"Mal was anderes, als Römer auszubuddeln"

ECKFELD. Was treibt junge Leute dazu, beim schönsten Wetter in einem Tal im Wald zu sitzen und Tage lang in der Erde zu wühlen? Beobachtungen bei Grabungen am Eckfelder Maar.

"Ist das ein Rüssler?" Irgendwo im Wald, weit ab von Eckfeld hält Alice Ott ein Stück Ölschiefer in ihrem Arbeitshandschuh und weist auf einen schwarzen Fleck in dem braunen Gestein. Uwe Kaulfuß, wie die Fragende ebenfalls noch relativ jung und in Arbeitsklamotten, bestätigt: "Ja, das ist ein Rüsselkäfer", nimmt das Schieferstück und legt es in Glycerin ein. Seit zwei Wochen buddelt sich die Geografie-Studentin Alice Ott, mit sieben anderen Studierenden vorsichtig Zentimeter für Zentimeter durch das Eckfelder Trockenmaar. Jeden Tag von 8 bis 17.30 Uhr. Nichts darf übersehen werden. Mit der Lupe inspizieren die Fossilien-Sucher das Gestein. Fundstücke wie der Rüsselkäfer sind manchmal nur wenige Millimeter groß."Es ist, wie ich es mir gewünscht habe"

Und das macht Spaß? "Das ist noch viel interessanter als ich es mir vorgestellt habe. Was man alles findet: Fische, Käfer, Samen." Alice Ott, gebürtige Münsteranerin, sprudelt schier über vor Begeisterung. Sie braucht das Praktikum für ihr Studium, doch sie wollte "das hier eh immer schon mal machen". Auch Maude Erasmy, Luxemburgerin, die in Hamburg Biologie studiert, hat sich sofort gemeldet, als sie den Aushang für ein Praktikum in Eckfeld sah. "Es ist, wie ich es mit gewünscht habe, sehr lehrreich", sagt sie. Bastian Rießingers Weg nach Eckfeld war nicht ganz so direkt. "Ein Freund hat das Praktikum im Internet entdeckt. Und da dachten wir, machen wir doch mal was anderes, als immer nur Kelten und Römer auszubuddeln." Rießinger ist Student der Vor- und Frühgeschichte in Saarbrücken. Alle drei haben auch nach der Arbeit viel Spaß. Dann fahren sie ans Meerfelder Maar, treffen sich an den Manderscheider Burgen oder auf dem Manderscheider Campingplatz, auf dem einige Praktikanten übernachten. Aus Krankheitsgründen ist die Gruppe diesmal ziemlich klein. "Sonst sind hier zehn bis zwölf Leute beschäftigt, und es können auch Schüler, Zivis oder ABMler sein", erklärt Kaulfuß. Die Zahl der Bewerbungen sei größer als die Zahl der Plätze. Gegraben wird von Mai bis September. Kaulfuß, Diplom-Geologe und -Paläontologe kommt frisch von der Uni im sächsischen Freiberg und ist seit Juni beim Naturhistorischen Museum Mainz angestellt. In Eckfeld ist er Mädchen für alles: Er packt die Funde in Döschen mit Glycerin, beschriftet sie und bringt sie am Wochenende nach Mainz zur Untersuchung. Zu Anfang des Praktikums hält er für die Neuen ein Seminar über die Maare, den Vulkanismus und die "besonders gut erhaltenen" 44,3 Millionen alten Fossilien der Region. Außerdem bereitet er die Praktikanten auf den kommenden Alltag vor: "Nicht jede Woche kommt ein Urpferd." Neben der Wissenschaft kümmert Kaulfuß, der die gute Zusammenarbeit mit Eckfeldern und Manderscheidern lobt, sich darum, dass es der Mannschaft gut geht. Er kocht den Kaffee für die Pausen und sorgt fürs Geschirr. "Es ist wichtig, die Leute bei Laune zu halten, damit sie gut arbeiten, wenn sie bei Wind und Wetter draußen sind." Doch mit der jetzigen Crew hat Kaulfuß wenig Arbeit. "Bis jetzt ist die Motivation super. Die haben Spaß und arbeiten ordentlich." Bislang war aber auch das Wetter gut. Falls es aber doch mal regnet, sind die Fossilien-Sucher immerhin durch ein Zelt geschützt.Einfache Ausstattung: Container und Solarstrom

Ansonsten ist die Ausstattung im Pellenbachtal sehr einfach. In ein paar Containern sind die technischen Geräte wie Mikroskope untergebracht. Es gibt ein Zelt für die Essenspausen und Dank einer relativ krisensicheren Solaranlage des RWE sogar Strom. Er wird gebraucht für die Wasserpumpe an der Grabungsstelle, die sich auf Grundwasserniveau befindet, und für das Telefon, das hier an eine Antenne angeschlossen werden kann. Denn das Pellenbachtal liegt im absoluten Funkloch. Hier sagen sich Rüsselkäfer und Geologen eben Gute Nacht.

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