Mahnwache und Theater

Wittlich · Trotz Regen und Kälte haben sich knapp 100 Wittlicher auf dem Marktplatz versammelt, um den Mitbürgern, denen am 10. November 1938 in der so genannten "Reichskristallnacht" viel Unrecht und Leid seitens ihrer christlichen Nachbarn angetan wurde, zu gedenken.

 Zur Mahnwache versammeln sich Wittlicher auf dem Marktplatz. Fotos (2): privat

Zur Mahnwache versammeln sich Wittlicher auf dem Marktplatz. Fotos (2): privat

Foto: (m_wil )
 Schauspielerin Martina Roth bei der Aufführung in der Synagoge.

Schauspielerin Martina Roth bei der Aufführung in der Synagoge.

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Wittlich. Der Arbeitskreis "Jüdische Gemeinde Wittlich", das Emil-Frank-Institut und das Kulturamt der Stadt Wittlich hatten die Bevölkerung um Teilnahme an der Mahnwache auf dem Marktplatz gebeten. Eine jüdische Französin aus Brunoy, der Partnerstadt Wittlichs, reiste extra für diese Veranstaltung nach Wittlich und ergriff die Gelegenheit, das Kaddisch öffentlich zu beten. Gemeinsam gingen die Menschen nach einer Stunde des stillen Gedenkens zur Synagoge, wo Bürgermeister Rodenkirch und der Erste Beigeordnete Klein Kränze niederlegten. Rodenkirch mahnte mit wenigen Worten, aus dem Gedenken an die Vergangenheit warnende Aufmerksamkeit für Gegenwart und Zukunft zu schöpfen.
"Ich bin ein Kontinent" nennt das bbt bewegtbildtheater das Stück, das sie nach der Erzählung "Susanna" der Dichterin Gertrud Kolmar, die aufgrund ihrer jüdischen Herkunft 1943 in Auschwitz ermordet wurde, schrieben. Verwoben mit Gedichten, Kunstwerken aus Sprachbildern, die berühren und bewegen, und von Johannes Conen vertont und auf der Gitarre gespielt werden, entstand eine dramatische Darstellung, die ob ihrer Inszenierung fasziniert. Susanna, eine 20-jährige "gemütskranke" Frau, wird während des Nationalsozialismus von einer älteren Erzieherin in einer ostdeutschen Kleinstadt betreut.
Die Schauspielerin Martina Roth spielt beide Rollen: auf der Leinwand mimt sie die vernünftige Erzieherin, neben der Leinwand in realitas die vor Phantasie sprühende in ihrer Welt lebende junge Frau. Beide sind Jüdinnen, was die eine als Makel, die andere als königliches Geschenk empfindet. Der Mann, den Susanna zum Entsetzen ihrer Erzieherin liebt, verlässt sie, die Jüdin. Der Versuch, ihm zu folgen, endet für die junge Frau tödlich. red

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