Geschäft, weil die Tonwaren von fahrenden Händlern im Rheinland, nach Holland, Belgien, Frankreich und sogar bis nach Spanien verkauft wurden.
Dann kam die industrielle keramische Verarbeitung auf, und es wurden große Tonmengen gebraucht. Matthias Schommer, der heute 85 Jahre alt ist und damals als Zugführer bei der Kleinbahn war, weiß: "Sehr viel Ton wurde damals nach Ehrang in das Agrob-Werk gefahren."
Schon die Römer haben nachweislich Ton in der Gegend verarbeitet. Bei Ausgrabungen bei Speicher entdeckte man unter anderem Reste römischer Töpferwerkstätten und Öfen. Heute wird Ton nur noch in geringem Umfang bei Binsfeld und Speicher abgebaut und werden für Ziegel, Keramik und feuerfeste Industriestoffe verwendet.
Im August 1965 verkehrte der letzte Güterzug auf der Strecke Binsfeld-Philippsheim, da die Ton- und Klinkerindustrie ihren Transport auf die Straße verlagert hatte.
Heute ist an der ehemaligen Trasse der Bahnstrecke ein Radweg entlang des Kaltenbachs, aber es sind keine Gleise der Bahnstrecke mehr zu sehen.
Matthias Schommer: "Die beiden Loks waren immer sehr zuverlässig, da hatten wir kaum Probleme mit. Eine steht in Binsfeld und die andere ist von einem Privatmann in Königsstein im Taunus gekauft worden."
Unter Landmarken versteht man außergewöhnliche Formationen im Gelände, die zum Beispiel Wanderern zur Orientierung dienen. In der Serie "Landmarken der Region" werden solche Objekte im Landkreis Bernkastel-Wittlich vorgestellt. Dabei kann es sich um natürliche, aber auch um vom Menschen geschaffene Wahrzeichen handeln, deren Geschichte und Eigenschaften erläutert werden.
Extra

 Ein Bild aus den 50er Jahren bei einem Halt in der Nähe von Dudeldorf. In Uniform Betriebsleiter Simon, daneben Matthias Schommer. Lok zwei steht heute in Binsfeld (unten). TV-Fotos: Christina Bents (1)/privat (1)

Ein Bild aus den 50er Jahren bei einem Halt in der Nähe von Dudeldorf. In Uniform Betriebsleiter Simon, daneben Matthias Schommer. Lok zwei steht heute in Binsfeld (unten). TV-Fotos: Christina Bents (1)/privat (1)

Während ihres 65-jährigen Bestehens besaß die Kleinbahn zwei Dampflokomotiven, die 1899 von der Maschinenbau-Gesellschaft Heilbronn hergestellt worden war. Neben Lokomotiven für die Württembergische Staatsbahn stellte die MGH vorwiegend Schmalspurbahnen (750 mm) her. Nach dem Lieferbuch der MGH handelt es sich bei den Binsfelder Lokomotiven um zwei baugleiche dreiachsige Naßdampfloks mit innen liegenden Radsätzen (Gusseisen-Scheibenräder mit Stahlbandagen) und 750 Millimeter Spurbreite. Das Leergewicht betrug 16,5 Tonnen. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei 25 Stundenkilometer und die Leistung bei 150 PS. chb

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