Meerschweinchen erhalten Gnadenbrot

Idar-Oberstein · Auffangstationen für nicht mehr erwünschte Haustiere gibt es viele. Auch spezielle Notunterkünfte für Hasen, Kaninchen, Springmäuse oder andere Nager sind nicht gerade selten. Dass aber Meerschweinchen ihr "Gnadenbrot" in einem großen Leuchtturm erhalten, ist ungewöhnlich.

Idar-Oberstein. Bei Dirk Zerwas aus Idar-Oberstein steht ein Leuchtturm im Garten. Mehr als fünf Meter hoch, rot und weiß gestrichen. Im Inneren samt bequemem Anbau tummeln sich 19 Meerschweinchen - und ein Kaninchen. Das schwarze Karnickel ist übrigens der einzige Turmbewohner mit einem Namen. Das Tier heißt - nur wenige wird\'s wirklich wundern - Blacky.
"Angefangen hat alles 2007", sagt Zerwas rückblickend. Seine Freundin Simone Heitkamp ist bei ihm eingezogen. Mit im Gepäck hatte sie fünf Meerschweinchen. Das Paar war sich einig, für die putzigen Gesellen nicht "einfach nur einen viereckigen Kasten zu bauen". In einer Gartenzeitschrift stieß der 43-Jährige auf das Leuchtturmmodell. Schnell kamen die Tierliebhaber überein: So soll unser Meerschweinchendomizil aussehen.
Gesagt, getan. Der Versicherungsfachmann begann mit der Umsetzung. Die Bodenplatte, das Fundament, war schnell gelegt, dann wurde in die Höhe gebaut. Doch schnell merkte Zerwas, dass er sich in punkto Dimension ein wenig vertan hatte. "Was soll\'s?", dachte er sich. "Wird der Turm halt etwas höher." 5,30 Meter sollten es am Ende werden, Zerwas selbst war erstaunt.
Zwei Etagen für die Nager


In zwei Etagen tummeln sich mittlerweile die Meerschweinchen. Im Laufe der Zeit kamen weitere hinzu. Mittlerweile sind es 19 - Kaninchen "Blacky" gefällt\'s offenbar. Ein Anbau wurde zwischendurch ebenfalls realisiert - wie ein Futterlager auch. Beides war notwendig geworden, weil Zerwas und seine Partnerin schon 2008 damit begannen, auch Sorgenkinder von außerhalb aufzunehmen - Tiere, die etwa wegen eines Umzugs plötzlich nicht mehr gewollt waren. Das erste Meerschweinchen kam noch aus Idar-Oberstein.
Zerwas und Heitkamp befassten sich intensiver mit dem Thema, lernten im Internet weitere Anhänger kennen. Immer öfter wurde das Paar gefragt, ob es nicht noch den einen oder anderen Zögling aufnehmen könnte. Zerwas und Heitkamp konnten. Aus Ludwigshafen, Saarbrücken oder Bad Kreuznach kommen die Wollknäuel. Eine Voraussetzung aber gibt es: Die kleinen Freunde müssen weiblich sein oder kastriert. "Wenn wir auch noch züchten würden, wären wir mit dem Platz schnell an unsere Grenzen gelangt", sagt Zerwas. Aus diesem Grund sollen auch nicht mehr als 24 Meerschweinchen aufgenommen werden. Blacky wird wohl das letzte Kaninchen im Turm sein. Ebenfalls aus Platzgründen sollen keine weiteren Karnickel mehr beherbergt werden - Blacky ist quasi ein Auslaufmodell.
Eins haben alle Tiere gemein: Sie werden nicht weitervermittelt, erhalten quasi in dem Leuchtturm ein letztes Gnadenbrot.
Tiere werden morgens gefüttert


Bei so viel Tierliebe bleibt die Arbeit nicht aus. Jeden Morgen muss die Horde gefüttert werden. Frischfutter, Salat, Obst, aber auch Fertigmischungen und vor allem Heu und Stroh stehen auf dem Speisezettel. Rund 150 Euro gibt Zerwas dafür im Monat aus. Weitere Kosten fallen für den Tierarzt oder die Instandhaltung der Behausung an. Jeden Tag wird der gröbste Dreck weggemacht; einmal die Woche ist Großreinemachen. Wenn Dirk Zerwas und seine 38-jährige Freundin, die übrigens - auch hier wird sich die Verwunderung einigermaßen in Grenzen halten - ausgebildete Tierheilpraktikerin ist, mal in Urlaub sind, springt ein Freund ein.
Wer nun glaubt, damit sei\'s genug, irrt. Zwei Hunde und ein gutes Dutzend Goldfische wollen ebenfalls versorgt sein. Weniger Mühe machen da derzeit die beiden griechischen Landschildkröten. Sie verbringen den Winter bei unter sieben Grad im Kühlschrank.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort