Man kann Eier auf dem Dach braten

Bernkastel-Wittlich · Was tun, wenn\'s heiß wird? Wer bei Dr. Oetker arbeitet, den lässt das kalt: Minus 27 Grad herrschen an dieser wohl kältesten Produktionsstätte im Kreis. Einen der wohl heißesten Arbeitsplätze haben Dachdecker: Der TV hat nachgefragt: Alle sind für die Rekordtemperaturen gerüstet.

Bernkastel-Wittlich. Eine Überraschung ist die aktuelle Rekordhitze nicht. Wer gestern fassungslos aufs Thermometer schaute, hat sämtliche Wetterprognosen verschlafen. Das haben die Menschen im Landkreis nicht, wie eine TV-Umfrage zur kleinen Hitzewelle ergeben hat.

Dachdecker Lothar Manz, Deuselbach: "Wir sind dann schon um 5 Uhr morgens auf dem Dach, normal kämen wir um 7.30 Uhr zur Baustelle. Gegen 13.30 Uhr ist dann Feierabend. Es ist einfach zu heiß. Auf einem Schieferdach können Sie dann Spiegeleier braten. Das ist kein Witz. Das haben wir schon gemacht. Aber hier im Hunsrück haben wir noch Glück, so direkt am Wald. Da gibt es immer mal ein kleines Lüftchen."

Julia Ebbeler, Pressesprecherin der Dr. August Oetker KG, in deren Wittlicher Werk 1200 Menschen arbeiten: "Die erhöhten Außentemperaturen haben keine direkten Auswirkungen auf den Produktionsprozess. Die Kühlkette ist gesichert - unabhängig von den Außentemperaturen. Insbesondere bei Lebensmitteln ist der schnelle, kontrollierte und richtige Transport eine wichtige Voraussetzung zur Erhaltung der Produktsicherheit. Der kälteste Ort der Produktion ist das Hochregallager mit minus 27 Grad. In bestimmten Bereichen des Lagers sind die Mitarbeiter mit speziellen Kälteschutzanzügen ausgestattet."

Manfred Zelder, Kreisbauernverband, und Milchviehhalter mit 131 Kühen aus Wittlich: "Die Leistung der Milchkühe fällt rapide ab, wenn sie sich nicht wohlfühlen. Sie brauchen jetzt permanent Wasser, so 120 Liter am Tag. Sonst wären es vielleicht 80. Manche Kollegen haben deshalb Sprenkleranlagen und Ventilatoren im Stall. Im Stall bleiben ansonsten sämtliche Türen und Fenster auf. Und man muss das Vieh am Fressen halten. Kurioserweise hat es bei Hitze einen höheren Energiebedarf. Hitze bedeutet natürlich auch Stress für die Pflanzenwelt. Es gibt zum Beispiel Sonnenbrände bei Weizen. Für den Mais ist die Hitze aber aktuell hervorragend."

Dirk Danielmeier, Mosel-Schiffstouristik mit fünf Schiffen, Bernkastel-Kues: "Für unser Geschäft ist Sonne gut. Während der Fahrt haben wir ja Fahrtwind. Ansonsten ist Mineralwasser jetzt der Renner. Eis haben wir sowieso nicht, weil wir nachts keine Kühlung haben."

Esther Markshausen, Gartenland Schmitt mit mehreren Tausend Pflanzen, Wittlich: "Wir müssen einfach wie jeden Sommer extrem viel gießen. Da fangen die Kollegen sehr früh an. Empfindliche Stauden werden schon mal mit Schirmen geschützt. Wir spritzen natürlich regelmäßig gegen Schädlinge. Das geht bei dem Wetter nicht. Es ist zu heiß und die Pflanzen werden benässt. Dafür ist selbst abends die Sonne noch zu intensiv."

Melanie Nellen, Seniorenheim St. Josef, Kröv mit mehr als 80 Bewohnern: "Alles ist ein bisschen anstrengender. Wir machen das, was man auch zuhause tut: Die Bewohner sollen viel trinken, die Rollläden bleiben unten, morgens früh machen wir die Fenster auf zum Lüften und verteilen auch mal kalte Waschlappen. nachmittags gehen die Bewohner dann Eis essen."

Edwin van Dongen, Campingplatz Traben-Trarbach mit mehr als 150 Gästen: "Das Wetter ist hervorragend. Wir haben die Schwimmbecken vorbereitet und natürlich die Gefriertruhen voll mit Eis und gekühlten Getränken. Rasen sprengen müssen wird nicht. Es hat ja so unglaublich viel geregnet."

Claudia Pütz, Polizei-Sport-Verein (PSV) Wittlich mit 2100 Mitgliedern und 400 Rehasportlern und Kursteilnehmern: "Training fällt keins aus. Es kommen aber generell weniger Teilnehmer. Sport treibt man jetzt früh am Morgen oder aber auch am späten Abend. In klimatisierten Räumen ist das sicherlich ganztägig kein Problem. Das ist aber nicht immer so optimal für die Gesundheit. Der PSV hat angenehme Temperaturen im Fitnessstudio, weil es im Untergeschoss liegt. Außerdem steht unsere neue Außenterrasse, die im Schatten liegt, allen Gruppen zur Nutzung zur Verfügung. Auf jeden Fall soll man jetzt während dem Sport und danach viel trinken und auf den Kreislauf achten."

Sabine Zimmer, Verbundkrankenhaus Bernkastel/Wittlich mit 1192 Mitarbeitern und 446 Patienten in stationärer Behandlung: "Derzeit ist aufgrund der erst begonnenen Hitzewelle noch kein starker Anstieg bei den Patientenzahlen in der Verbundklinik zu vermerken. Generell leiden unter der extremen Hitze vor allem ältere Menschen und kleine Kinder. Menschen mit Herz-, Lungen- oder Kreislauferkrankungen haben bei diesen Wetterlagen vermehrt akute Beschwerden wie Atemnot, Herzinsuffizienz oder Entgleisungen des Blutdrucks. Solche leichten Schwankungen im Patientenaufkommen, wie etwa auch der Anstieg bei Erkältungswellen oder eine höhere Anzahl von gestürzten Menschen bei beginnendem Glatteis, sind im Klinikalltag normal und müssen nicht durch besondere Maßnahmen aufgefangen werden."

Erika Hayer, DRK-Sozialwerk Bernkastel-Wittlich mit Cusanus-Hofgut, auf dem 570 Menschen in Bernkastel-Kues arbeiten: "Salatschneiden im Freiland und Tomaten im Gewächshaus ausgeizen, also überflüssige Triebe abbrechen: Solche Arbeiten erledigt unsere Gärtnerei möglichst früh am Morgen. Wenn die Temperaturen dann steigen, ziehen sich alle in die relativ kühle Arbeitshalle zurück. Die Landschaftspflegegruppe hat diese Möglichkeit nicht. Da heißt es, anstrengende Tätigkeiten zu meiden, den Schatten zu suchen und viel zu trinken. Das gilt im Übrigen auch für alle Bereiche in den Werkstätten. Wir schalten einen Gang runter und achten besonders auf die Mitarbeiter, die anfallskrank sind oder andere gesundheitliche Einschränkungen haben. Und wir füllen gerade unsere Sprudelvorräte auf, für 570 Mitarbeiter, die wir in den Werkstätten betreuen, braucht man eine ganze Menge!"

Andreas Franz, Winzer, Traben-Trarbach: "Wir sind gut am Start, weil die Böden ja auch gut mit Wasser versorgt sind. Für die aktuellen Aufbindearbeiten geht man halt früher raus und mittags dann in den Keller was arbeiten wie Etikettieren oder man macht Büroarbeit: Halt die Dinge, die man sich aufhebt wie etwa für Regentage."

Marita Linden, DRK-Tagespflege mit 16 Menschen im Fürstenhof, Wittlich: "Morgens suchen wir allen schattige Stellen, mittags wird alles verbarrikadiert. Und statt normaler Brote bieten wir den Gästen mal einen Eiskaffee an. Natürlich müssen alle viel trinken. Das kriegen wir auch allen beigebracht und wenn wir uns einfach zusammen zuprosten."

Manuel Follmann, Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich, die Schulträger der weiterführenden Schulen ist: "Für Hitzefrei sind wir nicht zuständig. Das entscheiden die jeweiligen Schulleiter und sprechen das eventuell mit der ADD ab. Weil wir in der Verwaltung selbst keinen Dresscode haben, gibt es auch keine Extra-Regel für heiße Tage. Wer will, kann auch in Flip-Flops arbeiten."

Jan Mußweiler, Stadtverwaltung Wittlich, die sich ums Freibad, Kindergärten und Grundschulen kümmert: "Grundsätzlich wird an den städtischen Grundschulen kein Hitzefrei erteilt, da man die Grundschulkinder nicht einfach nach Hause schicken kann. In den Kindertagesstätten verhält sich das genauso. Das Vitelliusbad bedient sich für solche Tage der auf Abruf bereitstehenden Rettungsschwimmer. Aktuell halten wir einen Pool von elf Rettungsschwimmern vor, die nach Bedarf zusätzlich zu dem vorhandenen Personal eingesetzt werden können. Am Parkplatz am Vitelliusbad kontrollieren die Politessen und Vollzugsbeamten verstärkt die Parksituation, insbesondere hinsichtlich der Freihaltung der Feuerwehrzufahrten und Rettungswege."Extra

Trinken und schwitzen: Hach ist das toll: so heiß! Ich fächel mir einfach ein bisschen Luft zu. Das kühlt ab. Damit unser Körper nicht zu heiß läuft, wird er übrigens automatisch gekühlt: durchs Schwitzen. Man sieht es nicht, aber ein Mensch hat zwei bis vier Millionen Schweißdrüsen! Die sitzen zum Beispiel an den Händen, Füßen, auf dem Kopf und unter den Armen. Da kommt das Wasser raus, das wir Schweiß nennen. Auf der Haut verdunstet es dann: Das kühlt ab. Das ist sehr, sehr wichtig: Menschen sollen immer die gleiche Körpertemperatur, es sind 37 Grad, haben. Wer einmal Fieber hatte, weiß, wie schlecht es einem geht, wenn da das Thermometer nur zwei, drei Grad mehr anzeigt! Und wie beim Fieber gilt: Wenn\\'s heiß ist, muss man viel trinken. Sonst würden wir ja austrocknen, bekämen einen Hitzeschlag oder würden glatt verdursten! Am besten ist Mineralwasser oder Tee, natürlich ohne Zucker. Aber das wisst ihr ja bestimmt. sos

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