Man kann nur sich ändern

Sie hat ein Anfangsdatum, den Aschermittwoch, und eine Dauer von anderthalb Monaten. Die Karnevalssaison war länger. Die Kirche trägt wieder violett und spricht von Buße. Der Mensch soll sich ändern.

Aber die meisten Menschen wollen die Welt verändern, nur nicht sich selbst. Die anderen sollen sich ändern. Die da oben, sagen die unten. Die da unten, sagen die oben. Die Männer, sagen die Frauen. Die Frauen, sagen die Männer. Wir fangen an zu drohen und Druck zu machen, und wir begreifen so schwer, dass keiner ein Recht hat, andere zur Änderung zu zwingen. Der Mensch ist überhaupt das einzige Wesen, das sich ändern kann - von innen heraus. Und wenn sich der Mensch nicht ändert, ändert sich gar nichts. "Wir brauchen nicht so fortzuleben, wie wir gestern gelebt haben", setzt Christian Morgenstern dagegen. "Macht euch nur von dieser Anschauung los, und tausend Möglichkeiten laden uns zu neuem Leben ein." Das klingt verlockend. Doch wie soll das gehen? Kennen Sie zum Beispiel das Gefühl, sich von sich selbst entfernt zu haben? Die alten Ideale scheinen vergessen zu sein, der Weg zur eigenen Sehnsucht verstellt. Unter der Alltagsroutine verschüttet, schwer zugänglich, ruhen tiefe Bedürfnisse, die man erst einmal aufspüren, sich eingestehen und dann aushalten muss, statt sich mit vorschnellem Ersatz zu vertrösten. Im Gefühl der Leere, der eigenen Kleinheit und Bedürftigkeit, das sich dann einstellen wird, kann ein neuer Gedanke, eine neue Einsicht wachsen und meinem Leben eine neue Richtung und Sinn geben. Was leer ist, kann neu gefüllt werden. So komme ich mir selbst wieder auf die Spur und gewinne zurück, was verloren war - mich selbst.

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