Mal hinterm, mal vorm Wald

MORBACH. Hinterm Wald - vorm Wald? Die Familie von Siegfried Warth, Leiter des Deutschen Telefon-Museums, ist eine Grenzgänger-Familie. Sie fühlt sich jedoch auf beiden Seiten des Waldes heimisch.

Vor vier Jahren traf Siegfried Warth eine folgenschwere Entscheidung. Zehn Jahre hatte der waschechte Birkenfelder im Umkreis der Kreisstadt nach einem neuen Zuhause für seine Telefon- und Fernmelde-Sammlung gesucht. Doch alle Offerten der Verwaltung waren aus Kostengründen geplatzt. Als ihn dann eine aus Morbach erreichte, sagte er zu. Und sprach sich gleichzeitig für eine Existenz als "Grenzgänger" aus. Denn Birkenfeld und die Einheitsgemeinde trennt bekanntlich nicht einfach nur ein Wald. Abgesehen von der Jahrhunderte langen Zugehörigkeit zu verschiedenen Hoheitsgebieten, haben sich im Alltag die Positionsbeschreibungen "hinterm Wald" oder "vorm Wald" etabliert. Seit Eröffnung des Deutschen Telefon-Museums im März 2001 passiert Warth diese Grenze täglich. Dennoch gestaltet sich dieser "Grenzgang" für ihn und seine Familie keineswegs dramatisch. Schönes Haus in Gutenthal gefunden

"Uns und unseren Kindern gefällt Morbach viel besser", versichert Warths Ehefrau Simone. Die tägliche Fahrt über die magische Linie ist für sie Routine. Während ihr Mann in der Schulzeit morgens fährt, kommt sie mittags mit den Kindern nach. Diese können in Birkenfeld Grund-, Regionalschule und Gymnasium besuchen oder die Realschule in Baumholder. In den Ferien sind sie alle sechs den ganzen Tag in Morbach. Halten die Sprösslinge im Alter von acht bis 17 Jahren sich nicht im Schwimmbad auf, helfen sie wie ihre Mutter im Museum. Mittlerweile fühlen sich alle hier "pudelwohl". Daher hat sich die Familie nach einem Eigenheim in der Einheitsgemeinde umgesehen. In Gutenthal sind sie fündig geworden. Einziger Hinderungsgrund für einen Umzug ist der noch ausstehende Verkauf ihres Hauses im Zentrum von Birkenfeld. Die Menschen sind sich nach Ansicht des Museumsleiters hüben wie drüben sehr ähnlich. Auch wenn er sie - verständlich für einen von der anderen Waldseite - diesseits für "ein bisschen störrischer" hält. Dafür weiß Warth auf Birkenfelder Seite von "Seilschaften", um deren Existenz einer wissen muss, der etwas bewegen will. Als Treffpunkte stünden in der 7000-Einwohner-Stadt fast 50 Wirtschaften zur Verfügung, schätzt Warth. Von denen er und seine Frau aber keinen Gebrauch machen: "Wir sind Eremiten und halten uns beide im Haus auf." Weshalb sie in Morbach wie in Birkenfeld eher wenige Kontakte pflegen. "Ich komm' hier nicht in die Stadt und dort nicht", sagt Siegfried Warth. Dennoch weiß er, was es wo gibt. Zwar sei in der Kreisstadt der Lebensmittelbereich "vielleicht noch etwas besser als in Morbach", dafür mangele es dort an Fachgeschäften. Und an Betrieben: "Die Industrie hat Birkenfeld verschlafen", kritisiert er. Beim Gedanken an einen Umzug befällt Warth ab und an leichte Panik. Hat er doch im bisherigen Heim noch 300 Quadratmeter für sein Museum in Beschlag, während er sich im künftigen mit 100 Quadratmeter begnügen muss. 17 000 Bücher und die Werkstatt samt Drechsel-, Hobel- und Drehbank müssten dann ins Museum ziehen. Die Räume seien ihm dort bereits zugesagt. Dass sich seitens der Gemeinde bisher noch nichts getan hat, kann ihn nicht demotivieren. Ebenso wenig wie das Warten auf Parkplätze, einen behindertengerechten Aufzug oder "Deutsches Telefon-Museum"-Schilder an den Bundesstraßen Koblenz-Trier und Richtung Birkenfeld. Die Umbauten müssten nicht jetzt realisiert werden, nur sollte mehr Respekt gezollt werden. Die Entscheidung, sein Museum in Morbach errichtet zu haben, bereut er allerdings keineswegs. Auch wenn sie ihm "Arbeit ohne Ende" eingebracht hat. Im nächsten Teil unserer Grenzgänger-Serie portraitieren wir Roswitha Polok, die in einer Mühle bei Wirschweiler aufgewachsen ist und mittlerweile in Hinzerath lebt.

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